- 03.03.2023, 22:00:02
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 4. März 2023. Von GABRIELE STARCK."Ignoranz rettet die Welt nicht".
Von vielen belächelt, von manchen verurteilt: Doch mit dem globalen Klimastreik am Freitag versuchten junge Menschen weltweit einmal mehr, all jene aufzurütteln, die das Offensichtliche noch immer nicht wahrhaben wollen.
Da war sie wieder – die Verachtung für „Schulschwänzer, die alle ein Handy haben und am Ende ja selbst in den Urlaub fliegen“. Eine Geringschätzung, die nur übertroffen wird von der Wut über jene, die einen am frühmorgendlichen Fortkommen hindern, weil sie sich auf die Straße kleben. Nicht einmal die Tatsache, dass sich Wissenschafter hinter die Aktionen von Fridays For Future oder der Last Generation gestellt haben, erhöht im wissenschaftsskeptischen Österreich die Akzeptanz für die Proteste.
Doch mit den Vorwürfen und Schimpftiraden kleistern wir in Wirklichkeit nur das eigene Gewissen und unsere Sinne zu. Um ja nichts sehen und hören zu müssen von dem, was da vor sich geht. Aber das Wegwischen des Offensichtlichen hilft nicht mehr. Der Klimawandel hat die Welt, so wie wir sie kannten, bereits verändert. Das wird inzwischen selbst den größten Skeptikern klar. Erstmals war der Schneemangel im heurigen Winter Anlass für Touristiker, in manchen Regionen ernsthaft über Alternativen zum Skifahren nachzudenken. In den vergangenen Jahren waren noch alle Warnungen über grüne Pisten in der Hochsaison ins Lächerliche gezogen worden.
Dem nicht genug: In Italien, Frankreich, der Schweiz, aber auch in Teilen Österreichs befürchten die Bauern bereits ein Horrorjahr. Seit Wochen bleiben die Niederschläge aus. Meteorologen warnen vor dem zweiten Dürre-Sommer in Folge. Dabei warten die Pegelstände des wichtigsten norditalienischen Wasserlaufs, des Po, schon weitaus länger als zwei Jahre jedes Frühjahr mit neuen Negativrekorden auf. Italien hat deshalb am Donnerstag einen Sonderkommissar für Wassermangel angekündigt. In zahlreichen französischen Departements sind bereits jetzt die Gartenbewässerung und das Autowaschen untersagt. Im südfranzösischen Departement Var wurde der Bau von Swimmingpools in den nächsten fünf Jahren verboten.
Trockenheit verhagelt einem nicht nur das winterliche Freizeitvergnügen. Es gefährdet die Trinkwasserversorgung und die Lebensmittelproduktion. Da geht es um Existenzielles.
Es ist menschlich, sich zu wünschen, dass alles so bleibt, wie es ist, und dass man sich von liebgewonnen Gewohnheiten nicht verabschieden will. Doch es ist längst vieles anders. Das zu leugnen, hilft nicht. Klimakleber und Klimademonstranten sind keine überdrehten Spinner und schon gar keine Terroristen. Sie wollen nur anregen, alles zu tun, damit die Welt lebbar und lebenswert bleibt.
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