• 23.11.2023, 10:40:17
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OECD-Studie: Kinderarmut verursacht jährlich Folgekosten von 17,2 Milliarden Euro

Rauch: „Jeder Euro gegen Kinderarmut ist eine Investition in unsere Zukunft und sozialen Zusammenhalt”

Wien (OTS) - 

Soziale Benachteiligungen in der Kindheit haben Auswirkungen auf das spätere Leben. Frühkindliche Bildungschancen sind geringer, Erwerbschancen und Gesundheitszustand im Erwachsenenalter oft schlechter. Die dadurch entstehenden gesellschaftlichen Folgekosten betragen 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das zeigt eine aktuelle Studie der OECD, die heute veröffentlicht wurde. Demnach ist die soziale Lage von Kindern in Österreich im europäischen OECD-Vergleich weitestgehend stabil. Familienleistungen könnten allerdings treffsicherer gestaltet werden. „Sozialausgaben sind Investitionen, keine Kosten. Jeder Euro gegen Kinderarmut entlastet langfristig unseren Sozialstaat und stärkt den sozialen Zusammenhalt“, ist sich Sozialminister Johannes Rauch sicher. Kinder haben in Österreich im internationalen Vergleich den besten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Verbesserungsbedarf gibt es bei frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung sowie angemessenem Wohnraum. ***

Im Auftrag des Sozialministeriums hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die soziale Lage und das Wohlbefinden von Kindern in Österreich evaluiert. In ihrer Studie „Sozioökonomische Benachteiligungen in der Kindheit: wesentliche Herausforderungen im aktuellen Überblick“ untersuchte sie insbesondere frühkindliche Bildungschancen, den Zugang zu Kinderbetreuung und Gesundheitsversorgung sowie Wohnverhältnisse. Die aktuellen Daten (2021) wurden heute vorgestellt.

Demnach befindet sich die soziale Lage von Kindern bis 17 Jahren in Österreich weitestgehend im europäischen OECD-Schnitt: Zwar liegt der Anteil jener Kinder, die nach OECD-Definition von Einkommensarmut betroffen sind, mit 13 Prozent knapp über dem Durchschnitt (12,4%). Deutlich darunter (12%) liegt mit 8 Prozent der Anteil der Kinder, denen es an Notwendigem mangelt. Rund 8 Prozent aller Kinder haben Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss. Das liegt unter dem europäischen OECD-Schnitt von 11 Prozent. Mit 18 Prozent sind in Österreich vergleichsweise weniger Kinder von zumindest einem dieser drei Indikatoren für soziale Benachteiligung betroffen als in den anderen europäischen OECD-Staaten (23%).

Öffentliche Familienleistungen helfen in Österreich zwar, soziale Benachteiligungen zu reduzieren. Ihre Wirkung für Familien mit geringem Einkommen fällt nach Einschätzung der OECD allerdings geringer aus. Familienleistungen decken bei Alleinerziehenden zudem einen deutlich geringeren Teil ihrer durchschnittlichen kinderbezogenen Ausgaben ab (36%) als bei Zwei-Eltern-Haushalten (66%).

Gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsversorgung 

Zufrieden zeigen sich Eltern in Österreich mit der Gesundheitsversorgung ihrer Kinder: 99 Prozent aller Eltern empfinden den Bedarf ihrer Kinder mit Kernleistungen wie Arztbesuche, Untersuchungen und Versorgung im Krankenhaus gedeckt - unabhängig von sozialen Benachteiligungen. Lediglich 0,2 Prozent aller Eltern empfinden den Gesundheitszustand ihrer Kinder als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Im europäischen OECD-Vergleich weist Österreich hierbei die besten Werte auf.

Verbesserungsbedarf bei Kinderbetreuung und Wohnraum 

Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung sind ein wichtiger Hebel für die Entwicklung von Kindern und ihrer Gesundheit. Die dadurch verbesserte Erwerbstätigkeit der Eltern verringert auch das Armutsrisiko ihrer Kinder deutlich. Nachholbedarf sieht die OECD-Studie in Österreich bei den Ausgaben für qualitative Angebote: Lediglich 0,5 Prozent des BIP flossen 2021 in die frühkindliche Bildung und Kinderbetreuung – deutlich weniger als in führenden OECD-Staaten in Europa wie Dänemark (1,3%), Frankreich (1,3%) und Schweden (1,6%). Zudem gibt es große regionale Unterschiede bei den bestehenden Angeboten und ihrer Inanspruchnahme.

Leicht unter dem europäischen OECD-Schnitt (5,4%) liegt Österreich beim Mangel an angemessenem Wohnraum: Fünf Prozent aller Kinder lebten 2021 in beengten Wohnverhältnissen und in feuchten bzw. schlecht ausgestatteten Wohnräumen. Im Gegensatz zu anderen OECD-Staaten hängt dieser Mangel aber nicht wesentlich vom Einkommen der Eltern ab. Die OECD-Studie führt dies auf das Angebot des gemeinnützigen und sozialen Wohnbaus in Österreich zurück.

Kinderarmut: vermeidbare Folgekosten

Soziale Benachteiligungen in der Kindheit wirken sich unmittelbar auf die Erwerbssituation und den Gesundheitszustand im Erwachsenenalter aus. Mögliche Folgen können neben einem niedrigen Einkommen auch eine höhere Arbeitslosigkeit und ein schlechterer Gesundheitszustand sein. Die dadurch verursachten gesellschaftlichen Folgekosten berechnet die OECD-Studie auf 17,2 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht 3,6 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Verluste, die Betroffene im Erwachsenenalter durch niedrigere Einkommen und geringere Beschäftigungsquoten erleiden, berechnet die OECD mit 7,7 Milliarden Euro bzw. 1,6 Prozent des BIP. Zusätzlich entstehen ihnen Einkommensverluste durch eine geringere Anzahl an gesunden Lebensjahren von 9,6 Milliarden Euro bzw. 2 Prozent des BIP. Dem Staatshaushalt entgehen insgesamt 5,6 Milliarden Euro durch entgangene Einkommensteuern und Sozialabgaben, das entspricht 4,4 Prozent aller Einnahmen in diesem Bereich. Der erhöhte Bedarf von Sozialleistungen verursacht hingegen staatliche Mehrkosten von 700 Millionen Euro.

„Armut verringern und allen Kindern die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, dafür kämpfe ich seit meinem Amtsantritt. Mit der jährlichen Valorisierung aller Familien- und Sozialleistungen haben wir bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Zusätzlich erhalten armutsgefährdete Familien 60 Euro pro Kind und Monat. Für Betroffene eine spürbare Entlastung, die sich positiv auf die soziale Lage auswirken wird“, ist sich Sozialminister Johannes Rauch sicher. „Soziale Benachteiligungen in der Kindheit begleiten ein Leben lang. Die Folgekosten sind enorm. Die Daten der OECD sind ein Arbeitsauftrag an die Politik, auch strukturelle Verbesserungen anzugehen. Treffsichere Familienleistungen, bessere Erwerbschancen für Eltern, ein Ausbau der Kinderbetreuung und des gemeinnützigen Wohnbaus: All das unterstützt den Kampf gegen Kinderarmut. Wir stärken damit aber auch das Vertrauen in unsere Gesellschaft und Demokratie!“

Yoshiki Takeuchi, stellvertretender Generalsekretär der OECD: „Um die Lebensperspektiven der Kinder zu verbessern und die Gesellschaft und die Wirtschaft zu stärken, ist es von entscheidender Bedeutung, die Erwerbstätigkeit der Eltern zu fördern, eine gerechtere Aufteilung der Betreuungsaufgaben zwischen den Eltern zu unterstützen und die Kinderarmut zu verringern.“

Nähere Informationen zur OECD-Studie finden sich unter sozialministerium.at.

Rückfragen & Kontakt

Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK)
pressesprecher@sozialministerium.at
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