- 04.07.2023, 22:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" vom 5. Juli 2023 von Peter Nindler "Energiepolitik spielt Pingpong"
Wasserkraft, Photovoltaik, Windräder und Strompreis treiben die schwarz-rote Landesregierung vor sich her. Eine ab-gestimmte Energiepolitik sieht anders aus und bei der Tiwag erfolgt die Preisgestaltung offenbar auf politischen Zuruf.
Wer hat in der Tiroler Energiepolitik noch den Durchblick? Bei der schwarz-roten Landesregierung sind derzeit Zweifel angebracht. So wird noch rasch vor der Sommerpause eine neue Windkraftstudie präsentiert, die allerdings mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt. Wenn Landeshauptmann Anton Mattle (VP) das mögliche Windkraftpotenzial von 4,9 Prozent am aktuellen Tiroler Energiebedarf schon ein Herzensanliegen ist, dann müsste er es entsprechend forcieren. Dazu würde es jedoch einen Herzschrittmacher für den Landesenergieversorger Tiwag bzw. seine für die Energiewende eigens gegründete Tochtergesellschaft Tinext benötigen. Fehlanzeige!
Schwarz-Rot wartet hingegen vorerst einmal ab, wer überhaupt eine Windkraftanlage errichten möchte. Statt nach vorherigen Windmessungen mit Gemeinden und Grundbesitzern Standorte vorzuschlagen, sollen mit Prämien potenzielle Betreiber gefunden werden. Auch ein politischer Weg, aber ein äußerst defensiver. Außer die Tiroler Politik hat ohnehin kein Interesse an Windparks. Dann sollte sie es immerhin klar sagen.
Obwohl augenblicklich die Nachfrage ungebrochen hoch ist, hinken wir bei Photovoltaikanlagen ebenfalls hintennach. Die Versäumnisse aus der Vergangenheit holen die Politik ein, weil die ÖVP-dominierte Landesregierung im Zusammenwirken mit der Tiwag über Jahre hinweg den Sonnenstrom grob vernachlässigt und dafür die Wasserkraft massiv forciert hat. Apropos Kraftwerke.
Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal zu einem Pumpspeicherkraftwerk wird zur Gratwanderung, ökologisch umstritten, erwächst der ÖVP auch massiver Widerstand aus den eigenen Reihen. Die benötigten Wasserableitungen aus dem Ötztal lehnen selbst hochrangige Schwarze wie Landtagsklubchef Jakob Wolf kategorisch ab. Als Bürgermeister der Ötztaler Gemeinde Umhausen spürt er tagtäglich den rauen Gegenwind. Wurde jemals an Alternativen gedacht? Eigentlich plant die Tiwag wie seinerzeit in den 2000er-Jahren.
Und die Tiwag selbst? Was steckt hinter dem Kommunikations- und Strategiedesaster rund um Strompreiserhöhungen bzw. -senkungen? Irgendwie schräg. Reagiert der Landesenergieversorger nur auf Zuruf von Eigentümervertreter Anton Mattle oder auf Basis von Kalkulationen? Dass die Tiwag den Strompreis bereits jetzt senkt, freut die teuerungsgeplagten Kunden. Nur auf Dauer wird das Pingpong-Spiel zwischen Mattle und Tiwag nicht funktionieren. Ein Landesunternehmen ist vor allem den Menschen im Land verpflichtet. Muss es von der Politik stets an diesen Auftrag erinnert werden, läuft etwas gehörig schief.
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