• 28.06.2023, 21:19:33
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  • OTS0226

Justizausschuss gibt für Nachschärfungen im Jugendgerichtsgesetz grünes Licht

Verlängerung der Zuständigkeit der Justizministerin für Ausnahmen von Russland-Sanktionen

Wien (PK) - 

Grünes Licht gab der Justizausschuss mit den Stimmen von ÖVP und Grünen heute für eine Initiative der Koalitionsparteien mit Nachschärfungen im Jugendgerichtsgesetz. Für eine Verlängerung der Zuständigkeit der Justizministerin für Ausnahmen von Russland-Sanktionen sprachen sich die Abgeordneten mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS aus.

Ein Antrag der NEOS für begleitende Maßnahmen für aus dem Maßnahmenvollzug zu Entlassende wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgelehnt. Von den Koalitionsparteien vertagt wurde ein weiterer NEOS-Antrag, mit dem sie sich für eine Unterstützung des internationalen Zentrums für die Verfolgung von Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine (ICPA) einsetzen.

Nachschärfungen im Jugendgerichtsgesetz

ÖVP und Grüne wollen mit Änderungen im Jugendgerichtsgesetz (JGG) punktuell Regelungen nachschärfen, die 2022 durch das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz vorgenommen wurden, aber erst mit 1. September 2023 in Kraft treten werden (3474/A).

So sollen bei Langzeitunterbringungen von über zehn Jahren in Zukunft - anstatt der Höchstgrenze von 15 Jahren für die strafrechtliche Unterbringung nach dem Strafgesetzbuch (StGB) wegen einer Jugendstraftat - verpflichtende Fallkonferenzen stattfinden, um Untergebrachte bestmöglich auf eine bedingte Entlassung vorzubereiten. Eine solche Fallkonferenz soll zumindest alle drei Jahre stattfinden. Die Unterbringung eines gefährlichen terroristischen Straftäters oder einer Straftäterin in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter:innen wegen einer Jugendstraftat soll entsprechend der Bestimmung im StGB mit zehn Jahren befristet werden, sodass eine eigene Regelung im JGG entfallen soll.

In den Bestimmungen über das Verfahren zur Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum sollen laut Erläuterungen außerdem Redaktionsversehen beseitigt werden. Klargestellt werden soll unter anderem weiters, dass auch im Hauptverfahren die Möglichkeit besteht, anstelle eines kinder- und jugendpsychiatrischen Sachverständigen ersatzweise auch einen Sachverständigen der klinischen Psychologie des Kindes- und Jugendalters beizuziehen. Mitbeschlossen wurde mit der Vorlage ein Abänderungsantrag der Koalitionsparteien mit Klarstellungen. So muss etwa der Prüfung, ob die strafrechtliche Unterbringung aufrechtzuerhalten ist, jedenfalls ein Gutachten von entsprechend angeführten Expert:innen zugrunde liegen. Für den Fall, dass Gerichte bereits im Vorgriff auf die neuen Regelungen die Entlassung für einen Zeitpunkt ab 1. September 2023 ausgesprochen haben, soll ausdrücklich im Gesetz angeordnet werden, dass derartige Beschlüsse ohne Wirkung sind.

Mit den Änderungen soll den geäußerten Bedenken Rechnung getragen und Voraussetzungen für Bedürfnisse des Einzelfalls geschaffen werden, erläuterte Justizministerin Alma Zadić. Das betreffe Fallkonferenzen, für die auch die bisherige Höchstfrist fallen soll. Das Ziel sei, dass wenn die Personen nicht mehr gefährlich seien, diese auch nicht mehr in der Unterbringung bleiben sollen.

Aus Sicht von Ruth Becher (SPÖ) ändere die "Reparatur" jetzt nichts an der grundsätzlichen Problematik, dass Personal und Finanzierung an "allen Ecken und Enden" fehle. Auch Johannes Margreiter (NEOS) unterstrich, dass es dringend Maßnahmen für ausreichend Fachpersonal brauche. Fallkonferenzen seien wichtig, aber viel zu wenig, meinte auch Christian Lausch (FPÖ).

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) zufolge werde der Abänderungsantrag genau dazu führen, dass Menschen nicht ohne weitere begleitende Maßnahmen entlassen werden. Die Fallkonferenz als Fixpunkt werde immer auf den Einzelfall abgestimmt. Gudrun Kugler (ÖVP) zeigte sich verwundert über die Kritik der Opposition, zumal genau diese Probleme mit der Vorlage aufgegriffen würden.

NEOS: Begleitende Maßnahmen für aus dem Maßnahmenvollzug zu Entlassende

Die neuen Regelungen des Maßnahmenvollzuganpassungsgesetzes 2022 führen aus Sicht der NEOS dazu, dass per 1. September 2023 auch Personen aus dem Maßnahmenvollzug zu entlassen sind, die als junge Erwachsene vor mehr als 15 Jahren schwerwiegende Straftaten unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung begangen haben und nur deshalb nicht bestraft werden konnten, weil sie zum Zeitpunkt der Tat wegen dieser Störung zurechnungsunfähig waren. Es stehe die begründete Befürchtung im Raum, dass diese, plötzlich in die Freiheit und umfassende Selbstversorgung entlassenen Personen mit ihrer neuen, komplett geänderten Lebenssituation nicht zurechtkommen und aus der dadurch bedingten Überforderung heraus neuerlich strafrechtlich geschützte Rechtsgüter verletzen, so die NEOS. Es brauche konkrete Maßnahmen der Justizministerin in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen und Organisationen zur begleitenden Unterstützung und Betreuung für jene Untergebrachten, für die ab dem 1.September 2023 die Voraussetzungen der Unterbringung nicht mehr vorliegen, so die Forderung (3401/A(E)).

Der Antrag wurde zeitlich vor der nunmehrigen Novelle eingebracht und blieb im Justizausschuss in der Minderheit. Gudrun Kugler (ÖVP) meinte dazu etwa, die Fallkonferenzen in der heutigen Änderung im Jugendgerichtsgesetz würden genau die geforderten Schnittstellen darstellen.

Verlängerung der Zuständigkeit für Ausnahmen von Russland-Sanktionen

Gemäß den geltenden Russland-Sanktionen ist es der öffentlichen Hand grundsätzlich verboten, Aufträge oder Konzessionen an Personen, Organisationen oder Einrichtungen aus der Russischen Föderation zu vergeben bzw. derartige Aufträge oder Konzessionen fortzuführen. Allerdings können die einzelnen EU-Staaten laut entsprechender EU-Verordnung für bestimmte, taxativ aufgezählte Bereiche Ausnahmen festlegen bzw. genehmigen. In Österreich hat der Nationalrat im Oktober 2022 beschlossen, dass für solche Genehmigungen das Justizministerium zuständig ist. Mit einem Initiativantrag wollen ÖVP und Grüne diese derzeit bis 31. Dezember 2023 befristete Regelung nun bis zum 31. Dezember 2025 verlängern. Nachdem die Verlängerung eine Verfassungsbestimmung betrifft, benötigt sie im Plenum eine Zweidrittelmehrheit (3406/A), die nunmehr gesichert scheint.

Laut Erläuterungen wird weiterhin in Aussicht genommen, im Rahmen einer Novellierung des Sanktionengesetzes 2010 eine allgemeine Regelung der Zuständigkeit für Sanktionsmaßnahmen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu schaffen, mit der demnach spätestens ein Außerkrafttreten dieses Bundesgesetzes einhergehen sollte, wie Corinna Scharzenberger (ÖVP) erläuterte. Christian Drobits (SPÖ) signalisierte seitens der SPÖ seine Zustimmung, zumal es ein wichtiges Thema betreffe.

NEOS: Unterstützung des ICPA

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werde fast täglich über schwere internationale Verbrechen im Sinne des Völkerstrafrechts berichtet, so die NEOS. Das Internationale Zentrum für die Verfolgung von Aggressionsverbrechen (ICPA) soll ihnen zufolge mit Unterstützung von Eurojust Beweise über die in der Ukraine begangenen Straftaten sichern, Staatsanwält:innen zusammenbringen und die Analyse der Beweise für künftige Verfahren, auf nationaler oder internationaler Ebene, vorbereiten. Die Beweise sollen hierfür zentral an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Die NEOS fordern von der Justizministerin (3387/A(E)), unter Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und der ukrainischen Community in Österreich, eng mit dem ICPA zusammenzuarbeiten. Vor allem gehe es um die Identifizierung von aus der Ukraine Vertriebenen, die als Opfer oder Zeug:innen Angaben zu von russischen Truppen begangenen Straftaten machen können oder um die Kooperation bei der Ausführung von Haftbefehlen, wie Stephanie Krisper (NEOS) betonte.

Corinna Scharzenberger (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sprachen sich für die Vertagung aus, schlugen aber weitere Gespräche vor. Justizministerin Zadić legte dar, dass man mit europäischen Institutionen wie Eurojust schon in engem Austausch sei, um auch Beweise zu sammeln. Es werde zudem überlegt, auf europäischer Ebene eine gemeinsame Plattform zu erstellen, um die Beweissicherung zu erleichtern. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu


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