„Ich gehe so weit, zu behaupten, dass es heute nützlicher ist, etwas Altes, Bewährtes nachzumachen, als etwas Neues zu erstellen, das das Risiko eingeht, das Menschen davon Schaden erleiden.“ (Rob Krier)
Als der luxemburgische Architekt und Bildhauer Rob Krier 1976 in Wien seine Zelte aufschlug, stieß er an der TU Wien auf eine Gruppe von Architekt*innen, mit denen sich ein lebendiger Diskurs zur Wiener Spielart der Postmoderne entfaltete. Mit seinen bildkräftigen Entwürfen, Studien und Publikationen prägte er eine ganze Generation von Architekturstudierenden, ohne zugleich so etwas wie eine formale „Schule“ zu hinterlassen. Er selbst betonte in einem Interview übrigens, dass er mit der „Postmoderne nichts am Hut habe“.
In seiner vielbeachteten Publikation „Stadtraum in Theorie und Praxis“ hatte er sich bereits 1975 am Beispiel der Innenstadt Stuttgarts mit der städtebaulichen Rekonstruktion zerstörter urbaner Strukturen und der Wiedereinbringung traditioneller Raumkompositionen in den Städtebau der Nachkriegszeit beschäftigt. An historische Vorbilder und archetypische Städtebaumuster anknüpfend entwickelte er in diesem als „Städtebaubibel“ der Postmoderne geltenden Buch Typologien von Straßen- und Platzräumen, die in seinen Augen die zentralen kompositorischen Elemente bilden. In der Wiener Innenstadt, wo er knapp 20 Jahre lange wohnte, fühlte er sich gerade wegen der gewachsenen Struktur viel wohler als am späteren Hauptwohnsitz in Berlin, wie er in einem Interview verriet.
Rob Krier wurde 1938 im luxemburgischen Grevenmacher geboren und studierte 1959 bis 1964 Architektur an der TU München. Auf den Studienabschluss folgte zunächst die Mitarbeit in den Büros von Oswald Mathias Ungers und Frei Otto. Nach Lehrtätigkeiten an der Universität Stuttgart und der École polytechnique fédérale de Lausanne wurde er 1976 an die TU Wien berufen, wo er bis 1998 eine Professur am Institut für Gestaltungslehre innehatte. Bis 1994 unterhielt er ein eigenes Büro in Wien. Hier entstanden auch seine Projekte für die IBA Berlin 1984/87, mit denen er international reüssierte.
Das Motto der IBA Berlin kam ihm sehr entgegen – gilt sie doch als die erste Internationale Bauausstellung, die sich auch dem bereits vorhandenen Baubestand und nicht ausschließlich dem Neubau widmete. Sie rückte sanierungsbedürftige Stadtquartiere ins Rampenlicht und machte die Reparatur der Stadt zum zentralen Anliegen. Krier plante gleich mehrere Projekte für die IBA wie etwa die Wohnanlage Ritterstraße-Nord mit 315 Wohnungen. Auch für den städteräumlichen Entwurf der sogenannten Stadtvillen an der Rauchstraße zeichnete Rob Krier verantwortlich, eine davon errichtete er in Eigenregie, da sein Credo lautete, bei großen stadtplanerischen Projekten immer auch selbst mitzubauen.
Weitere Quartiere und ganze Stadtteile entstanden vor allem in den Niederlanden: in Helmond, Amersfoort, Den Haag und Utrecht. Immer mit dem Ziel, urbane, lebenswerte Stadträume zu schaffen, die Plätze und Straßenräume ausbilden. In Wien realisierte er im 23. Bezirk die Wohnhausanlage Breitenfurter Straße (mit Hedwig Wachberger und Peter Gebhart, 1981–1987). Von den üblichen Gemeindebauten Wiens unterscheidet sich dieser vor allem durch formale Elemente wie Pilaster, Säulen, Gesimse und Rundbauten – dem Formenkanon der Postmoderne entsprechend.
1994 verlegte er seinen Wohnsitz nach Berlin, wo er bis 2010 gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Christoph Kohl ein Büro führte. Rob Krier verstarb 85-jährige am 20.11.2023. Seine vor fünfzig Jahren formulierten städtebaulichen Grundsätze, die einer autogerechten Stadt den Riegel vorschieben und Themen wie Stadtreparatur, Verdichtung und abwechslungsreiche Stadträume propagieren, bleiben.
Rückfragen & Kontakt
Architekturzentrum Wien
Presse & Öffentlichkeitsarbeit
01/522 31 15
presse@azw.at
www.azw.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | AZW