• 30.06.2023, 12:15:02
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Von der Krise zur Pille? Psychopharmakaverschreibungen bei Kindern und Jugendlichen

3. PRAEVENIRE Gipfelgespräch „Kinder- und Jugendgesundheit 2030“ im Rahmen der Leadership-Kampagne des Fördervereins „Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich“

© photonews.at/Georges Schneider - Reichenau an der
Rax (NÖ) 28.06.2023 - Heute fand im Parkhotel Hirschwang das 3.
PRAEVENIRE Gipfelgespräch im Rahmen der Leadership-Kampagne des
Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich
unter dem Motto 'KINDER- UND JUGENDGESUNDHEIT 2030' statt. PHOTO:
(v.L), Alexander Hagenauer,(Gen.Dir. Stv. der ÖGK), Markus Wieser,
(Obmann des Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in
Österreich). Paul Plener, (Leiter Uniklinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie MedUni Wien), Gudrun Seiwald, (ÖGK), Ulrike
Königsberger-Ludwig, (NÖ Gesundheits-LR), Peter Voitl, (Facharzt für
Kinder- und Jugendheilkunde).
Hirschwang/Rax (OTS) - 

Anlässlich des 3. PRAEVENIRE Gipfelgesprächs „Kinder- und Jugendgesundheit 2030“ am Fuße der Rax im Rahmen der Leadership-Kampagne des Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich trafen am 28. Juni 2023 rund 100 Top-Fachleute aus Medizin und Gesundheitswesen mit Entscheidungsträger:innen zusammen, um vier Themen aus der Kinder- und Jugendmedizin zu diskutieren, mit der Zielvorgabe: Es geht um praktische Lösungen, die auch umgesetzt werden.

Verdoppelung bei Angst und Depression

Univ.-Prof. Dr. Paul Plener, Leiter Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien, referierte zum Thema: „Von der Krise zur Pille? Psychopharmakaverschreibungen bei Kindern und Jugendlichen!“ Der Top-Experte stellte dar, wie dramatisch es mittlerweile um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bestellt ist. Eine weltweite Meta-Analyse von insgesamt 29 Studien mit 80.879 Teilnehmenden zu Angst und Depression bei Kindern und Jugendlichen unter COVID-19 habe eine Verdoppelung im Vergleich zu präpandemischen Werten ergeben.

Dramatische Verschlechterung nach Pandemie

Eine österreichische Online-Studie von September bis November 2021 unter 14- bis 20-Jährigen ergab bei mehr als der Hälfte eine depressive Symptomatik (58 %): Angststörungen: 46 %, Schlafstörungen: 25% und suizidale Gedanken: 44% (davon 9% täglich!). Insbesondere die letzte Zahl bereite ihm große Sorgen, so Plener. Die Ö3-Jugendstudie (durchgeführt von SORA) mit 39.481 16- bis 17-Jährigen, die online unter https://www.oe3jugendstudie.at/ergebnisse.php abrufbar ist, zeigte hingegen klar, dass die häufigsten als schwere Belastung empfundenen Themen bei Kindern und Jugendlichen keineswegs Covid, sondern der Ukraine-Krieg, die Wirtschaftskrise, der Klimawandel und die aufgehende Schere zwischen Arm und Reich sind.

Eine weltweite Metastudie mit 42 Einzelstudien zu Suizidgedanken, Selbstverletzung und Suizidversuchen ergebe ein dramatisches Bild – die Zahlen steigen stetig. Am stärksten belastet sei die GenZ, die 18- bis 24-Jährigen. Als junge Erwachsene bekommen sie auch weniger Aufmerksamkeit. Denn anders als Kinder oder ältere Menschen sind sie jene, die „funktionieren müssen“.

Kaum Forschung zu Psychopharmaka bei Kindern

Plener betont, dass die oft zitierten Länder Belgien und Schweden ebenso wie Österreich deutlich erhöhte Raten an psychischen Problematiken hätten, obwohl es dort während der Covidpandemie keine Schulschließungen gegeben habe. Auch die Smartphone-Nutzung sei nicht die Ursache des Problems, sondern höchstens ein Symptom. Damit leitet er zur Nutzung von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen über. In Österreich sind nur drei SSRIs für Kinder zugelassen, obwohl eine Studie belegt, dass SSRIs und SNRIs auch bei Kindern eine gute Wirkung zeigen. Somit gilt deren Einsatz aufgrund von mangelndem Interesse an Forschungsförderung als sogenannter Off-Label-Use. Bei Benzodiazepinen ist die Lage noch dramatischer, hier ist nur Diazepam für Kinder grundsätzlich zugelassen. Ärzt:innen, die helfen wollen, werden hier nicht nur mit der Forschungslage, sondern auch mit der rechtlichen Problematik alleingelassen. „Psychopharmaka sind nicht per se ‚schlecht‘, sondern können eine wirksame Unterstützung sein. Wer nicht bereit ist, in Prävention zu investieren, zahlt eben die Therapiekosten“, mahnt Plener.

Somit fordert Plener mehr Forschung zum Einsatz von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen, allem voran aber einen stärkeren Einsatz aller Entscheidungsträger:innen zur Prävention. Hier seien besonders in den Schulen entsprechende Maßnahmen zu setzen, um frühzeitig aktiv werden und Kinder mit psychischen Problemen vor dem Entstehen chronischer Problematiken auffangen zu können.

Alle Keynotes im Überblick:

Thema 1: Aktuelle Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen

Prim. MedR. Ass. -Prof. DDr. Peter Voitl, MBA | Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde

Thema 2: Von der Krise zur Pille? Psychopharmakaverschreibungen bei Kindern und Jugendlichen!

Univ.-Prof. Dr. Paul Plener | Leiter Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien

Thema 3: Plötzlich erwachsen! Transitionsmedizin als Begleitung in die Erwachsenenmedizin

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Holter | Ärztlicher Direktor des St. Anna Kinderspitals

Thema 4: Aktuelles aus der Kinder- und Jugendlichenrehabilitation

Dr. Gudrun Seiwald | Österreichische Gesundheitskasse

Information:

https://praevenire.at/kindergesundheit/

Videos und Fotos zum Download:

https://praevenire.at/kindergesundheit/mediathek/

Nächster PRAEVENIRE Termin:

10.PRAEVENIRE
GESUNDHEITSGESPRÄCHE
Alpbach 2023
06. bis 10. Juli 2023

Datum: 06.07.2023

Ort: Alpbach, Schafalm
Alpbach, Österreich

Url: https://gesundheitsgespraeche.co.at/

Rückfragen & Kontakt

PRAEVENIRE – Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung
Mag. Dora Skamperls
Senior PR-Consultant
+43/664 3540437
d.skamperls@welldone.at
https://praevenire.at/
Lazarettgasse 19/OG 4, 1090 Wien

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