• 15.05.2023, 18:29:21
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  • OTS0149

Wien: Kirche und Gesellschaft nahm Abschied von Weihbischof Krätzl

Kardinal Schönborn bei Requiem im Stephansdom: Unerschütterliche Liebe zur Kirche und Kritik an kirchlichen Fehlentwicklungen gehörten für Krätzl zusammen - Hoffnung und Zuversicht wurzelten bei Krätzl in Überzeugung, dass Gott selbst an der Kirche handelt

Utl.: Kardinal Schönborn bei Requiem im Stephansdom:
Unerschütterliche Liebe zur Kirche und Kritik an kirchlichen
Fehlentwicklungen gehörten für Krätzl zusammen - Hoffnung und
Zuversicht wurzelten bei Krätzl in Überzeugung, dass Gott
selbst an der Kirche handelt =

Wien (KAP) - Mit einem feierlichen Requiem im Wiener Stephansdom
haben Kirche, Staat und Gesellschaft vom früheren Wiener Weihbischof
Helmut Krätzl Abschied genommen. Krätzl war am 2. Mai im 92.
Lebensjahr verstorben. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph
Schönborn, würdigte Krätzl in seiner Predigt als einen herausragenden
Priester, Seelsorger und Bischof, der "leidenschaftlich engagiert,
kritisch, aber nie bitter war", weil er "nie seine Liebe zur Kirche
verloren" habe. "Ich habe gelernt, mehr auf ihr (der Kirche, Anm.)
inneres Wesen zu schauen und dass sie immer viel mehr ist, als sie im
Augenblick erscheint", zitierte Kardinal Schönborn aus dem Testament
Krätzls.

Mit Kardinal Schönborn konzelebrierten u.a. die Bischöfe Manfred
Scheuer (Linz), Alois Schwarz (St. Pölten) und Wilhelm Krautwaschl
(Graz-Seckau) konzelebrieren, sowie die Weihbischöfe Franz Scharl,
Anton Leichtfried, Stephan Turnovszky und Hansjörg Hofer; ebenso die
emeritierten Bischöfe Egon Kapellari, Paul Iby, Ludwig Schwarz, Klaus
Küng sowie Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka. Auch der
Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana,
nahm am Requiem teil.

Die Politik wurde an erster Stelle von Bundespräsident Alexander Van
der Bellen in Begleitung seiner Frau Doris Schmidauer vertreten. Auch
die niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
feierte das Requiem mit. Von kirchlicher Seite ebenfalls mit dabei
waren u.a. der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa,
Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa, die Bischofsvikare Dariusz
Schutzki und P. Gerwin Komma sowie Domdekan Rudolf Prokschi; weiters
u.a. auch Erzabt Korbinian Birnbacher, der Vorsitzende der
Österreichischen Ordenskonferenz.

Wertschätzung trotz Meinungsverschiedenheiten

Auch wenn es zwischen ihnen beiden "Meinungsverschiedenheiten"
gegeben habe, so habe er Krätzl immer sehr geschätzt. "Meine
Wertschätzung für ihn ist gewachsen bis zum Schluss", erklärte
Schönborn. Die Meinungsverschiedenheiten wurzelten dem Wiener
Erzbischof zufolge in unterschiedlichen Wahrnehmungen der
Nachkonzilszeit. So habe er Krätzl gegenüber einmal gesagt: "Wenn du
über die Zeit nach dem Konzil sprichst, habe ich manchmal das Gefühl,
wir haben in zwei Kirchenwelten gelebt. Für dich war die Zeit ein
Aufbruch, der im Sprung gehemmt wurde. Ich habe diese Zeit als junger
Dominikaner als einen dramatischen Abbruch erlebt." Scharenweise
seien Mitbrüder ausgetreten aus dem Orden - "die Krise war
unübersehbar". Dazu seien harte "Grabenkämpfe" über Lehrfragen
ausgebrochen, so dass er selber Ende der 1960er-Jahre erst mühsam neu
die Freude am Glauben lernen musste, so Schönborn. "Es waren
schwierige Jahre einer wachsenden Polarisierung".

Was ihm in dieser Situation Zuversicht gab, sei auch der Kern dessen,
was Weihbischof Krätzl vor Verbitterung bewahrt habe: Die
Überzeugung, dass die Kirche in ihrem inneren Wesen "viel mehr ist,
als sie im Augenblick erscheint", zitierte Schönborn abermals aus dem
Testament Krätzls. Letztlich spreche daraus eine Zuversicht, die
geholfen habe, sogar die tiefste Krise der letzten Jahre
durchzustehen: die Missbrauchskrise. "Die Glaubwürdigkeit der Kirche
war am Tiefpunkt. Für kirchlichen Triumphalismus war kein Platz mehr.
Ein ehrliches Erkennen der Schuld und eine klare Option für die Opfer
und nicht für das Ansehen der Kirchen war der Weg, den wir
einzuschlagen hatten und bis heute zu gehen versuchen."

Der Krätzl eigene Blick auf das innere Wesen der Kirche, die je
größer ist, als sie erscheint, sei letztlich auch der Blick, den der
Papst mit dem Synodalen Prozess einschlagen bzw. umsetzen wolle. Denn
dieser Prozess wisse um die "Unvollständigkeit und Unvollendetheit"
seiner selbst. Er wisse darum, nur ein Schritt auf einem Weg zu sein,
der stets von "Buße und Erneuerung" geprägt sein müsse - und den
letztlich nur Gott selber vollenden könne. Ein Weg, auf dem für
Krätzl letztlich auch kein Weg daran vorbeiführte, den Platz der
Frauen in der Kirche zu erweitern, so Schönborn. "Vielleicht war das
der tiefste Grund, warum Weihbischof Krätzl immer und trotz aller
Sorgen ein hoffnungsvoller und zuversichtlicher Mensch blieb: weil er
weiß, dass es der Herr selber ist, der die Herzen öffnen wird".
"Lieber Bischof Helmut, du hast vielen Menschen das Wort Gottes
nahegebracht und vielen hat der Herr dafür das Herz geöffnet. Dafür
danken wir dir und danken dem Herrn", so Schönborn abschließend.

Auch Ökumene nahm Abschied

Auch die Ökumene war stark vertreten, u.a. mit dem
serbisch-orthodoxen Bischof Andrej (Cilerdzic), dem evangelischen
Bischof Michael Chalupka, dem reformierten Landessuperintendenten
Thomas Hennefeld, dem methodistischen Superintendenten Stephan
Schröckenfuchs, dem anglikanischen Kanonikus Patrick Curran, dem
syrisch-orthodoxen Chorepiskopus Emanuel Aydin und dem orthodoxen
Erzpriester Athanasius Buk, der Metropolit Arsenios (Kardamakis)
vertrat, der sich noch auf einer Pilgerreise mit dem Eisenstädter
Bischof Ägidius Zsifkovics in der Türkei aufhielt.

Auch der Präsident des Katholischen Laienrates Österreich, Wolfgang
Mazal, und der Präsident der Stiftung "Pro Oriente", Alfons Kloss,
gaben Krätzl beim Requiem das letzte Geleit.

Die musikalische Gestaltung des Requiems lag beim Vokalensemble St.
Stephan und bei Domorganist Ernst Wally unter der Leitung von
Domkapellmeister Markus Landerer.

Nach der Trauerfeier wurde Krätzl in der Domherrengruft beigesetzt.
Dort besteht ab Dienstag, 16. Mai, nach den Gottesdiensten die
Möglichkeit zum Besuch der Grabstelle.

((forts. mgl.)) HKL/PWU
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