• 04.01.2024, 22:00:02
  • /
  • OTS0075

TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Die Geschichte vom guten Europäer" von Wolfgang Sablatnig

Ausgabe vom Freitag, 5. Jänner 2024

Innsbruck (OTS) - 

Bist du für die EU oder dagegen? Fast 30 Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 
wäre es höchste Zeit für Normalität im Umgang mit Brüssel und seinen Institutionen.


Othmar Karas ist der „überzeugte Europäer“ schlechthin. Das große Ganze im Blick, um Ausgleich bemüht, an den Grund- und Menschenrechten orientiert. Untadelig, möchte man meinen. Trotzdem ist der langjährige EU-Abgeordnete der EU auf der anderen Seite für manche das abschreckende Beispiel eines „Eurokraten“, der die Verbindung zur Heimat verloren hat und sich nur mehr an den Freunden in Brüssel orientiert.

Die EU wird oft schwarz oder weiß gesehen. Bist du für die EU oder dagegen? Das Gute reklamieren wir für uns. Was uns nicht gefällt, schieben wir „denen in Brüssel“ in die Schuhe. Für eine Debatte dazwischen bleibt kein Platz, bei europäischen Themen noch viel weniger als bei anderen Fragen.

Die Monate bis zur EU-Wahl am 9. Juni könnten die Chance bieten, dieses Muster zu durchbrechen. Fast 30 Jahre nach dem Beitritt wäre es Zeit für diese Normalität.

Österreich hat sich 1995 den Regeln der Union untergeordnet. Viele stoßen auf uneingeschränkte Zustimmung. Der Euro. Die Reisefreiheit – wenn nicht die Nationalstaaten wieder Kontrollen hochziehen.  Regeln, die den Handel erleichtern – solange dieser Handel als Export nach draußen geht und nicht als Import hereinkommt

Andere Fragen sind komplizierter. Vor einigen Jahren beschäftigte uns eine Verordnung zum Frittieren von Schnitzel und Pommes. Regulierungswut? Vielleicht. Es geht aber auch darum, krebserregende Stoffe zu vermeiden. In anderen Fragen werfen wir der EU gerne vor, zu wenig zu tun – beim Einsatz gentechnisch veränderter Lebensmittel etwa. Oder bei der Atomkraft.

Und der Transit: Gut ist die EU, wenn sie beim Brennerbasistunnel mitzahlt. Uneinsichtig ist sie, wenn sie eine höhere Maut auf der Straße oder Fahrverbote ablehnt.

Es ist Zeit, die EU als das zu betrachten, was sie ist: eine Ebene, auf der österreichische EU-Abgeordnete und die Bundesregierung mitreden und mitentscheiden – und blockieren können, wie beim Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien. 

Die Einteilung in gut und böse sollte aber ausgedient haben. Von ihr profitieren nur die Populisten.

Rückfragen & Kontakt

Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PTT

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel