- 06.12.2022, 11:01:28
- /
- OTS0081
Martina Ebm liest in neuer „Menschen & Mächte“-Doku „Ruth Maier – die Anne Frank von Österreich“ aus Ruth Maiers Tagebüchern
Am 7. Dezember um 22.30 Uhr in ORF 2
Utl.: Am 7. Dezember um 22.30 Uhr in ORF 2 =
Wien (OTS) - Ihre Tagebücher sind Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes
 „Memory of the World“. In ihrer Heimat Österreich aber ist sie kaum
 bekannt: Ruth Maier, 1920 in eine jüdische Familie in Wien geboren,
 schrieb akribisch Tagebuch – über ihre private Situation, aber auch
 die politischen Entwicklungen in Österreich vor und nach dem
 Einmarsch deutscher Truppen. Ebenso über ihre Flucht 1939 nach
 Norwegen und ihre Zeit als Fremde und Flüchtling. Die Eintragungen
 enden erst kurz vor ihrer Deportation nach Auschwitz, wo sie am 1.
 Dezember 1942 vergast wurde. Es sind feinsinnige und analytische
 Beobachtungen einer außergewöhnlich sensiblen und begabten jungen
 Frau. Nicht von ungefähr hat Ruth Maier daher heute oft den Beinamen
 „Anne Frank von Österreich“.
Robert Gokl, Gestalter der „Menschen & Mächte“-Doku „Ruth Maier – die
 Anne Frank von Österreich“, die ORF 2 am Mittwoch, dem 7. Dezember
 2022, um 22.30 Uhr zeigt, hat sich in Wien und in Norwegen auf Ruth
 Maiers Spuren begeben. Begleitet wurden er und sein Kamerateam von
 der bekannten Schauspielerin Martina Ebm, die aus den Tagebüchern
 Ruth Maiers liest. Ebm trifft mit hoher darstellerischer Sensibilität
 jene Stimmungen, die Ruth zu Papier gebracht hat.
Robert Gokl: „Ihr Einsatz, ihr Teamgeist und ihre intensive
 Beschäftigung mit Ruth Maiers Tagebüchern haben Martina Ebm zum
 Glücksfall für diese Doku gemacht.“
Martina Ebm: „Ich kann mich in die jugendliche Ruth Maier gut
 hineinversetzen, denn auch ich habe in diesem Alter leidenschaftlich
 gern Tagebuch geschrieben. Den tiefen Schmerz und die Einsamkeit
 infolge ihrer Flucht nach Norwegen, die die späteren Tagebücher
 durchziehen, kann ich als Nachgeborene nur erahnen. Ruth hat alles
 verloren, was ihr in Wien lieb und teuer war, während ich in
 Sicherheit lebe. Und am Ende verliert Ruth das Kostbarste, ihr Leben.
 Ihre Abschiedsworte offenbaren, dass sie weiß, was ihr bevorsteht.
 Dieser Film gibt einer zum Verstummen Gebrachten eine Stimme. Wir
 dürfen nicht aufhören, uns mit den Verbrechen des NS-Regimes zu
 beschäftigen, denn sie machen uns deutlich, dass wir dort mutig
 handeln müssen, wo Unrecht geschieht.“
„Ich seh’ das Tagebuch so, als wäre es mein Freund.“ Diesem Freund
 teilte Ruth Maier seit ihrem zwölften Lebensjahr alles mit, was sie
 beschäftigte, privat in ihrer Entwicklung vom Schulmädchen zur
 erwachsenen Frau, politisch in ihrer kritischen Sicht politischer und
 sozialer Entwicklungen, beginnend mit dem Bürgerkrieg in Österreich
 im Februar 1934. Ruths Vater war Sozialdemokrat und
 Gewerkschaftsfunktionär, ihre politische Haltung daher von Jugend an
 links. Die jüdische Herkunft dagegen hatte in der Familie keine
 Bedeutung, vor allem keine religiöse. Erst der Einmarsch deutscher
 Truppen im März 1938 und die anschließende Gewalt gegen Jüdinnen und
 Juden mitsamt Pogrom im November 1938 änderten das: „Gestern war der
 schrecklichste Tag, den ich je erlebt habe!“, schreibt sie einen Tag
 nach ihrem 18. Geburtstag. Es ist der 10. November 1938, der Tag des
 November-Pogroms. Und: „Ich werde zur bewussten Jüdin. Ich spüre es.
 Ich kann nicht anders.“ Für einen Platz in einem Kindertransport
 schon zu alt, hat Ruth Maier das Glück, im Jänner 1939 zu einer
 Gastfamilie in Norwegen fliehen zu können. Dort will sie Matura
 machen und danach zu ihrer Familie weiterfahren, die nach England
 fliehen konnte. Aber einen Monat vor der Matura marschiert die
 Wehrmacht in Norwegen ein. Ruth vermerkt in ihrem Tagebuch: „Jetzt
 wieder. Kein Unterschied. Ich bin allein.“ Als jüdischer Flüchtling
 kann Ruth Maier auch unter deutscher Besatzung zumindest anfangs noch
 ohne Einschränkungen und selbstbestimmt leben. Einen gewalttätigen
 und mörderischen Antisemitismus wie in Wien erlebt sie in der
 norwegischen Bevölkerung nicht. Mit mehrmaligen freiwilligen
 Meldungen zum Arbeitsdienst sichert sie ihren Lebensunterhalt. In
 einem dieser Lager lernt sie Gunvor Hofmo kennen, deren Familie sich
 dem kommunistischen Widerstand angeschlossen hat. Die beiden jungen
 Frauen verlieben sich und beginnen eine Beziehung, die bis zur
 Deportation Ruth Maiers anhält. Im Hafen von Oslo kann Ruth Maier
 noch eine letzte Nachricht an Gunvor Hofmo vom Deportationsschiff
 „Donau“ schmuggeln: „Ich glaube, dass es gut so ist, wie es gekommen
 ist. Warum sollen wir nicht leiden, wenn so viel Leid ist? Sorg Dich
 nicht um mich. Ich möchte vielleicht nicht mit Dir tauschen.“
Nach Ruth Maiers Ermordung verblieben ihre Tagebücher bei Gunvor
 Hofmo und mehr als ein halbes Jahrhundert lang in der Öffentlichkeit
 unbekannt. Hofmo wird nach dem Zweiten Weltkrieg zwar eine bedeutende
 norwegische Schriftstellerin, doch ihre Versuche, die Tagebücher zu
 publizieren, scheiterten. Nach Hofmos Tod 1997 fand sie der
 norwegische Schriftsteller Jan Erik Vold in ihrem Nachlass und
 veröffentlichte sie 2007. Bis heute wurden sie weltweit in mehr als
 zehn Sprachen publiziert. Die Wirkung von Ruth Maiers Schilderung der
 norwegischen Gesellschaft zwischen Kollaboration mit und Widerstand
 gegen die NS-Besatzung war so nachhaltig, dass ihre Tagebücher auf
 norwegische Initiative seit 2014 Teil des Weltdokumentenerbes sind.
„Ruth Maier – die Anne Frank von Österreich“ wurde vom ORF produziert
 und von der VGR (Verwertungsgesellschaft Rundfunk) gefördert.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRF






