• 04.05.2023, 11:21:15
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  • OTS0117

Brunner: Steuerfahndung erzielte 2022 im Kampf gegen Abgabenbetrug 30 Mio. Euro Steuernachzahlungen

Wien (OTS) - Die Steuerfahndung im Amt für Betrugsbekämpfung hat im
Jahr 2022 mit 160 Fahnderinnen und Fahndern 157 Fälle erfolgreich
abgeschlossen und damit für Steuernachzahlungen von rund 30 Millionen
Euro gesorgt. Zusätzlich zu den Nachzahlungen drohen den
Steuerhinterzieherinnen und Steuerhinterziehern Strafen bis zu einem
Höchstmaß von 60 Mio. Euro. Der Großteil der Fälle konzentriert sich
dabei auf die Branchen Getränkegroßhandel und Gastronomie, die
Dienstleistungsbranche sowie die Baubranche. Ein weiterer Schwerpunkt
betrifft zudem die Bekämpfung des nationalen und internationalen
Umsatzsteuerbetruges.

„Die Steuerfahndung ist die Spezialeinheit im Finanzressort –
ausgerichtet auf die Bekämpfung des systematischen und organisierten,
teils gewerbsmäßigen Abgabenbetrugs durch proaktives Erkennen und
Bekämpfen von Betrugsmustern. Die Steuerfahndung hat daher vor allem
mit Großfällen zu tun. Sie schützt die überwiegende Mehrheit unserer
Betriebe, die korrekt wirtschaften, vor Wettbewerbsnachteilen durch
betrügende Marktteilnehmer. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen
der 12 Fahndungsteams, 2 IT-Fahndungsteams, dem Fachbereich und dem
Organisationsteam für ihren Einsatz im Interesse der Steuerzahlenden
sowie der Wirtschaftstreibenden unseres Landes“, so Finanzminister
Magnus Brunner.

Alfred Hacker, Vorstand des Amts für Betrugsbekämpfung: „In den
vergangenen Jahren der immer stärker werdenden Internationalisierung,
hat die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Abgaben- und
Steuerbetrugs an Relevanz gewonnen und dieser Trend hält weiter an.
Auch künftig wird die Steuerfahndung die internationale
Zusammenarbeit mit Betrugsbekämpfungseinheiten anderer Staaten und
den Austausch von betrugsrelevanten Informationen forcieren.“

Christian Ackerler, Leiter der Steuerfahndung: „Verstärkte kriminelle
Aktivitäten sind im Bereich des grenzüberschreitenden
Umsatzsteuerkarussellbetruges in der KFZ-Branche im Luxusbereich
sowie bei Nahrungsergänzungsmitteln für die Fitnessbranche
feststellbar. Aktuell sind auch Betrugsmethoden in der
Dienstleistungs- und Reinigungsbranche spürbar.“

Dabei werden durch die Schaffung eines (Schein) Firmengeflechts
Dienstleistungsaufträge an mehrere Subebenen verteilt. Die Firmen
dieser Subebenen verschaffen den Firmen der höheren Ebenen
„Schwarzgeld“ in bar, indem sie Scheinrechnungen ausstellen und
anschließend Kick-back-Zahlungen leisten. Zusätzlich melden diese
Firmen die Mitarbeiter unrichtig bei der Sozialversicherung an. Die
angewendeten Stundenverrechnungssätze der verschiedenen Ebenen decken
dabei nicht einmal die Eigenkosten ab und damit verschafft man sich
den angestrebten unlauteren Wettbewerbsvorteil. Dadurch kommt es
einerseits zu Steuerhinterziehung und andererseits zu Sozialbetrug.

Massiver Anstieg bei sichergestellten digitalen Daten

In ihrem Kampf gegen Betrügerinnen und Betrüger setzte die
Steuerfahndung auch im vergangenen Jahr auf den Einsatz verschiedener
Ermittlungsinstrumente und Zwangsmaßnahmen: So führte sie 2022
beispielsweise 10 Telefonüberwachungen, 264 Hausdurchsuchungen, 529
Kontoöffnungen und 4 Festnahmen durch.

Neben der Internationalisierung bringt auch die Digitalisierung neue
Herausforderungen für die Ermittler mit sich: Obwohl beispielsweise
bei Hausdurchsuchungen immer noch Dokumente und ganze Kartons voller
Aktenordner sichergestellt werden, hat sich die Balance in den
vergangenen Jahren massiv in Richtung digitale Daten verschoben: So
haben die 20 IT-Fahnderinnen und -Fahnder der Steuerfahndung bei den
Hausdurchsuchungen 2022 mehr als 127 TB IT-Daten sichergestellt. Zum
Vergleich: Im Jahr 2009 lag dieser Wert noch bei 7 TB.

Mit ausschlaggebend in diesem Ergebnis war der Einsatz des
sogenannten Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfungs-Competence-Center
(USt-BBCC), welches in 251 Fällen Risikoanalysen und Bewertungen zu
Umsatzsteuerkarussell-Betrugsszenarien durchführte. Das USt-BBCC
besteht dabei aus 2 Teams zu jeweils 12 Kolleginnen und Kollegen, die
sich insbesondere der One-Stop-Shop- Bearbeitung von
Betrugssachverhalten zur Gewährleistung einer einheitlichen
Rechtsanwendung, der Bündelung von Know-How, dem Aufbau von Expertise
in der operativen Anwendung und der Reduzierung von Schnittstellen
und allgemeiner Prävention widmen.

Vier ausgewählte Ermittlungserfolge illustrieren den vielfältigen
Tätigkeitsbereich der Steuerfahndung:

Registrierkassenprogrammierer bringt Fahnder auf Spur seiner Kunden

Wie wichtig der Einsatz von IT im Kampf gegen nicht-redliche
Wirtschaftspraktiken ist, bezeugen Fälle wie dieser aus Wien:
Ausgehend von Ermittlungen der Steuerfahndung West bei einem
Registrierkassenprogrammierer, der manipulierbare Software für
Gastronomieunternehmen erstellt hatte, wurden auch dessen Kunden
näher unter die Lupe genommen. Wegen des Verdachts der
Steuerhinterziehung durch eine entsprechend manipulierte
Registrierkassa konnte schließlich bei einem Gastro-Unternehmen ein
Finanzstrafverfahren in Höhe von rund 300.000 Euro eingeleitet
werden.

Eine Analyse der Software durch die IT der Steuerfahndung ergab
dabei, dass die Kassa so programmiert worden war, dass
Verkürzungsroutinen zur nachträglichen Löschung der erwirtschafteten
Umsätze aus dem Kassensystem – und somit das Nichtaufscheinen im
buchhalterischen Rechenwerk – möglich waren.

Das Kassensoftwareprogrammierunternehmen wird derzeit geprüft. Im
Zuge dessen werden Daten im Umfang von 10TB durch die
IT-Steuerfahndung ausgewertet. Sollte sich der Verdacht bestätigen,
folgen finanzrechtliche Maßnahmen bei weiteren gewerblichen Kunden.

Schmutzige Methoden bei Reinigungsfirma

Die Corona-Pandemie spiegelt sich leider auch in der Arbeit der
Steuerfahndung wider, wie der folgende Fall bezeugt, der aufgrund
einer anonymen Anzeige bei der Finanzpolizei ins Rollen kam. Ein
oberösterreichisches Unternehmen in der Reinigungsbranche schickte
viele seiner Arbeitskräfte in Kurzarbeit, während laut
Transparenzdatenbank im Jahr 2020 rund 3 Mio. Euro an COVID
19-Förderungen an das Unternehmen ergingen.

Tatsächlich wurde allerdings im Jahr 2020 annähernd der gleiche
Umsatz und Gewinn wie 2019 erzielt – dem umsatzstärksten Jahr seit
Bestehen des Unternehmens. Um den gleichen Umsatz erzielen zu können,
wurden Aufträge an Subunternehmen weitergegeben, welche wiederum
mangels Personal ihrerseits Aufträge an weitere Sub-Subunternehmen
vergaben.

Während diese Unternehmen zwar über Personal verfügten, wurden die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur geringfügig oder gar nicht zur
Sozialversicherung angemeldet. Um die Arbeitskräfte „schwarz“
entlohnen zu können, wurden von den Scheinunternehmen
Eingangsrechnungen für diverse Leistungen eingebucht. Der
ausgewiesene Betrag wurde überwiesen, das Geld bar behoben und
umgehend nach Abzug einer Provision an den Einzahler retourniert.
Somit hatte der wiederum Bargeld zur Verfügung, um die Arbeitskräfte
„schwarz“ zu entlohnen.

Die nicht oder nur geringfügig angemeldeten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer konnten in weiterer Folge, aufgrund ihrer vermeintlich
prekären Einkommenslage, zu Unrecht Sozialleistungen beziehen.

Durch dieses Konstrukt kam es nicht nur zu Verkürzungen der
Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer, sondern ebenso der
Lohnabgaben und Sozialversicherungs-Beiträge. Zudem liegt der
Verdacht des Sozialleistungsbetrugs vor. Die Ermittler gehen außerdem
davon aus, dass die COVID 19-Förderungen zumindest teilweise zu
Unrecht bezogen wurden. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, ergeht
eine Betrugsanzeige an die WKStA und hätte zudem eine Rückforderung
der Hilfszahlungen durch die COFAG zur Folge.

Onlineshop-Betreiber hinterzog Umsatzsteuer: 11 Hausdurchsuchungen

Das Streben vieler Menschen nach besserer Fitness und Gesundheit
machte sich ein betrügerischer Unternehmer zu Nutze, indem er aus
einem Lager in Wien Nahrungsergänzungsmittel bzw. arzneiähnliche
Produkte verkaufte – allerdings ohne Umsatzsteuer zu erklären bzw. zu
entrichten. Der 63-jährige Österreicher, der 20 Jahre lang einen
Online-Shop betrieb, zog schließlich wegen Provisionszahlungen an
vermittelnde Ärzte in Deutschland, welche in bar bezahlt wurden, die
Aufmerksamkeit der Ermittlerinnen und Ermittler auf sich.

Die Verkäufe der Ergänzungsmittel erfolgten vor allem nach
Deutschland sowie innerhalb Österreichs – sowohl an Privatpersonen,
als auch an andere Unternehmen. Auf keiner der Rechnungen war
allerdings die notwendige Umsatzsteuer ausgewiesen.

Als Verkäufer der Waren trat offiziell ein Unternehmen mit Anschrift
in den Niederlanden auf, während auf der Ware selbst eine Firma in
den USA als Hersteller genannt wurde. Bei den Ermittlungen der
Steuerfahndung wurde schließlich festgestellt, dass – entgegen der
offiziellen Angaben – der tatsächliche Versand der Ware aus dem
österreichischen Zentrallager erfolgte.

Entscheidend für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist nun die
Tatsache, dass sich die Ware zum Zeitpunkt der Kundenbestellungen
bereits im Wiener Lager befand. Österreichische Inlandslieferungen
sind in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. B2C-Lieferungen an
Kunden in Deutschland unterliegen der Versandhandelsregelung und sind
demzufolge in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.

In diesem Fall wurden 11 Hausdurchsuchungen und 19 Kontoöffnungen in
Österreich sowie zeitgleich zusätzliche Hausdurchsuchungen in
Deutschland vollzogen. Die voraussichtliche Nachforderung der
Umsatzsteuer beläuft sich auf rund 400.000 Euro und ist zur Gänze
einbringlich. Das volle Ausmaß der ertragsteuerlichen Auswirkungen
wird noch ermittelt, zudem ist auch noch die Höhe der Strafe
ungewiss, da aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Geständnis des
Täters zu rechnen ist.

Getränkehändler zu hoher Geldstrafe verurteilt

Im Jahr 2018 begann die Ermittlung der Steuerfahndung gegen einen
Getränkehändler aus einer Salzburger Wintersportregion. Bei
Durchsuchungen in Gastronomiebetrieben wurden Lieferscheine dieses
Getränkehändlers vorgefunden, auf denen teilweise ein anderer
Nummernkreis angegeben war. Die Lieferscheine dieses zweiten
Nummernkreises fehlten auf den offiziellen Rechnungen des
Großhändlers und somit bestand der Verdacht, dass nicht nur ein Teil
schwarz eingekauft bzw. verkauft wurde, sondern auch, dass ein größer
angelegtes Betrugskonstrukt vorlag.

Nach zahlreichen Telefonüberwachungen, Observationen und
Hausdurchsuchungen beim Getränkehändler und teilweise bei seinen
Kunden konnte ein komplexes Betrugsmodell aufgedeckt werden. Die
Ermittlungen der Steuerfahndung und die abgabenrechtlichen Prüfungen
bei 15 Gastronomiebetrieben führten zu einem Mehrergebnis in Höhe von
über 6,9 Mio. Euro und zu strafbestimmenden Wertbeträgen von 6,4 Mio.
Euro.

Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen und der detaillierten
Beweisführungen waren bis zum Abschluss der jeweiligen Fälle alle
Beschuldigten (sämtliche Gastrobetreiber und der Getränkehändler)
geständig und die Nachforderungen konnten zu 100% eingebracht werden.
Vom Landesgericht Salzburg und den Spruchsenaten wurden bisher
insgesamt Geldstrafen in Höhe von 8,6 Mio. Euro verhängt. Mit der
Verurteilung der Verantwortlichen des Salzburger Getränkehändlers und
des Verbandes durch das Landesgericht Salzburg am 22. März dieses
Jahres konnte das komplexe Ermittlungsverfahren der Steuerfahndung
endgültig abgeschlossen werden. Die Täter wurden dabei zu Geldstrafen
in Höhe von insgesamt 3 Mio. Euro verurteilt.

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