Am 16. August um 22.35 Uhr in ORF 2
Utl.: Am 16. August um 22.35 Uhr in ORF 2 =
Wien (OTS) - Auf Müllhalden werden nur selten Schätze gefunden, aber
am Rande einer ägyptischen Siedlung des Altertums war das anders.
Forscher fanden dort in antiken Mülldeponien uralte Handschriften.
Die Sensation: Unter den Manuskripten waren bis dahin unbekannte
Jesus-Überlieferungen.
Der Sand über der antiken Müllhalde und das heiß-trockene Klima
Ägyptens waren die idealen Konservierungsbedingungen am Rande der
Siedlung mit dem sperrigen Namen Oxyrhynchus. In verschiedenen
Schichten fand man (ab Beginn der Grabungen Ende des 19.
Jahrhunderts) dort entsorgte Papyrus-Texte aus der hellenistischen,
der römischen und der byzantinischen Epoche der ägyptischen
Geschichte. Für Furore sorgte der Fund zweier junger britischer
Archäologen, Bernard Grenfell und Arthur Hunt: Sie förderten
Fragmente eines unbekannten Evangeliums aus dem Ende des zweiten
Jahrhunderts zutage – mit Aussprüchen Jesu, die man bis dahin nicht
gekannt hatte.
Ein halbes Jahrhundert später, 1945, stießen Forscher im weiter
südlich gelegenen Nag Hammádi aus Zufall auf die vollständige
Evangeliumsschrift mit diesen Aussprüchen Jesu. Ein Hirte hatte das
antike Manuskript in einem vergrabenen Tonkrug gefunden. In insgesamt
114 Sprüchen legt Jesus dem Apostel Thomas seine „Geheimlehre“ aus.
Dieses von der antiken gnostischen Lehre inspirierte Thomasevangelium
war eine Sammlung von einerseits aus der Bibel bekannten,
andererseits bis dahin völlig unbekannten Jesus-Worten. Bei manchen
der neuen Aussprüche Jesu ist bis heute umstritten, ob darin Aussagen
des historischen Jesus von Nazareth bewahrt sind oder ob hier
gnostische Lehren Jesus in den Mund gelegt werden. Nach Lehre der
Gnosis sollte durch eine geistliche „Erkenntnis“ (Gnosis) Erlösung
von der materiellen Welt erlangt werden. In jedem Fall werfen das
Thomasevangelium und andere gnostische Schriften aus Nag Hammádi ein
neues Licht auf die Spielarten eines damals verbreiteten gnostischen
Christentums. Hatte man bis zu den Funden von Nag Hammádi die
gnostischen Lehren nur aus christlich-polemischen Schriften gekannt,
so lagen nun erstmals Originaldokumente dieser Lehre vor.
Was wiederum die Frage aufwirft: Warum wurden diese Schriften eines
alternativen Christentums nicht in den Kanon, das Verzeichnis der
biblischen Bücher, aufgenommen? Diesen und anderen Fragen geht der
Historiker und Archäologe Jeff Rose im zweiten Teil der „kreuz und
quer“-Dokumentation über die „Bibel-Jäger“ des 19. und 20.
Jahrhunderts von Tilman Remme (ORF-Bearbeitung: Rosemarie
Pagani-Trautner) am Dienstag, dem 16. August 2022, um 22.35 Uhr in
ORF 2 nach. Die Einsicht in die Vielfalt des frühen Christentums im
Ringen um die authentische Auslegung der christlichen Botschaft
verunsicherte viele Gläubige. Fragen nach der historischen
Glaubwürdigkeit der alttestamentlichen Geschichten und der
neutestamentlichen Jesus-Tradition führten, wie die Doku zeigt, zu
lebhaften Diskussionen. Auch wenn vieles davon heute als geklärt
gilt, bleibt die heikle Frage nach der göttlichen Inspiration
angesichts der keineswegs irrtumsfreien biblischen Autoren in der
Debatte um Bibelfundamentalismus bis heute ein wichtiges Thema.
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