- 25.09.2023, 22:11:24
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 26. September 2023. Von Alois Vahrner: "Lohn-Paukenschlag fiel leiser aus".
Es sind höchst außergewöhnliche Zeiten, wenn eine massive Lohnforderung von plus 11,6 Prozent bei den Metallern als überraschend „moderat“ wahrgenommen wird. Und trotzdem wird diese Lohnrunde mehr als nur schwierig.
Wohl die meisten der Arbeitgeber-Verhandler waren, auch wenn sie das kaum öffentlich zugeben würden, gestern beim Auftakt der Metaller-Runde leicht positiv erstaunt ob des Forderungspakets der Gewerkschaften. Da gab es keinen Ruf nach einer Arbeitszeitverkürzung (schon gar nicht Richtung 32 Stunden) in Zeiten eines immer größer werdenden Arbeitskräftemangels. Und selbst die Forderung nach einer Erhöhung der Löhne und Gehälter erschien noch irgendwie zurückhaltend. Da hatten manche wohl sogar mit 14 oder 15 Prozent statt der tatsächlich geforderten 11,6 Prozent gerechnet. Der Chefverhandler der Gewerkschaft PRO-GE, Reinhold Binder, meinte beim Shakehands mit seinem Gegenüber auf Seite der Arbeitgeber, FMTI-Obmann Knill: „Auf faire Verhandlungen in schwierigen Zeiten, aber wir wissen beide, welche Verantwortung wir tragen.“
Die Gewerkschaft mag gestern mit ihren staatstragenden Tönen so manche Arbeitgeber überrascht haben, leichter wird diese Lohnrunde aber trotzdem nicht. Die Inflations-Latte der letzten zwölf Monate liegt bei 9,6 Prozent, einem Abschluss darunter werden die Gewerkschafter wohl niemals zustimmen. Das Ziel wird sogar eher Richtung 10 Prozent oder nicht zuletzt auch aus optischen Gründen minimal darüber sein.
Aus Sicht der Beschäftigten ist der Wunsch nach hohen Abschlüssen verständlich, weil diese ja mit den Folgen der massiven Teuerung zu kämpfen haben. Das haben aber auch die Unternehmer. Und gleichzeitig hat sich die Konjunkturlage kräftig verdunkelt, Österreich steuert geradewegs auf eine Rezession zu.
Mit den Beschäftigten und den Unternehmern sind zwei Seiten im Verhandlungsring, die ähnlich wie schon bei den Corona-Lockdowns jetzt beide auch nicht Auslöser für den Kostenschub waren. Im ersten Pandemie-Jahr 2020 hatten Arbeitgeber und Gewerkschaft eine Blitz-Lohneinigung im Ausmaß der Inflation (damals nur 1,45 Prozent) präsentiert. Weil Corona ein globales Problem war, konnte die Wirtschaft das auch dank massiver Staatseingriffe gut wegstecken.
Jetzt ist die Lage weit gefährlicher. Österreich liegt bei der Teuerung teils deutlich über vielen Konkurrenz-Ländern. Wie im Vorjahr verlieren die Betriebe und der Standort Österreich an Boden, wenn die Personal- und andere Kosten schneller anziehen als anderswo. Schön, wenn die von manchen totgesagte Sozialpartnerschaft statt einer Eskalation heuer verstärkt an einem Strang ziehen würde. Aber noch mehr ist die Politik gefordert, noch viel energischer die Teuerung einzudämmen. Die Zahlen belegen es: Da war sie nämlich bisher ziemlich erfolglos.
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