Kinder- und Jugendhilfe brennt!
In der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) in Österreich ist nicht nur Feuer am Dach, es brennt bereits im Haus. Der Dachverband der österr. Kinder- und Jugendhilfe (DÖJ) schlägt Alarm.
Kinder- und Jugendhilfe ist gefährdet!
Schon in mehreren Bundesländern wurden Gefährdungsmeldungen beim öffentlichen Träger der KJH abgegeben. Als solche bezeichnet man eine Meldung an das Jugendamt, wenn das Wohl eines Kindes gefährdet erscheint. Nun wird die ganze KJH selbst als gefährdet gesehen, und zwar von den Einrichtungen der KJH bzw. von der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Anlass: Mehr und mehr Einrichtungen müssen geschlossen werden, weil das Personal das sinkende Schiff verlässt und es immer schwieriger wird, qualifizierte Mitarbeiter*innen zu finden. Immerhin leben 13.000 Kinder und Jugendliche laufend in sozialpädagogischen Einrichtungen oder Pflegefamilien statt in ihrer Herkunftsfamilie, weil dort der Kinderschutz nicht gewährleistet ist. In vielen Jugendhilfe-Einrichtungen sind die vorgesehenen Belegungen überschritten. Mehr und mehr Einrichtungen müssen gesperrt werden. Geplante Einrichtungen können nicht eröffnet werden.
Situation war noch nie so dramatisch
Sozialpädagogische Einrichtungen werden größtenteils von privaten Organisationen geführt, die sich im DÖJ zusammengeschlossen haben. Dieser Dachverband schlägt nun Alarm! Schutzbedürftige Kinder können nicht mehr aufgenommen werden. Selbst wenn die Qualitätsanforderungen an das fachliche Personal schon maximal reduziert wurden, können Personalabgänge kaum ersetzt werden. Die Teams sind unterbesetzt, die Fluktuation sehr hoch. Für die betreuten Kinder in Krisenzentren in Wien bedeutet das laut einer Aussendung der dortigen Kinder- und Jugendanwaltschaft z.B. „Matratzen auf dem Boden, fehlende Schreibtische zum Lernen und einen eklatanten Mangel an Platz, Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten, Kleinkinder neben psychiatrisch auffälligen Kindern oder delinquenten Jugendlichen“.
„Seit Bestehen des DÖJ haben wir die Situation noch nie so dramatisch gesehen. Der Kinderschutz kann unter diesen Bedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden“,
sagt Gerald Herowitsch-Trinkl, Obmann des DÖJ.
Gravierende Arbeitskräftemangel in der KJH
Ein schwerwiegender Arbeitskräftemangel gefährdet das System der KJH. Mitarbeiter*innen verlassen jene Bereiche, die am meisten persönlichen Einsatz fordern, aber gleichzeitig geringer bezahlt werden als z.B. bei beratenden Tätigkeiten. Die stationäre Unterbringung von gefährdeten Kindern und Jugendlichen ist ein Kernbereich des Kinderschutzes. Auch wenn die Kompetenzen für die KJH vor 2 Jahren bedauerlicherweise zur Gänze an die Bundesländer ausgelagert wurden, bleibt die Verpflichtung des Bundes, für angemessenen Kinderschutz in Österreich zu sorgen.
Inflation wird zum Brandbeschleuniger beim Kinderschutz
Nicht nur der Arbeitskräftemangel auch die galoppierende Inflation verschlimmert die Situation im Kinderschutz. Von der aktuellen Inflationswelle sind armutsgefährdete Familien und Kinder am stärksten betroffen. Der größte Teil der Kinder in der stationären Jugendhilfe kommt aus Familien mit prekären finanziellen Verhältnissen. Höherer Bedarf bei reduziertem Angebot führt zu einer veritablen Gefährdung des Kinderschutzes in Österreich. Diese "Kindesweglegung" des Bundes dürfte sich – wie bei der Corona-Krise – nun ein weiteres Mal rächen, zumal auch kein nationales Kinderschutzgesetz gegeben ist", warnt der DÖJ und fordert:
- Bundeseinheitliches Krisenmanagement in der Kinder- und Jugendhilfe
- Wiedereinführung eines Bundes-Kinder- und Jugendhilfe-Gesetzes.
- Bereitstellung von Bundesmitteln für die Kinder- und Jugendhilfe analog zum Pflege-, Behinderten- und Kindergartenbereich.
Rückfragen & Kontakt:
Dachverband Österreichischer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
Gerald Herowitsch-Trinkl
Obmann
0699/11888019
office@doej.at
oder
Roland Hammerschmid
Geschäftsführer "Antlas" Ges.m.b.H.;
Vorsitzender Dachverband NÖ Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
0676/88696-201
Roland.Hammerschmid@antlas.at