• 11.04.2023, 08:00:05
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Kein Mietpreisdeckel, keine Unterhaltsgarantie: Kinder von Alleinerzieherinnen leben in Armut und Ausgrenzung

Tabelle der Kinderkostenanalyse
Wien (OTS) - 

Fehlender Unterhalt und steigende Mietpreise drängen Kinder von Alleinerzieherinnen in Österreich zunehmend in Armut und Ausgrenzung. Nach Schätzungen waren 2021 bereits 70% der Alleinerzieherinnen und ihre Kinder von Armut oder Ausgrenzung betroffen, Tendenz steigend. 2023 liegen die Kosten für ein Kind bei einer Alleinerzieherin bei etwa 1 005 EUR und damit fast doppelt so hoch wie in Zwei-Erwachsenen-Haushalten. Hinzu kommt: nur eines von fünf Kindern, das keinen Unterhalt und keine Halbwaisenpension bezieht, bekommt Unterhaltsvorschuss. Besonders hart treffen Alleinerzieherinnen und ihre Kinder die Mietpreiserhöhungen: Mehr als drei Viertel leben in Miete, doppelt so viele wie andere Haushalte mit Kindern. Trotzdem steht die Regierung bei der Unterhaltsgarantie auf der Bremse. 

Nur etwa die Hälfte der Kinder von Alleinerzieherinnen bekommt Kindesunterhalt, auch dann nur in geringer Höhe: 2021 waren es durchschnittlich 304 EUR pro Kind. Der Unterhalt deckt damit etwa ein Drittel der Kinderkosten. Während Familienministerin Raab in der Fragestunde im Parlament Mitte Dezember 2022 den Unterhaltsvorschuss ein „bewährtes Instrument“ nannte, bekommt ihn tatsächlich nur etwa jedes fünfte Kind, das keinen Unterhalt und keine Halbwaisenpension bezieht.

Der Grund dafür liegt unter anderem in den restriktiven Voraussetzungen: So muss bereits ein im Inland vollstreckbarer Titel vorliegen, eine Pfändung versucht worden sein, sowie die Aussicht bestehen, dass das unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen kann. Für die wenigen Kinder, die Unterhaltsvorschuss bekamen, lag laut Unterhaltsbefragung 2021 der Statistik Austria der durchschnittliche Vorschuss bei nur 250 EUR im Monat. (Siehe Grafik Kinderkosten, Unterhalt, Regelbedarf und Unterhaltsvorschuss im Vergleich - 2021) 

Dem gegenüber stehen sehr hohe Kosten, die eigentlich durch den Kindesunterhalt abgedeckt sein sollten: Die Kosten betragen 2023 mindestens 1 005 EUR, durch die hohe Inflation liegen sie vermutlich darüber. Alleinerzieherinnen müssen fast doppelt so viel für ihre Kinder aufwenden wie Paarfamilien, denn sie können ihre Fixkosten wie Miete nicht dementsprechend aufteilen. Besonders pikant: Die Mietpreisbremse wurde von der ÖVP abgesagt, stattdessen soll eine Einmalzahlung kommen, die sich die Steuerzahler*innen selbst bezahlen müssen. Auch der Regelbedarf und die Prozentsätze zur Unterhaltsberechnung wurden trotz der alarmierenden Ergebnisse der Kinderkostenanalyse 2021 der Statistik Austria nicht angepasst. So hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den Regelbedarf, der eigentlich die Kinderkosten widerspiegeln sollte, in den meisten Altersgruppen auf nur die Hälfte der Kinderkosten festgelegt (siehe Grafik Kinderkostenanalyse 2021, Statistik Austria; valorisiert mit der Inflationsrate; Regelbedarf, ARGE für Jugendwohlfahrt)

Laut einer Studie des WIFO werden die Kinder von Alleinerzieherinnen auch bei den staatlichen Familienleistungen abgestraft: Sie bekommen auch in absoluten Zahlen gesehen weniger Geld als Kinder in Paar-Haushalten. Die Fehlbeträge müssen die Alleinerzieherinnen selbst wettmachen. Sie sind in höherem Maße berufstätig als andere Mütter. Aber auch ihre Kinder müssen draufzahlen: Durch Verzicht auf Nachhilfe, Zahnspangen, aber auch Projektwochen, und teilweise sogar nährstoffreiche Lebensmittel. Die Folgen für die Gesellschaft: Die Kinder sind bei schlechterer Gesundheit, haben weniger Bildungschancen und schlechtere Zukunftsaussichten. (siehe Grafik Anteil der Familienleistungen an den Kinderkosten 2021) 

Die derzeitige Lage lässt kein Abwarten mehr zu. Der Verein FEM.A fordert die Regierung auf, dringend zu handeln, denn Alleinerzieherinnen können ihre Kinder unter diesen Bedingungen nicht mehr entsprechend versorgen. In einem der reichsten Länder der Welt müssen Kinder von Alleinerzieherinnen in Armut und Ausgrenzung leben, weil dies politisch gewollt ist. 

Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen – FEM.A fordert deshalb: 

  • Die sofortige Umsetzung der Unterhaltsgarantie in Höhe der valorisierten Kinderkosten
  • Die Anhebung des Regelbedarfs als absolute Untergrenze an Unterhalt auf die tatsächlichen, valorisierten Kinderkosten bei Alleinerzieherinnen
  • Die Umsetzung der Mietpreisbremse statt einer Einmalzahlung durch die Steuerzahler*innen selbst  

Quellen:

Zur Organisation:

Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A ist in Österreich einzigartig mit seinem Beratungs- und Serviceangebot rund um die Themen Unterhalt, Obsorge und Kontaktrecht. Es reicht von kostenlosen Webinaren mit Rechtsanwältinnen und Psychologinnen, Entlastungsgesprächen am kostenlosen FEM.A Telefon, bis zu Informationen auf der Website, in einem regelmäßigen Newsletter, sowie auf diversen Social-Media-Kanälen, Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Lobbying.

Rückfragen & Kontakt

Andrea Czak, MA, Geschäftsführende Obfrau
Mobil: +43 6991 97 10 306
andrea.czak@verein-fema.at
www.verein-fema.at

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