• 20.01.2023, 09:51:59
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  • OTS0026

Straferhöhung ≠ Kinderschutz

Die Österreichischen Kinderschutzzentren fordern ein umfassendes Paket zur Verbesserung des Kinderschutzes

Österreich (OTS) - 

Sobald schwere Fälle von Gewalt an Kindern bekannt werden, folgt der Ruf nach höheren Strafen für Täter*innen. Die Bedürfnisse von betroffenen Kindern/Jugendlichen und Maßnahmen, die zur Verhinderung der Gewalt bzw. zur Unterstützung notwendig sind, geraten dabei schnell aus dem Blick.

Effektiver Kinderschutz braucht andere Antworten und Maßnahmen: In Anzeige- oder Verurteilungsstatistiken bildet sich nur die Spitze des Eisberges ab, dahinter liegt ein großes Dunkelfeld. „Es muss unser Ziel sein, mit verstärkter opfer- und täterorientierter Prävention, dem Ausbau von spezialisierten Opferschutzeinrichtungen, mehr Ressourcen im Ermittlungsbereich und insbesondere einer gesellschaftlichen Sensibilisierung dieses Dunkelfeld heller zu machen", betont Mag.a Petra Birchbauer, Vorsitzende im Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren.

Nach wie vor behalten viele Kinder, die Grenzüberschreitungen oder Gewalt erfahren, das Erlebte für sich - aus Angst, Scham oder weil sie fürchten, dass ihnen nicht geglaubt wird. Untersuchungen, wie die Mikado-Studie (2015) zeigen, dass nur 1/3 der Kinder, die Opfer von sexuellem Missbrauch werden, sich jemandem anvertrauen und nur 1% der Fälle den Ermittlungsbehörden oder dem Jugendamt bekannt werden. Auch im Netz erleben viele Kinder/Jugendliche sexuellen Übergriffen. 6% der befragten Mädchen und 2% der Jungen berichteten, im vergangenen Jahr mindestens eine belastende sexuelle Onlineerfahrung gemacht zu haben. Nur wenige (14%) brachen den Kontakt ab, wenn ein unangenehmes sexuelles Thema auftauchte oder eine sexuelle Handlung gefordert wurde. Die vier Jahre später durchgeführte EU-Studie Kids-online (2019) berichtet bereits von knapp 30% der 12-17-Jährigen, die online bzw. im Internet mit der Anbahnung von sexuellen Kontakten konfrontiert waren.

Da Kinder immer früher das Internet nutzen und damit auch von Übergriffen im Netz betroffen sind, muss Präventionsarbeit mit Kindern, Eltern und Pädagog*innen bereits im Kindergartenalter ansetzen. Von Untersuchungen aus Deutschland ist bekannt, dass von den unter 14-Jährigen Opfern von Abbildungen von sexueller Gewalt 21% zwischen 4 und 8 Jahre alt sind, 2% unter 3 Jahren. Damit Kinder sich bei unangenehmen Erfahrungen Unterstützung von Erwachsenen holen können, brauchen sie Aufklärung und die Gewissheit, dass sie ernst genommen werden. 

Wenn sexuelle Übergriffe fotografiert oder gefilmt und ins Netz gestellt werden, stellt die Unkontrollierbarkeit der Abbildungen eine weitere zusätzliche Belastung für Kinder und Jugendliche dar: Die Angst, dass Bekannte die Bilder/Videos sehen, dass diese Bilder auch nach Jahren immer wieder auftauchen könnten, dass andere glauben, sie hätten das freiwillig gemacht oder die Vorstellung, dass andere Menschen diese Bilder für ihre sexuelle Erregung nutzen, ist für sie extrem belastend und erschweren die Stabilisierung.

"Ziel der Arbeit von Kinderschutzzentren ist es, diesem Sicherheits- und Kontrollverlust entgegenzuwirken, Kinder/Jugendliche zu stärken und sie zu unterstützen, das Erlebte zu bewältigen“, erklärt Birchbauer.
Ein wichtiger Teil der Arbeit in Kinderschutzzentren ist darüber hinaus die Unterstützung von Eltern und Bezugspersonen.

Der Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren fordert:

  • Kinder im Blick zu behalten, wenn es um Kinderschutz geht
  • mehr Sensibilisierung dafür, dass es sich beim Deliktsbereich, der oftmals bagatellisierend als Kinderpornographie bezeichnet wird, um realen Missbrauch von Kindern, oft über Jahrzehnte handelt
  • mehr Aufklärung über Hilfsangebote
  • den Ausbau von geschlechtsspezifischer, altersadäquater Prävention beginnend bereits im Kindergarten
  • den Ausbau von Opferschutzeinrichtungen für von Gewalt betroffene Kinder/Jugendliche und deren Eltern/Bezugspersonen
  • die Verankerung von Kinderschutz in Ausbildungen von Pädagog*innen und Gesundheitsberufen
  • verpflichtende Kinderschutzkonzepte für alle Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten

Rückfragen & Kontakt

DIE ÖSTERREICHISCHEN KINDERSCHUTZZENTREN
Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren
Martina Wolf
info@oe-kinderschutzzentren.at
+43 664 887 36 462
www.oe-kinderschutzzentren.at
www.kinder-schuetzen.at
www.schutzkonzepte.at

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