AK-Analyse: Arbeitskräftemangel in Gastronomie und Hotellerie ist weitgehend hausgemacht
Linz (OTS) - Wenn es um den so genannten „Fachkräftemangel“ geht, gibt es kaum eine Diskussion oder einen Bericht in den Medien, ohne dass darin die Gastronomie- und Hotelbranche vorkommt. „Händeringend“ werde Personal gesucht und nur selten gefunden, so die Branchenvertreter/-innen. AK-Präsident Andreas Stangl hält dem entgegen: „Unsere Analyse zeigt, dass der Personalmangel weitgehend hausgemacht ist
.“
Die Knackpunkte, warum immer mehr Menschen erst gar nicht in der Branche arbeiten wollen oder ihr den Rücken kehren, sind klar erkennbar: Die Löhne und Gehälter liegen ebenso wie die Arbeitszufriedenheit weit unter den Werten anderer Branchen. Bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht hingegen ist die Gastrobranche Spitzenreiterin. Dazu kommt noch die höchste Quote an Lehrabbrüchen im Vergleich mit allen anderen Branchen: Insgesamt 44,6 Prozent der Lehrlinge in diesem Bereich brechen die Lehre vorzeitig (35 Prozent) ab, oder schließen nicht positiv ab.
„Anstatt diese Mängel Schritt für Schritt zu beheben, um am heimischen Arbeitsmarkt attraktiver zu werden, dehnt die Branche seit vielen Jahren ihre Personalanwerbung auf immer mehr ausländische Arbeitsmärkte auch außerhalb der EU aus. Die bestehenden Mängel werden so nur verfestigt: Drücken des Lohnniveaus, Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse und die Beibehaltung schlechter Arbeitsbedingungen
,“ sagt AK-Präsident Stangl. Als bequeme Ausrede für die hausgemachten Probleme dient der vermeintliche allgemeine „Fachkräftemangel“. Aber von den Rekrutierungsproblemen unattraktiver Betriebe auf einen generellen Fachkräftemangel zu schließen, ist falsch und verzerrt die Diskussion. Derzeit wollen 22 Prozent der Beschäftigten den Beruf wechseln, fast doppelt so viele wie in anderen Berufen (12,7 Prozent). „Nicht die Anwerbung neuer Arbeitskräfte, sondern das Halten bestehender Arbeitskräfte sollte in den Fokus rücken
“, so AK-Präsident Stangl. Anstatt Corona vorzuschieben, sollte die jetzige Situation zum Umdenken motivieren: „Am wichtigsten sind faire, gesunde und zufriedenstellende Arbeitsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten und längerfristige Perspektiven, angemessene Bezahlung und innovative Überlegungen, um die Branche attraktiver zu machen
,“ so Stangl.
Die Arbeiterkammer fordert:
- Bessere Entlohnung und Bedingungen im Bereich der Gastronomie und Hotellerie sowie faire, gesund und zufrieden haltende Arbeitsbedingungenbedingungen mit Entwicklungsmöglichkeiten und längerfristige Perspektiven für die Beschäftigten.
- Die 2018 erfolgten Gesetzesänderungen im Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz – insbesondere die vereinfachte Möglichkeit im Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe die tägliche Ruhezeit von zwölf auf acht Stunden zu verkürzen – sind zurückzunehmen und unter Einbindung der Sozialpartner/-innen neu zu gestalten.
- Keine Vermittlung des AMS in Betriebe mit systematischen Arbeitsrechtsverletzungen oder Anzeigen beim Arbeitsinspektorat.
- Unternehmen sollen im ersten Monat der Arbeitslosigkeit die Kosten für das Arbeitslosengeld übernehmen, um dem „Zwischenparken“ beim AMS entgegenzuwirken und somit Anreize für längere Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen.
- Verbesserung der Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit durch eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent.
- Qualitätssicherung in der dualen Lehrausbildung: Weg vom Gießkannenprinzip hin zur Förderung von Betrieben, die sozial benachteiligten Jugendlichen eine Chance geben, niedrige Lehrabbruchsquoten haben und qualitätsvoll ausbilden.
- Beschäftigung in Gastronomie und Hotellerie darf keine berufliche Sackgasse sein: Das AMS muss Wünsche von Arbeitsuchenden nach einem Berufs- oder Branchenwechsel ernst nehmen und unterstützen. Ein Wechsel muss akzeptiert werden ehe dauerhafte gesundheitliche Probleme entstanden sind, bzw. wenn sich die familiäre Situation grundlegend verändert hat.
Die ausführliche Presseunterlage finden Sie hier zum Download
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