- 05.05.2023, 11:12:07
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„Nie gemeinsam mit Spindelegger und bosnischen Sicherheitsminister getroffen“: Fotos widerlegen Behauptungen des Innenministeriums
Die Statements des bosnischen Sicherheitministeriums beweisen: Österreich war und ist an Abschiebungen aus Bosnien-Herzegowina beteiligt.

Wie glaubwürdig wirkt die Distanzierung des BMI vom bosnischen Flüchtlingslager Lipa, wenn das österreichische Innenministerium 820.000 Euro und das Land Oberösterreich mit 300.000 Euro österreichischer Steuergelder dort präsent sind? Und wenn zugleich das ÖVP-nahe Institut ICMPD, welches noch dazu vom Innenministerium gefördert wird, ein Gefängnis mitten im Camp errichtet hat?
Der Versuch der Distanzierung des Innenministeriums im heutigen „Kurier“ ist genauso unglaubwürdig wie das Kommunikations-Wirr-Warr des ÖVP-nahen Institut ICMPD, welches ja bekanntlich zuerst jegliche Verantwortung für die mitten ins Camp gebaute Haftanstalt dementierte und dann - unter Beweisdruck geraten - letztlich die Verantwortung für den Skandal-Bau zugestehen musste. „Minister Karner habe Spindelegger und Cikotić (Anm. Ehemaliger bosnischer Sicherheitminister) nie gemeinsam getroffen, so ein Sprecher, Treffen habe es nur ‚völlig losgelöst‘ voneinander gegeben“, heißt es dazu seitens des Innenministeriums im heutigen Kurier.
Bilder widerlegen BMI-Behauptungen
Fotos von der „Vienna Migration Conference 2022“ (11.-12.10.2022) des ICMPD, veröffentlicht im Bericht zur Konferenz, sprechen eine andere Sprache: In der ersten Reihe sitzen - wohl nicht zufällig - ausgerechnet Innenminister Karner, ICMPD-Chef Spindelegger und Sicherheitsminister Cikotć nebeneinander. Ebenso hat das bosnische Sicherheitsministerium, dazu passend, am 12. Oktober eine sehr klare, unmissverständliche Aussendung verfasst, in der die Treffen mit Spindelegger und Karner im Kontext gemeinsam geplanter Abschiebungen aus Bosnien-Herzegowina erwähnt werden. Ebenso wird in der Aussendung von damals festgehalten, dass in Wien vereinbart wurde, dass das Institut von Michael Spindelegger (ÖVP) „in Zukunft Abschiebungen aus Bosnien-Herzegowina durchführen wird“.
"Innenministerium widerspricht sich selbst“
Dass das Innenministerium ebenso jegliche Beteiligung an Abschiebungen von Geflüchteten aus Bosnien-Herzegowina in die Herkunftsländer von sich weist, ist ebenso absurd angesichts dessen, dass man seit Jahren - unter anderem über die vom Innenministerium gegründete „Joint Coordination Plattform“ (JCP) - genau das propagiert und umsetzt. Bereits 2021 hält eine Aussendung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl klar fest: „Zusätzlich unterstützt Österreich im Rahmen eines UN-Projekts die freiwillige Rückkehr aus Bosnien-Herzegowina mit 300.000 Euro, um Migranten bei der Rückkehr und Reintegration in ihren Heimatländern zu helfen“.
Dass Österreich nicht an der Organisation von Abschiebungen beteiligt ist, dementiert ebenso auch wieder ein Statement des bosnischen Ausländerbehörde vom 13. September 2022. „Die Republik Österreich hat uns bei den finanziellen Lösungen für die Deportation von Migranten aus Marokko assistiert“, hält die bosnische Ausländerbehörde für die staatliche Nachrichtenagentur Fena im Zusammenhang mit Abschiebungen von marokkanischen Staatsbürger:innen im September 2022 fest. Doch: Nicht nur finanziell wurden die Abschiebungen von Österreich unterstützt. „Die Joint Coordination Plattform (JCP) hat signifikante Unterstützung geleistet, vor allem wenn es um das Training der Beamtinnen der Ausländebehörde beim Vollziehen von Deportationen geht“, hält das bosnische Sicherheitsministerium fest.
„Neokoloniales Abputzen“
„Die Distanzierungen des Innenministeriums sind angesichts all dessen mehr als nur unglaubwürdig und erinnern an neokoloniales Abputzen. Seit Jahren propagiert das BMI am Westbalkan Externalisierung und eine Rückführungspolitik. Und jetzt will man plötzlich davon nichts mehr wissen bzw. distanziert sich sogar vom Lager Lipa, welches hauptsächlich mit Geldern des Innenministeriums aufgebaut wurde und wo ein ÖVP-nahes Institut ein illegales Gefängnis - ohne Baugenehmigung und rechtliche Grundlage - gebaut hat. Die Aussagen von EU-Komissar Varhelyi zeigen klar, dass der Zweck des Gefängnisses in Lipa nur einer ist - Menschen, ohne ihre Rechte und internationale Konventionen zu wahren, abzuschieben“, hält Petar Rosandić, Obmann der SOS Balkanroute, fest.
Aktuell gibt es auch einen ZDF-Beitrag zum Thema, ausgestrahlt am 4. Mai in der Sendung "Heute in Europa".
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