• 09.03.2023, 14:44:14
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  • OTS0155

Resolution des ORF-Publikumsrats

Wien (OTS) - Der ORF-Publikumsrat hat in seiner Plenarsitzung vom
Donnerstag, dem 9. März 2023, unter dem Vorsitz von Mag. Walter
Marschitz, folgende Resolution angenommen:

Resolution des ORF-Publikumsrats zur aktuellen Debatte um den ORF

Der Publikumsrat appelliert an die Verantwortlichen in Regierung und
Parlament, rasch sicherzustellen, dass der ORF auf Basis des
Verfassungsgerichtshofurteils auch weiterhin über jene finanzielle
Mittel verfügt, um seinem Programmauftrag umfassend und qualitativ
hochwertig nachkommen zu können, und die Voraussetzungen dafür zu
schaffen, dass der ORF sein Angebot im digitalen Raum
weiterentwickeln kann.

Entwicklungen wie die zunehmende Verbreitung von Fake News legen
gerade jetzt nahe, die demokratiepolitisch bedeutsame Funktion des
ORF als verlässliche und vielfältige Informationsquelle
weiterzuentwickeln. Die empirischen Untersuchungen im Auftrag des
Publikumsrats liefern dazu konkrete Orientierungen.

Auch die Leistungen des ORF in den Bereichen Unterhaltung, Kultur und
Sport zur Erfüllung seiner Kernaufträge sowie die Behandlung von
Themen wie Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der
Gesellschaft, Volksgruppen, Jugend- und Erwachsenenbildung,
Vermittlung von Wissenschaft, Gesundheit- und Umweltschutz, Kirchen
und Religionsgesellschaften sowie die Förderung sozialer und
humanitärer Aktivitäten sorgen dafür, dass der ORF in der
österreichischen Medienlandschaft eine einzigartige und
unverzichtbare Rolle spielt.

Nachhaltige Finanzierung sichern

Bei der Wahl der Finanzierungsform sollten aus unserer Sicht folgende
Punkte berücksichtigt werden:

• An der Finanzierung des ORF sollten grundsätzlich alle unabhängig
von ihren Nutzungskanälen beteiligt sein, wobei auf
einkommensschwache Menschen bzw. berücksichtigungswürdige Situationen
durch Ausnahmen oder Beitragsreduktionen Bedacht zu nehmen ist. 
• Wie in anderen Ländern soll die Verbreiterung der
Finanzierungsbasis mit einer Senkung des Entgelts für die einzelne
Nutzerin bzw. den einzelnen Nutzer verbunden sein.
• Das Modell muss eine nachhaltige Finanzierung der Aufgaben des ORF
sicherstellen. 
• Das neue Finanzierungsmodell soll den ORF nicht in direkte
politische oder wirtschaftliche Abhängigkeit bringen, sondern die
Unabhängigkeit des ORF – als Grundlage für objektive
Berichterstattung – stärken.
• Die Festlegung des Programmentgelts soll weiterhin auf Antrag der
Geschäftsführung in den Gremien des ORF erfolgen.
• Das Programmentgelt soll im Sinne der Transparenz von anderen
Gebühren und Abgaben entkoppelt werden.
• Das Modell muss so rechtzeitig beschlossen werden, dass dem ORF
eine fristgerechte Umsetzung bis 1.1.2024 möglich ist.

Um jene, die künftig unter Umständen erstmals auch als
Beitragszahlerinnen und Beitragszahler herangezogen werden, vom
sinnvollen Einsatz ihrer Beiträge zu überzeugen, braucht der ORF
zudem mehr Möglichkeiten, attraktives Programm auch für Zielgruppen
anzubieten, die er bisher zu wenig erreicht hat (etwa Jugendliche,
migrantische Haushalte u. v. m). Mit der Verbreiterung der
Finanzierungsbasis stellt sich für den ORF mehr denn je die
Herausforderung, „Rundfunk für alle“ zu sein.

Angebot für das Publikum durch Digitalisierung erweitern

Die Neuordnung der Finanzierung muss aus unserer Sicht mit der
ebenfalls seit Jahren in Diskussion stehenden „Digitalnovelle“
verbunden werden. Damit soll der ORF die notwendigen Möglichkeiten
zur Versorgung seines Publikums in der digitalen Welt erhalten. Die
damit verbundenen Möglichkeiten, öffentlich-rechtliche Inhalte
effizient und zielgruppenorientiert zu produzieren und zu vertreiben,
würden das Angebot für das Publikum erweitern und müssen daher im
Interesse des Publikums offensiv genutzt werden.

Der Publikumsrat tritt seit Jahren dafür ein, dass der gesetzliche
„Versorgungsauftrag“ des ORF im Onlinebereich zeitgemäß
weiterentwickelt wird. Unzeitgemäße Beschränkungen des
Onlineangebotes widersprechen den Publikumsinteressen und sind
aufzuheben. Der ORF muss etwa die Inhalte der TVthek seinen
Nutzerinnen und Nutzern länger bereitstellen können (unlimitiert oder
bis zu einem Jahr durch Aufgabe der Sieben-Tages-Befristung).
Außerdem ist seine Gestaltungsfreiheit in Bezug auf das Onlineangebot
sicherzustellen („online first“ und „online only“ statt der
Einschränkung auf sendungsbegleitende Inhalte).

Mit Blick auf die Digitalisierung und Onlineplattformen, die
Hauptkonkurrenten des linearen Fernsehens sind, kann der ORF seinen
Kernauftrag, sein Publikum mit öffentlich-rechtlichem Programmangebot
zu versorgen, auch nur dann umfassend erfüllen, wenn die gesetzlichen
Rahmenbedingungen an die digitale Medienwelt angepasst werden.

Der „Preis“ einer nachhaltigen Finanzierung und einer Digitalreform
für den ORF darf aber keinesfalls darin bestehen, dass seine
Gestaltungsmöglichkeiten an anderer Stelle beschnitten werden, ohne
dass daraus ein erkennbarer Vorteil für den Medienstandort Österreich
erwächst. Manche der bisherigen Vorschläge zu gesetzlichen
Beschränkungen für den ORF lassen befürchten, dass in erster Linie
die großen Onlineplattformen (GAFAs) profitieren würden und letztlich
eine Schwächung der österreichischen Medienlandschaft die Folge wäre.

Sorgsames Wirtschaften fürs Programm

Der Publikumsrat bekennt sich zum Grundsatz sparsamen Wirtschaftens
bei der Programmgestaltung, Technik und Verwaltung des ORF im Sinn
eines bestmöglichen Preis-Leistungs-Verhältnisses für das Publikum.
Die Inflationsentwicklung, strukturelle Mehrkosten und die
Transformation in die digitale Welt machen es für den ORF unabhängig
von der aktuellen Finanzierungsentscheidung notwendig, bestehende
Angebote und Strukturen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls
Umschichtungen vorzunehmen.

Sorgsames Wirtschaften und effizienter Einsatz von Ressourcen müssen
dem Grundsatz „Sparen fürs Programm“ und nicht „Sparen am Programm“
folgen und den gesetzlichen Auftragsprioritäten entsprechen. Sollte
der lineare Sender SPORT + aus wirtschaftlichen Gründen nicht
aufrechtzuerhalten sein, muss dessen aktuelles inhaltliches Angebot
jedenfalls auf anderen Ausspielkanälen (ORF 1, Online) bereitgestellt
werden. Programmliche Leistungen des RSO sollen für das Publikum
gesichert sein. Der ORF soll nach Maßgabe seiner Möglichkeiten
Beiträge zur kulturpolitisch gebotenen Fortführung des RSO leisten.

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