45 Prozent sehen EU als stark (2021: 20 Prozent) - 72 Prozent wollen global selbstbewusstere EU (2021: 82 Prozent) - Umfrage
„Heute ist kein Europatag wie jeder andere. Der russische Angriff auf die Ukraine lässt alte Gewissheiten bröckeln und sorgt für mehr Zusammenhalt, aber auch für große Sorgenfalten in Europa. Eine deutliche Mehrheit der Österreicher:innen wünscht sich, dass sich die EU global stärker positioniert, doch steigt auch die Zahl jener, die angesichts des volatilen geopolitischen Umfelds ihre Unsicherheit ausdrücken“, analysiert Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), das Ergebnis einer aktuellen ÖGfE-Umfrage, die von 2. bis 4. Mai online unter 500 Befragten österreichweit durchgeführt wurde.
39 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher halten es vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine eher für einen Vorteil, dass unser Land Mitglied der Europäischen Union ist. 23 Prozent empfinden dies dagegen als Nachteil, für 21 Prozent macht es keinen Unterschied. 17 Prozent können zu dieser Frage nicht Stellung beziehen. Im Sommer 2021 hatten – vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie – 46 Prozent der Befragten mehr Vorteile durch die EU-Mitgliedschaft gesehen, 22 Prozent registrierten damals mehr Nachteile, während ein Viertel keinen Unterschied ausmachen konnte. Die Zahl jener, die sich in dieser Frage unsicher waren und „weiß nicht“ antworteten, lag mit 7 Prozent deutlich unter dem aktuellen Wert.
„War bereits die Corona-Pandemie eine enorme gesellschaftliche Belastung, so ist der russische Angriff auf die Ukraine mit noch weiteren Verwerfungen verbunden, die die unmittelbare Sicherheit Europas – wohl auf Jahre hinaus – bedrohen können“, so Schmidt. „Österreich, dessen nationale Identität stark mit der heimischen Neutralität verbunden ist, ist gefordert, deutlich Stellung zu beziehen. Für viele ein Paradigmenwechsel, der nicht leichtfällt und insbesondere klare politische Strategien benötigt.“
Die Bewertung der Europäischen Union hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres – aufgrund des europäischen Krisenmanagements – jedenfalls deutlich verbessert. Heute sehen 45 Prozent der Befragten die Union als stark, 55 Prozent hingegen als schwach. Im April 2021 hatten nur 20 Prozent die EU als stark empfunden, 80 Prozent jedoch als schwach.
57 Prozent betrachten die EU aktuell als sozial, 43 Prozent als unsozial. Gegenüber 2021 ist die Zahl jener, die die Union als sozial empfinden, um 9 Prozentpunkte gestiegen.
„Die EU wird heute als stärker, aber auch als sozialer gesehen, als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Die geschlossene Reaktion auf den Ukraine-Krieg mit sechs Sanktionspaketen gegen Russland und entschiedene Corona-Maßnahmen – etwa die gemeinsame Impfstoffbeschaffung, massive Konjunkturprogramme sowie spezielle Hilfsschienen für besonders von der Krise Betroffene – zeigen hier Wirkung.“
Rückläufig – um 8 Prozentpunkte – ist die Zahl jener, die sich eine weltweite Vorreiterrolle der EU bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz wünschen. Aktuell halten dies insgesamt sieben von zehn Befragten für „sehr wichtig“ (41 Prozent) oder „eher wichtig“ (29 Prozent), während zwei von zehn dies als „eher nicht wichtig“ (13 Prozent) bzw. „gar nicht wichtig“ (7 Prozent) erachten und sich ein Zehntel der Meinung enthält.
72 Prozent sehen es als „sehr“ (39 Prozent) bzw. „eher wichtig“ (33 Prozent) an, dass die Europäische Union auf der Weltbühne selbstbewusster auftritt und sich global mehr einbringt, im April 2021 waren es 82 Prozent. Für 15 Prozent ist dieser Aspekt „eher“ (11 Prozent) oder „gar nicht wichtig“ (4 Prozent), was in etwa dem Meinungsbild vom Frühjahr des letzten Jahres entspricht. 13 Prozent geben keine Stellungnahme ab, was deutlich mehr ist als noch vor einem Jahr (5 Prozent).
„Der 24. Februar ist eine Zäsur und für das europäische Friedensprojekt die härteste Herausforderung seit ihrer Gründung“, meint Schmidt. „Umso wichtiger, dass die Union Europas hält und auch eine Mehrheit der Österreicher:innen für eine EU plädiert, die global selbstbewusst auftritt, effektiver entscheidet, Vorreiter im Klimaschutz ist und die Rechtsstaatlichkeit verteidigt.“
Drei Viertel der befragten Österreicher:innen halten es für „sehr“ (50 Prozent) oder „eher wichtig“ (26 Prozent), dass die EU nur aus Mitgliedstaaten bestehen sollte, die das Rechtsstaatsprinzip vollends einhalten. Vor einem Jahr waren 86 Prozent dieser Ansicht. Ein gutes Zehntel sieht dies – wie auch schon im Vorjahr – als „eher nicht“ (8 Prozent) oder „gar nicht wichtig“ (4 Prozent) an, 12 Prozent wollen oder können diese Frage nicht beantworten, eine Steigerung von 7 Prozentpunkten.
Etwa die Hälfte der Befragten (49 Prozent) ist der Überzeugung, dass es mehr gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene braucht, um die Herausforderungen anzugehen, denen die EU und Österreich gegenüberstehen (2021: 53 Prozent). Etwas mehr als Drittel (35 Prozent) sagt hingegen, dass die EU-Mitgliedstaaten öfter für sich selbst entscheiden sollten (2021: 38 Prozent). 16 Prozent beziehen hierzu keine Position (2021: 9 Prozent).
„Nichteinmischen ist in der aktuellen Situation keine Option. Dies sollte auch von der heimischen Politik, die manchmal den Eindruck erweckt, wir stünden nur an der Seite der EU und wären gar kein essentieller Teil davon, noch klarer kommuniziert werden“, so Schmidt. „Wenn keiner weiß, was morgen bringen wird, ist es mehr als verständlich, dass die Verunsicherung groß ist. Umso wichtiger ist jedoch gerade jetzt zu zeigen, dass das europäische Lebensmodell nur bestehen kann, wenn wir – solidarisch mit unseren Nachbarn – gemeinsam dafür einstehen.“
Hintergrund:
Die aktuelle Umfrage wurde von market (www.market.at) von 2. bis 4. Mai 2022 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden österreichweit 500 Personen online, österreichische Bevölkerung, 16 bis 80 Jahre, repräsentativ für Alter, Geschlecht, Region und Bildung. Maximale statistische Schwankungsbreite ca. +/- 4,48 Prozent. Vergleichsumfragen: market, online, 23.-26. April 2021, n=500 | market, online, Mai-Oktober 2021, n=5400 (max. stat. Schwankungsbreite +/- 1,36 Prozent). Rest auf 100 Prozent = „weiß nicht/Keine Angabe“. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte.
Rückfragen & Kontakt
Mag. Paul Schmidt
Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
E-Mail: paul.schmidt@oegfe.at
https://twitter.com/_PaulSchmidt
www.oegfe.at
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