• 27.12.2022, 10:25:22
  • /
  • OTS0029

„Ausgebeutet“: Neue „Menschen & Mächte“-Doku über die Mechanismen von Ausbeutung am österreichischen Arbeitsmarkt

Am 28. Dezember um 22.30 Uhr in ORF 2

Utl.: Am 28. Dezember um 22.30 Uhr in ORF 2 =

Wien (OTS) - Sie arbeiten als Erntehelfer/in, als Paketzusteller/in
oder als Fahrradbote bzw. Fahrradbotin. Sie müssen sich im Forst
besonderen Gefahren aussetzen oder schuften am Bau. Und trotzdem
reicht das Geld, das sie auf österreichischen Feldern oder Baustellen
verdienen, oft kaum zum Überleben. Die Rede ist von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor, meist aus Ost- und
Südosteuropa kommend – ausgebeutet unter recht fragwürdigen
Arbeitsbedingungen. Ohne deren Arbeitskraft wäre das in Österreich
angebaute Obst- und Gemüse in den Regalen der Supermärkte um ein
Vielfaches teuer. Sie kommen aus Ländern der EU, in denen die
Durchschnittsgehälter weit niedriger sind als in Österreich. Die im
Vergleich zu ihren Heimatländern höheren Löhne locken rund 15.000
Erntearbeiter/innen ins Land. Auch Eszter kam deswegen nach
Österreich – doch am Ende wurde sie von ihrem Arbeitgeber, einem
niederösterreichischen Bio-Bauern, um Teile des Lohns gebracht. Er
zahlte ihr sechs Euro pro Stunde, Zuschläge für Überstunden gab es
nicht. Was Eszter erlebte, berichtet sie am Mittwoch, dem 28.
Dezember 2022, um 22.30 Uhr in ORF 2 in der neuen „Menschen &
Mächte“-Dokumentation „Ausgebeutet“ von Gregor Stuhlpfarrer. Er
analysiert mit Betroffenen sowie mit Fachleuten aus unterschiedlichen
Disziplinen die Mechanismen von Ausbeutung am österreichischen
Arbeitsmarkt und die möglichen sozial- und arbeitspolitischen
Gegenstrategien.

Am österreichischen Niedriglohnsektor sind auch Arbeitskräfte aus dem
Nahen und Mittleren Osten, aus Syrien oder Afghanistan beschäftigt.
Sie dürfen nur im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses arbeiten,
wenn sie Asyl erhalten haben. Davor nur als Gewerbetreibende – und
lediglich in gewissen Branchen. „Die Regelung in Österreich ist so,
dass Asylwerber/innen selbständig tätig sein dürfen, zum Beispiel in
der Prostitution“, sagt Migrationsforscherin Judith Kohlenberger.
„Das ist schwierig, denn das sind genau jene Branchen, wo die
Menschen ganz besonders schnell auch in ausbeuterische
Arbeitsverhältnisse geraten.“ Auch Adil arbeitet als Asylwerber mit
einem Gewerbeschein. Er trägt die grüne Arbeitskleidung des
Essenszustellers Mjam. Als Unternehmer kann er allerdings keinen
direkten Vertrag mit Mjam abschließen. Eine Rechnung aus dem Jahr
2022, die Adil an den Subunternehmer des Subunternehmers gestellt
hat, zeigt, dass der Asylwerber pro Bestellung lediglich fünf Euro
verdient. Davon muss er Steuern und die Kosten für die
Krankenversicherung abführen. Ausbeutung erlebte auch Laith. Er
arbeitete 2020/2021 für den österreichischen Maskenproduzenten
Hygiene Austria. Als Leiharbeiter war er nicht bei „Hygiene Austria“
angestellt, sondern kam über eine beauftragte Leiharbeitsfirma in die
Produktionshallen. Laith erinnert sich, dass er und andere Kollegen
und Kolleginnen Teile des Gehalts „schwarz“ ausbezahlt bekommt haben,
dass Doppelschichten absolviert wurden und dass es ob der schweren
Arbeitsbelastung zu Arbeitsunfällen gekommen ist.

Johanna Neuhauser von der Universität Wien hat sich im Rahmen einer
Studie mit der Arbeitssituation von Leiharbeitern bei Hygiene Austria
auseinandergesetzt: „Einer unserer Interviewten hat uns berichtet:
‚Als ich diese Halle betreten habe, war ich wieder im Irak.‘ Er hat
darauf angespielt, wie es sein kann, dass in einem Land wie
Österreich solche Zustände herrschen.“ „Für viele Menschen aus dem
globalen Süden gibt es einfach keine Möglichkeit, über ein legales
Visum nach Österreich zu kommen. Wenn sie aber ohne gültigen
Aufenthaltstitel einreisen, dann heißt das auch, sie werden häufig
schwarz beschäftigt werden. Und da wiederum ist die Grenze nicht nur
zur Arbeitsausbeutung, sondern zur Sklaverei, zur modernen Sklaverei,
eine fließende“, meint Judith Kohlenberger.

Die EU ist zwar eine Wirtschaftsunion, aber die Sozialunion hinkt
hinterher. Das konstatiert Ökonom Stephan Schulmeister im
Zusammenhang mit Arbeitskräften aus ost- und südosteuropäischen
EU-Ländern. Er vermisst – bezogen auf das Wohlstandsgefälle innerhalb
der EU – nachhaltige Konzepte aus Brüssel: „Es wäre Aufgabe der
Europäischen Union zu sagen, wir haben unterschiedliche
Volkswirtschaften mit unterschiedlichen Entwicklungsniveaus. Welche
politische Strategie braucht es, dass wir diese Länder rascher an das
Niveau der alten EU-Länder heranführen? Solche Entwicklungsstrategien
hat die Europäische Union im Wesentlichen nicht entwickelt.“

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel