• 19.10.2022, 09:33:51
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Diskussionsveranstaltung zur Zukunft des Sozialstaates im Parlament

Bundesratspräsidentin Schumann im Austausch mit Expert:innen

Wien (PK) - 

Die Zukunft des Sozialstaates und seine Rolle insbesondere in Krisenzeiten war Thema der Diskussionsveranstaltung "Mit dem Sozialstaat durch die Krisen" gestern Abend im Parlament in der Hofburg. Auf Einladung der amtierenden Präsidentin des Bundesrats Korinna Schumann und des ÖGB-Verlags diskutierten Expert:innen, wie der Sozialstaat abgesichert und zukunftsfit gestaltet werden soll. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die aktuelle Ausgabe des Ratgeberbuchs "Sozialleistungen im Überblick" und die Website www.sozialleistungen.at präsentiert.

Schumann: Sozialstaat hat "Heldenstatus" und muss gestärkt werden

Der Sozialstaat habe massiv zum Wohlstand beigetragen, dementsprechend stolz könne man auf ihn sein, betonte Bundesratspräsidentin Korinna Schumann in ihrer Eröffnung. Nur ein stabiler Sozialstaat könne die Gesellschaft durch die Krise bringen. Dieser habe einen "Heldenstatus". Er habe sich in der Krise mit ihren vielen Herausforderungen bewährt und unterstütze mit seinen Leistungen die Menschen in allen Lebenslagen, und kaum jemand habe diese noch nicht in Anspruch genommen. Der Sozialstaat sei aber kein Selbstläufer, mahnte Schumann ein. Er müsse gestärkt und weiter entwickelt sowie seine Finanzierung abgesichert werden.

Kraßnitzer: Nur wer seine Rechte kennt, kann diese durchsetzen

"Nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch durchsetzen", erklärte Iris Kraßnitzer, Geschäftsführerin des ÖGB-Verlags, die Idee hinter der Veröffentlichung des Ratgeberbuchs "Sozialleistungen im Überblick". In dem Buch werde es geschafft, über die Breite des Sozialstaates einen Überblick zu schaffen. Um diese Informationen breit zugänglich zu machen, seien diese auch auf der Website www.sozialleistungen.at verfügbar. Die Menschen würden Informationen suchen und Unterstützung benötigen, verwies Kraßnitzer auf die zuletzt massiv gestiegenen Zugriffe auf die Website.

Buxbaum: Sozialstaat ist Korrektiv für das Schicksal der Menschen

Mit einem Zitat vom Journalisten Heribert Prantl, dass das Leben ungerecht anfange, ungerecht aufhöre und es dazwischen auch nicht viel besser sei, erklärte Adi Buxbaum, Ökonom und Mitglied des Redaktionsteams von sozialleistungen.at, die Rolle und die Bedeutung des Sozialstaates als Korrektiv für das Schicksal der Menschen. Der Sozialstaat sei gut ausgebaut und müsse verteidigt werden. Er helfe den Menschen in Phasen, wo sie verwundbar und auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen sind. Hinsichtlich einer öffentlichen immer wieder aufkeimenden Diskussion zur Reduktion des Sozialstaates aufgrund seiner Kosten mahnte Buxbaum ein, die Kosten nicht nach ihrem nominellen Volumen sondern in Relation zur Wirtschaftsleistung zu betrachten. Dabei zeige sich, dass sich die Kosten relativ konstant über die Jahre entwickeln.

Podiumsdiskussion: Herausforderungen und die Zukunft des Sozialstaates

Nach der Sozialversicherungsreform und der Corona-Krise gebe es enorme Herausforderungen, meinte Ingrid Reischl, leitende Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, in einer anschließenden Podiumsdiskussion mit Expert:innen. Eine Ausweitung von Selbstbehalten könne dabei aber keine Lösung sein. Die ärztliche Versorgung im niedergelassenen Bereich sei momentan nicht ausreichend, forderte Reischl hier dringend Gegenmaßnahmen. Für Lehrlinge sei die psychosoziale Betreuung aktuell das "brennendste" Problem nach der Corona-Krise. Hinsichtlich des Fachkräftemangels kritisierte sie unzureichende Mittel für die Lehrlingsausbildung und forderte unter anderem ein Schulstartgeld für sie.

Die finanzielle Absicherung der Arbeitslosenversicherung sei nicht ausreichend, sprach sich Silvia Hruška-Frank, Direktorin der AK Wien, neben einer Erhöhung der Nettoersatzrate auch für eine Verbesserung der Qualifizierungsmaßnahmen aus. Zudem wies sie auf die Bedeutung der Arbeitslosenversicherung für die Arbeitsbedingungen der Arbeitenden hin. Frauen seien in der Krise oft in alte Rollenbilder zurückgefallen, was sich nachteilig auf ihre Arbeitsmarktsituation ausgewirkt habe, forderte sie Investitionen in Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Valorisierung der Sozialleistungen sei begrüßenswert. Angesichts der Inflation und des niedrigen Arbeitslosengeldes gebe es aber auch hier Handlungsbedarf, meinte Hruška-Frank.

Die Regierung habe in der Krise sehr viel Geld für Einmalzahlungen und strukturelle Maßnahmen in die Hand genommen, es werde aber zu viel nach dem Gießkannenprinzip verteilt, erklärte Michael Fuchs, Sozialwissenschaftler am Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung. Die Sozialquote sei im europäischen Vergleich einer der höchsten und die Armutsgefährdung im Durchschnitt. Die Nettoersatzrate bei der Arbeitslosenversicherung sei aber vergleichsweise niedrig. Eine wichtige Rolle sah Fuchs für die Europäische Union bei der Bewältigung der hohen Preise etwa durch einen gemeinsamen Gaseinkauf.

Es gebe unzureichend Zahlen, wie das Vermögen in Österreich verteilt ist, plädierte der Ökonom Adi Buxbaum für eine Neuauflage eines Sozialberichts als Grundlage für die Diskussion um Vermögenssteuern. Der Krisenmodus sei heute ein anderer, man habe im Vergleich zur Finanz- und Wirtschaftskrise dazu gelernt. Es gebe Länder, die den Sozialstaat unter anderem über Vermögenssteuern finanzieren, diese könnten Best-Practice-Beispiele sein, ergänzte Fuchs. (Schluss Diskussionsveranstaltung) pst

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments.


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