Alarmierende Zahlen zeigt eine soeben veröffentlichte Studie unter österreichischen Kinderärzt:innen in der Fachzeitschrift "Healthcare" auf.
So gaben 89% der befragten Pädiater:innen an, zumindest einmal im Berufsleben mit einem traumatisierenden Erlebnis konfrontiert gewesen zu sein, zwei von drei Ärzt:innen sogar mehrfach. Mehr als 70% kannten den Fachbegriff Second Victim nicht. Aggressive Patient:innen oder Angehörige sowie ein unerwarteter Todesfall waren die am häufigsten genannten belastenden Ereignisse. Am meisten wünschen sich Betroffene - neben einer Rechtsberatung - niederschwellig mit einem Kollegen oder einer Kollegin sprechen zu können.
Im niedergelassenen Bereich zu arbeiten stellt derzeit ein erhöhtes Risiko dar, vom Second Victim Phänomen betroffen zu sein.
Für die Studie haben 2.100 Kinderärzt:innen den Fragebogen erhalten, die Rücklaufquote lag bei 20%.
Sie wurde vom Verein Second Victim in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), dem Wiesbaden Institute für Healthcare Economics and Patient Safety (WiHelP) und dem Notfallmedizinischen Trainingszentrum in Singen e.V. (NOTIS) durchgeführt.
Das Second Victim Phänomen ist in Österreich noch kaum erforscht. Dies ist die erste quantitative Erhebungsstudie in Österreich, die nun in der Fachzeitschrift "Healthcare" publiziert wurde.
Unterstützungsprogramme dringend notwendig
Aus den Zahlen lässt sich schlussfolgern, dass sowohl im niedergelassenen als auch innerklinischen Bereich Unterstützungsprogramme wie ein Peer Support nicht nur dringend gebraucht, sondern vom Gesundheitspersonal auch gefordert werden.
Das Second Victim Phänomen ist ein strukturelles, häufig auftretendes Problem, das niederschwellige und schnelle Unterstützung benötigt. Gerade Peer Support-Programme sind hier eine effektive Möglichkeit, die gut in Einrichtungen implementiert werden könnte - so können mitunter Krankenstände und Personalfluktuationen reduziert werden.
Der Begriff Second Victim beschreibt eine an der Patient:innenversorgung beteiligte Person, die durch eine außergewöhnliche Situation in der Patient:innenversorgung, bei der es zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall kommt, selbst traumatisiert wird. Wenn das Erlebte nicht aufgearbeitet wird, so kann die betroffene Person psychische und physische Krankheitssymptome entwickeln, die zu Arbeitseinschränkungen, Krankenständen, folglich zum Berufsausstieg führen können.
17.09.2023: Am Tag der Patient:innensicherheit geht es um Mitarbeiter:innenfürsorge
Der 2021 gegründete Verein Second Victim möchte mit Aufklärungsarbeit und Forschung aufzeigen und unterstützen, aber auch konkrete Lösungsansätze anbieten. Neben Akuthilfe für betroffenes medizinisches Personal in Form von völlig anonymem spendenfinanzierten Beratungs- und Therapieangebot sowie einem Krisentelefon, bietet der Verein ein breit gefächertes Fort- und Weiterbildungsprogramm an und arbeitet mit internationalen und österreichischen Organisationen in Forschung und Wissenschaft zusammen. 2024 stellt der Verein für Gesundheitseinrichtungen ein Peer- Ausbildungsprogramm für dortige Mitarbeiter:innen zur Verfügung. "Wir brauchen psychosoziale Unterstützungsstrukturen für medizinisches Personal, denn es geht uns alle an. Sind wir krank, können wir kranke Menschen nicht adäquat versorgen.”
, so Dr. Eva Potura, Vereinsgründerin und Vorsitzende des Vereins.
"Als Verein, der sich mit seinem Angebot nicht nur für das einzelne Second Victim einsetzt, sondern auch strukturell etwas verändern will, ist es -gestützt durch die Studienergebnisse- unsere politische Forderung, Traumatisierung durch ein belastendes Ereignis am Arbeitsplatz als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit zu werten, so wie das schon in Deutschland der Fall ist.“
Weitere Studien geplant
Die nächste Berufsgruppe, die der Verein zum Thema Second Victim Phänomen (SVP) mit seinen Kooperationspartner:innen, u.a. gemeinsam mit dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) befragt, sind die österreichischen Pflegekräfte. Die Umfrage startet am 15.9.2023.
Rückfragen & Kontakt
Verein Second Victim
Geweygasse 4A/1/7, 1190 Wien
Stephanie Niederhuber
Assistentin des Vorstands
Tel.: +43 664/416 77 16
E-Mail: office@secondvictim.at
ZVR-Zahl: 1364245866
Verein Second Victim: www.secondvictim.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF