• 09.01.2023, 20:08:17
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  • OTS0137

Requiem im Stephansdom: Österreich nahm Abschied von Benedikt XVI.

Heimische Bischöfe feierten Gottesdienst für verstorbenen Papst - Kardinal Schönborn blickte in Predigt auf 49 Jahre persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mit dem Verstorbenen zurück - Vom Volk geliebt, von den Medien verrissen

Utl.: Heimische Bischöfe feierten Gottesdienst für verstorbenen
Papst - Kardinal Schönborn blickte in Predigt auf 49 Jahre
persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mit dem
Verstorbenen zurück - Vom Volk geliebt, von den Medien
verrissen =

Wien (KAP) - Mit einem feierlichen Requiem haben die Katholische
Kirche und das offizielle Österreich am Montagabend im Stephansdom
Abschied von Papst Benedikt XVI. genommen. Dem Requiem stand Kardinal
Christoph Schönborn vor, der eingangs des Gottesdienstes daran
erinnerte, dass Kardinal Joseph Ratzinger im Stephansdom 2004 das
Requiem für Kardinal Franz König geleitet hatte. 2007 war er als
Papst Benedikt XVI. wieder nach Österreich gekommen, und hatte im Dom
einen Festgottesdienst gefeiert. Beim Requiem wurde für den
Verstorbenen gebetet, ebenso aber auch für den Frieden in der
Ukraine, für die Einheit der Christen und ein respektvolles
Miteinander aller Religionen der Welt.

An der Spitze der staatlichen Repräsentanten nahm Bundespräsident
Alexander Van der Bellen in Begleitung seiner Gattin Doris Schmidauer
am Gottesdienst teil. Mit dem Wiener Erzbischof konzelebrierten die
Bischöfe Manfred Scheuer, Alois Schwarz, Wilhelm Krautwaschl, Ägidius
Zsifkovics und Werner Freistetter, die Weihbischöfe Franz Scharl,
Stephan Turnovszky und Anton Leichtfried sowie
Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka. Auch der
Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana,
sowie Nuntiaturrat Kevin Randall feierten mit. Unter den Mitfeiernden
war der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl. Der Vorsitzende der
Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, musste krankheitsbedingt
kurzfristig absagen.

Seitens der christlichen Ökumene waren u.a. der griechisch-orthodoxe
Metropolit Arsenios (Kardamakis), der altkatholische Bischof Heinz
Lederleitner, die evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler und
der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin gekommen; weiters
auch der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der
anglikanische Kanonikus Patrick Curran und die methodistische Patorin
Esther Handschin. Auch der Präsident der Islamischen
Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural, und die Vizepräsidentin der
Buddhistischen Religionsgesellschaft, Erika Erber, nahmen teil.

In Vertretung des Bundeskanzlers kam Bundesministerin Susanne Raab
(ÖVP), die in der Regierung u.a. für die Kirchen und
Religionsgesellschaften zuständig ist. Weiters waren etwa die Zweite
Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), Bundesratspräsident Günter
Kovacs (SPÖ), Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und die
Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Elisabeth Lovrek anwesend.

"Vom Volk geliebt"

Kardinal Schönborn würdigte mit sehr persönlichen Worten den
verstorbenen Papst. Er blickte in seiner Predigt auf 49 Jahre
persönliche Bekanntschaft und Freundschaft mit dem Verstorbenen
zurück. Eine Begegnung in Rom in den 1980er-Jahren habe ihm gezeigt,
so Schönborn, wie sehr das einfache Volk den damaligen Präfekten der
Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, wertgeschätzt, ja
geliebt habe. Schönborn hob die "Einfachheit, Aufmerksamkeit und
Freundlichkeit" Joseph Ratzingers hervor. In keiner anderen
Kongregation habe ein derart gutes Klima geherrscht wie in der
Glaubenskongregation. Ratzinger sei als Mensch wie als Vorgesetzter
eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen, mit einer
außerordentlichen Menschenfreundlichkeit, einem feinen Humor,
beeindruckender Intelligenz und Kompetenz, die aber nie arrogant oder
überheblich wirkten.

Umso unverständlicher sei für alle, die ihn persönlich kannten, das
vernichtende Urteil in den Medien über Kardinal Ratzinger gewesen.
Viele nahmen Anstoß an ihm, dass er als Präfekt vermeintlich eine
inhaltliche Kehrtwende vollzogen habe, weg vom aufgeschlossenen
Reformer hin zum konservativen Bremser des Fortschritts des Zweiten
Vatikanischen Konzils. Wie Schönborn betonte, sei es Ratzinger in
seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation aber vor allem
darum gegangen, positiv die Lehre der Kirche darzulegen und weniger,
andere zu tadeln.

Am meisten habe an Ratzinger wohl die Wahrheitsfrage polarisiert, so
Schönborn weiter. Papst Benedikt/Joseph Ratzinger sei überzeugt
gewesen, "dass die Wahrheit dem Suchenden auf- und einleuchten kann".
Dass dies möglich ist, gehöre zur Würde des Menschen. Ebenso
überzeugt sei Benedikt auch davon gewesen, dass die Vernunft und der
Glaube einander bräuchten. Seine vielen Schriften seien immer für die
einen Wegweisung und die anderen Anstoß gewesen, so Schönborn. Er
verwies etwa auf das Schreiben "Dominus Iesus" aus dem Jahr 2000, in
dem es vor allem um die Einzigartigkeit von Jesus Christus als
Heilsvermittler geht.

Kardinal Ratzinger/Benedikt XVI. sei auch davon überzeugt gewesen,
dass ein Dialog der Religionen nur dann fruchtbar sei, "wenn man die
eigenen Glaubensüberzeugungen deutlich zur Sprache bringt und mit
anderen teilt".

Der Verstorbene habe zudem ein großes theologisches Werk im Blick auf
das Verhältnis von Politik zu Ethik, Gewissen und Verantwortung
hinterlassen, das noch viel zu wenig aufgearbeitet sei. Der Kardinal
verwies in diesem Zusammenhang auf zwei zentrale Reden Benedikts in
London vor dem britischen Parlament und in Berlin vor dem deutschen
Bundestag. In London habe Benedikt die Rolle des Gewissens in der
Politik betont, in Berlin habe er die Frage des Naturrechts und der
Menschenwürde im politischen Handeln thematisiert.

"Aufeinander hören und voneinander lernen"

Schönborn schloss seine Predigt mit einer weiteren persönlichen
Erinnerung an das letzte Treffen des Ratzinger-Schülerkreises mit
Papst Benedikt im August 2012 in Castel Gandolfo. Im Austausch über
aktuelle Entwicklungen in der Ökumene hätten die Teilnehmenden damals
betrübt eine Art Stagnation festgestellt. Doch Benedikt XVI. habe die
Beratungen mit den Worten beschlossen: "Geht es in der Ökumene nicht
darum, dass wir aufeinander hören und voneinander lernen, was es
heute heißt, Christ zu sein?!"

Er habe damit auch schon das zentrale synodale Anliegen von Papst
Franziskus vorweggenommen, so Schönborn. Bei Benedikt wie Franziskus
sei zudem die Überzeugung deutlich, dass ihnen der Dienst der Einheit
aufgegeben sei, und zwar nicht nur für die Christen, sondern für die
gesamte Menschheitsfamilie. Schönborn erinnerte in diesem
Zusammenhang auch an die gemeinsame "Erklärung über die universale
Geschwisterlichkeit der Menschen" von Papst Franziskus und
Großscheich Ahmed al-Tayyeb aus dem Jahr.

Mehr: https://www.kathpress.at/goto/meldung/2223752

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