• 13.11.2023, 10:28:13
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Budgetentwurf 2024: Beschämende Kürzung bei Ukraine-Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit

Graphik 1: EU-Vergleich Ukraine-Hilfe
Wien (OTS) - 

Prominente Politiker:innen – u.a. Franz Fischler, Irmgard Griss, Michael Häupl, Ulrike Lunacek – , Wissenschaftler:innen, Kunstschaffenden und Vertreter:innen von Medien und NGOs appellierten Mitte September an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Nationalrats, im Budget 2024 mehr Mittel für die Solidarität mit der Ukraine und mit anderen extrem von Kriegen, Katastrophen, Klimakrise und Armut betroffenen Ländern zur Verfügung zu stellen. Siehe dazu auch die zwei Wochen später erfolgte Presseaussendung: Prominenten-Appell an die Bundesregierung | Prominenten-Appell an die Bundesregierung zur Unterstützung der Ukraine, 03.10.2023 (ots.at).

Der Budgetentwurf 2024 der Bundesregierung führt eindeutig in die Gegenrichtung, wie die kurz vor dem vergangenen Wochenende mit drei Wochen Verspätung vorgelegte Budgetbeilage „Entwicklungszusammenarbeit“ (EZA) bestätigt. Für Österreichs direkte Ukraine-Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist 2024 noch weniger vorgesehen als mit der ohnehin sehr bescheidenen Hilfe im Jahr 2023. Österreich entfernt sich also noch weiter von dem UN- und EU- Ziel einer EZA-Quote von 0,7% des Bruttonationaleinkommens, anstatt sich, wie im Regierungsprogramm vereinbart, diesem Ziel anzunähern. Die Bundesregierung, insbesondere das Außen- und das Finanzministerium, ignorieren also die Forderung des Prominenten-Appells: „Verabschiedung eines mehrjährigen EZA-Finanzierungsgesetzes noch in diesem Jahr. Dieses muss auch einen verbindlichen Stufenplan zur Erreichung des 0,7%-Zieles beinhalten.“ und darüber hinaus kürzen sie sogar die entsprechenden Budgetansätze. Vor allem aber ignorieren sie die konkrete Not von Menschen – wohlgefeilte Betroffenheitsbekundungen und Solidaritätsrhetorik reichen eben einfach nicht aus. 

Ukraine-Hilfe Österreichs weit unter dem EU-27 Durchschnitt  

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat katastrophale Ausmaße angenommen: Hunderttausende getötete Menschen, noch mehr verwundete Personen, rund 10 Millionen Vertriebene, davon 6 Millionen in anderen europäischen Ländern, eine durch barbarische Attacken weitgehend zerstörte Infrastruktur im Ausmaß von mehr als 150 Mrd. Euro. 

Angesichts des Leids in der Ukraine muss das bisherige Ausmaß der direkten Ukraine Hilfe Österreichs als beschämend bezeichnet werden, insbesondere im Vergleich mit jener anderer EU-Länder: Im Durchschnitt leisteten die EU-27 Länder bisher 0,30% ihres jährlichen BIP an direkter bilateraler Unterstützung an die Ukraine, in Österreich waren es 0,17%. Diese unterdurchschnittliche Hilfe Österreichs besteht zudem vor allem aus Kreditgarantien und nur im sehr geringen Ausmaß von 0,03% des BIP aus konkreten humanitären und finanziellen Zuschüssen (siehe Graphik 1). Daher fordert der Prominenten-Appell: „Österreich muss für die Ukraine eine deutlich höhere humanitäre und finanzielle Hilfe als vergleichbare Länder leisten, da es aufgrund seiner militärischen Neutralität keine bilaterale militärische Unterstützung bietet. Daher heuer und in den Folgejahren deutliche Steigerung der humanitären Unterstützung gegenüber dem Vorjahr.“ Unterhalb des EU-27 Durchschnitts liegt Österreich überdies auch bei den Ausgaben für aufgenommene Kriegsvertriebene aus der Ukraine, die in der direkten Ukraine-Hilfe weder bei Österreich noch bei den anderen EU-27 Ländern enthalten sind. 

Dabei ist Österreichs direkte Ukraine-Hilfe sogar rückläufig: 2022 waren es Zuschüsse von rund 110 Mio. EUR und 2023 werden es vermutlich etwa 40 Mio. EUR sein. Im Jahr 2024 wird es kaum eine nennenswerte Wiederanhebung geben, da die dafür vorgesehenen Budgettöpfe (v.a. der Auslandskatastrophenfonds) in realen Werten noch geringer als 2023 dotiert sind.  

Die geringe direkte Ukraine-Hilfe Österreichs ist auch aus sicherheitspolitischer Perspektive sehr kurzsichtig. Während die österreichischen Militärausgaben (ohne Pensionsaufwand) heuer um 600 Mio. EUR ansteigen, sollen sie nächstes Jahr um weitere 700 Mio. EUR auf 4 Mrd. EUR steigen. Nur ein Zehntel des Anstiegs der Militärausgaben von 2023 bis 2024 ist also etwa gleich hoch wie der gesamte Auslandskatastrophenfonds und würde in etwa eine Verdoppelung der für heuer erwarteten gesamten direkten Ukraine-Hilfe erlauben. Es ist zu bezweifeln, dass ein derartiges Missverhältnis in der Höhe zwischen den zusätzlichen Ausgaben für das Bundesheer und den direkten humanitär-finanziellen Hilfen für die Ukraine aus österreichischer Sicht eine adäquate sicherheitspolitische Antwort auf die russische Aggressionspolitik darstellt. Das Motto: „Wir erhöhen unsere Militärausgaben und um die Unterstützung und Sicherheit der Ukraine sollen sich primär andere kümmern“ bedeutet Trittbrettfahren par excellence. 

Österreich als Land mit hohem Pro-Kopf-Einkommen sollte seine direkte Ukraine-Hilfe von 0,17% des BIP zumindest auf den durchschnittlichen EU-27 Wert der Ukraine-Unterstützung von 0,30% des BIP anheben. Das wären rund 650 Mio. EUR, die Österreich als militärisch neutrales Land für humanitäre Projekte und als finanzielle Unterstützung leisten sollte.  

Dieser Betrag würde nur einen geringen Anteil der Mittel ausmachen, die Österreich für Erdgasimporte aus Russland alleine zur Auffüllung der strategischen Gasreserve seit 2022 ausgegeben hat und die zumindest indirekt die russische Kriegskasse gefüllt haben. Das absolute Minimum für 2024 wäre die Anhebung der direkten Ukraine-Hilfe auf das Niveau des Jahres 2022. 

Anstatt die vergleichsweise sehr geringen EZA-Mittel schrittweise anzuheben, wie im Regierungsprogramm angekündigt, werden sie 2024 weiter gesenkt 

In Österreich lag der Anteil der EZA am Bruttonationaleinkommen auch im Jahr 2022 weit hinter den Beiträgen europäischer Länder mit vergleichbarem Pro-Kopf-Einkommen (siehe Graphik 2). Dabei lag die österreichische EZA-Quote 2022 im Gegensatz zu den Vorjahren nur deshalb deutlich über 0,30%, weil auch die Ausgaben zur Grundversorgung von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine im ersten Jahr des Aufenthalts als EZA anrechenbar waren. 

In den Jahren 2023 und 2024 wird sich die Situation sogar markant verschlechtern. Die EZA-Quote sinkt von 0,39% im Jahr 2022 auf nur 0,26% im Jahr 2024. Das hat nur zum Teil mit dem Rückgang der anrechenbaren Ausgaben zur Grundversorgung zu tun. Im Jahr 2024 ist dafür die Kürzung der gesamten sonstigen EZA-Mittel verantwortlich (siehe Graphik 3).

Mit Ausnahme des Klimaministeriums planen die anderen für die EZA bedeutsamen Ressorts, 2024 ihre EZA-relevanten Beträge real (inflationsbereinigt) oder sogar nominell zu kürzen. Dies betrifft insbesondere das Außenministerium (Auslandskatastrophenfonds, bilaterale Projekte der Austrian Development Agency, Beiträge an UN-Organisationen), das Landwirtschaftsministerium (Internationale Nahrungsmittelhilfe) und das Finanzministerium (Beiträge an globale und regionale Entwicklungsbanken) (siehe Tabelle 1). 

Österreich als eines der reichsten Länder ist also immer weniger bereit eine verantwortungsvolle Rolle bei der Linderung von Not und der Schaffung einer gerechteren Welt zu übernehmen. Im Budget 2024 sollte zumindest der Rückgang gegenüber dem 2022 erreichten Niveau verhindert werden, indem verstärkt in die viel zitierte „Hilfe vor Ort“ investiert wird.

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