• 28.09.2023, 22:00:32
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 29. September 2023. Von Michael Sprenger: "Das Weltbild des McKanzler’s".

Wien (OTS) - 

Karl Nehammer versucht mit der Frohbotschaft „Glaub an Österreich“ zu punkten. Doch unter seinesgleichen vergreift er sich im Ton. Wer abschätzig über Frauen und arme Kinder herzieht, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Und er hat es wieder gemacht. Wie einst vor Parteifunktionären. Zur Erinnerung. Für den Fall, dass man gegen Teuerung und Inflation nicht ausreichend gegensteure, gab er am Tiroler ÖVP-Parteitag den Seinen einen Ratschlag: „Wenn wir jetzt so weitermachen, gibt es für euch nur zwei Entscheidungen: Alkohol oder Psychopharmaka.“ Der damalige ÖVP-Spitzenkandidat und spätere Landeshauptmann Anton Mattle zeigte Verständnis für die Empörung über diese Aussage. Nehammer wollte sich dafür nicht entschuldigen. Er hat doch nur ein Scherz gemacht. Und er fügte hinzu:  „Ich nehme mir mit, dass ich meine Ironie im Zaum halten muss.“ 
Doch war es Ironie oder passt es vielmehr zum Weltbild des Kanzlers? Ein zynisches  Weltbild, möchte man anmerken.
Nehammer mimt sonst so gerne den Nachdenkenden, nannte sich selbst einen „lernenden Bundeskanzler“. Er will gerne mit Weitblick agieren, wenn er versucht, Zusammenhänge zu erläutern, stellt sich auf eine Stufe mit Leopold Figl und will Frohbotschaften verkünden. 
Doch wenn er glaubt, sich unter seinesgleichen zu befinden, dann erleben wir einen anderen Nehammer. Da redet er sich in Rage. Macht gerne den McKanzler, der nicht auf eine nachhaltige Wirkung des Gesagten abzielt, sondern mit schnellen Sagern um Zustimmung heischt. Er kommt sich dabei gut vor, ortet Zustimmung. 
Offenbart er dabei den wahren Nehammer, ist der nachdenkende Kanzler nur die eingespielte Rolle? Das jüngste Video, welches Nehammer mit Sympathisanten in einer Vinothek zeigt, lässt den Schluss zu, dass er unter seinesgleichen seinen Gedanken freien Lauf lässt. Mit einer für einen Bundeskanzler verletzenden und abschätzigen Art zog er über Frauen her, die in Teilzeit arbeiten, machte er sich über die Diskussion über Kinderarmut hierzulande lustig. Gewürzt wurde dies mit den Tipps eines Abgehobenen. „Wissts, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s.“
Gut, jetzt kann sich Nehammer darüber empören, dass ein Parteifreund die Aussagen mit seinem Handy aufgenommen hat und diese Wochen später den Weg ins Netz gefunden haben. So agierte einst Sebastian Kurz, als Nachrichten aus beschlagnahmten Handys bekannt wurden. Man könnte auch darüber nachdenken, was die Aufgabe eines Regierungschefs ist. Menschen zu diffamieren, gehört nicht dazu. Außer Nehammer meint dies so, dann sollte er seine anderen Rollen nicht mehr spielen.


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