• 19.12.2022, 10:06:39
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  • OTS0052

Korruption und Wirtschaftskriminalität: AK fordert überfälligen Schutz für Whistleblower:innen ein

AK Jurist Gagawczuk: „Können uns halbe Sachen bei Korruptionsbekämpfung nicht mehr leisten“

Utl.: AK Jurist Gagawczuk: „Können uns halbe Sachen bei
Korruptionsbekämpfung nicht mehr leisten“ =

Wien (OTS) - „Die Aufdeckung von Missständen in Unternehmen darf für
Arbeitnehmer:innen kein Glücksspiel bleiben“, fordert AK Jurist
Walter Gagawczuk. Die Regierung hätte bis 17.12.2021 – also vor mehr
als einem Jahr – die EU-Richtlinie zum Hinweisgeberschutz umsetzen
müssen. Zwar wurde Ende letzter Woche im Parlament ein
Initiativantrag zur Umsetzung der EU-Richtlinie eingebracht, dieser
ist jedoch – wie schon der im Sommer präsentierte
Begutachtungsentwurf – verfassungswidrig, europarechtswidrig und
völlig unzureichend.

Gagawczuk warnt: „Eine Sparvariante, die den Schutz nur für die
Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vorsieht, wäre
verfassungswidrig. Und angesichts der Missstände, die in den letzten
Jahren aufgedeckt wurden, muss man sagen: Österreich kann sich halbe
Sachen bei der Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität
nicht mehr leisten.“

Laut dem aktuellen Entwurf (Initiativantrag vom 15.12.2022) würden
Beschäftigte in Unternehmen mit bis zu 50 ArbeitnehmerInnen gar nicht
in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und wären insofern gar
nicht geschützt. Dies würde beinahe 50 Prozent der Arbeitnehmer:innen
und über 98 Prozent der Unternehmen in Österreich betreffen und wäre
klar europarechtswidrig. Nach der Richtlinie sind vor Nachteilen auf
Grund einer Meldung von Missständen nämlich alle Arbeitnehmer:innen
zu schützen.

Die EU-Richtlinie regelt nur den Schutz von Arbeitnehmer:innen bei
Hinweisen auf Verstöße gegen EU-Recht. Bei Korruption und
Wirtschaftskriminalität ist eine Trennung von österreichischem und
EU-Recht aber sinnlos und fast unmöglich. Laut einem Rechtsgutachten
von WU-Professor Harald Eberhard im Auftrag der AK wäre eine
Beschränkung des Schutzes auf EU-Recht doppelt verfassungswidrig:

+ Dass Whistleblower:innen einmal geschützt sind und einmal nicht, je
nach dem, ob EU-Recht betroffen ist oder „nur“ österreichisches
Recht, würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.

+ Verfassungswidrig wäre die Spar-Variante auch auf Grund der damit
verbundenen Rechtsunsicherheit: In jedem Fall müssten über 130
EU-Richtlinien und mehrere hundert daraus abgeleitete Gesetze geprüft
werden, um zu entscheiden, ob der Schutz nun greift oder nicht. Das
eröffnet einen zu großen Auslegungsspielraum und führt damit zu einer
Regelung, die für potentielle Whistleblower:innen kaum kalkulierbar
ist.

Die AK fordert:
Beim Schutz von Whistleblower:innen darf nicht mit zweierlei Maß
gemessen werden. Es muss den vollen Schutz für die Meldung von
Missständen geben, angewandt auch auf österreichisches Recht, statt
einer halben Lösung mit Einschränkung auf EU-Recht. Der Schutz muss
daher auch gelten für Hinweise bei:
+ Verstößen gegen das Steuerrecht – insbesondere Steuerhinterziehung
+ illegaler Beschäftigung und Sozialbetrug durch Unternehmen
+ Verstöße gegen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz und
Verstöße gegen den Arbeitnehmer:innenschutz (Gesundheits- und
Sicherheitsmaßnahmen).
+ Delikte des Wirtschaftsstrafrechts wie Korruption, Betrug, Untreue,
Bilanzfälschung, Urkundenfälschung.

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