- 28.04.2022, 12:32:14
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AK und ÖGB: „Reform der Ausländerbeschäftigung ohne Arbeitnehmer:innenvertretung ist Affront.“
Arbeitnehmer:innen-Vertretungen kritisieren fehlende Einbindung
Utl.: Arbeitnehmer:innen-Vertretungen kritisieren fehlende
Einbindung =
Wien (OTS) - Die Rot-Weiß-Rot Karte ist ein wichtiges Instrument,
um qualifizierten Arbeitnehmer:innen aus nicht-EU-Ländern das
Arbeiten in Österreich zu ermöglichen. Seit einigen Jahren gibt es um
die Reformierung der Karte öffentliche Diskussionen. Diese mündeten
nun in einem Gesetzesentwurf der Regierung. Dass bei einem für die
Arbeitnehmer:innen dermaßen relevanten Thema ihre Vertretungen im
Vorfeld nicht eingebunden wurden und mit der Abwicklung die klar den
Arbeitgebern zuzuordnende Austria Business Agency befasst wird, sehen
AK und ÖGB als Affront und völligen Bruch mit bisherigen Usancen.
„Das heikle Thema Ausländerbeschäftigung ohne Gewerkschaften und
Arbeiterkammer zu reformieren, ist ein Affront gegen die
Interessenvertretungen der arbeitenden Menschen in diesem Land“,
kritisiert AK Präsidentin Anderl. „Offensichtlich ist eine größere,
den Arbeitsmarkt betreffende Reform geplant. Gestern hat der
Arbeitsminister via Presseaussendung angekündigt, einen
Gesetzesentwurf in Begutachtung zu schicken. Es ist inakzeptabel,
dass die Arbeitnehmer:innenvertretung in diesen Prozess nicht
eingebunden war. Unsere Expert:innen sitzen auf einem großen Schatz
an Erfahrungen und Vorschlägen, die dieser Reform zuträglich gewesen
wären.“
„Positiv ist, dass die Situation für jene Menschen, die in
Österreich ein Studium absolviert haben, verbessert wird“, merkt
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian an. Der Verzicht auf eine
Entgeltschwelle stellt sicher, dass sie ihr erworbenes Wissen in
Österreich einsetzen und hier arbeiten können. „Unabdingbar dabei
ist, dass Kollektivverträge eingehalten werden und sie ein
branchenübliches Gehalt beziehen müssen“, betont Katzian. Dass die
Austria Business Agency, die de facto der Arbeitgeberseite
zuzurechnen ist, künftig an der Vollziehung der Rot-Weiß-Rot Karte
beteiligt sein soll, sieht der ÖGB-Präsident kritisch. „Die
Arbeitnehmer:innenseite ist hier unbedingt miteinzubeziehen, alles
andere wäre nicht nachvollziehbar“, fordert Katzian.
Irritierend ist auch die vorgesehene Möglichkeit für
Saisonarbeitskräfte, nach fünf Saisonen Arbeit in Österreich eine
Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten zu können: Das wird die Lage dieser
Arbeitnehmer:innen in der Realität nicht verbessern. Eine echte
Verbesserung für Stammsaisonarbeitskräfte wäre es, wenn diese einen
Aufenthaltstitel erhalten könnten, der ihnen – unabhängig von einem
Antrag und somit vom Goodwill ihrer Arbeitgeber – den Zugang zum
Arbeitsmarkt gestattet. Die vorgeschlagene Regelung würde das
theoretisch in sieben und praktisch erst in zehn Jahren vorsehen.
„Dazu kommt noch der unangenehme Beigeschmack, dass bei der
Entstehung des Entwurfs die Arbeitgeberseite vielleicht doch
beigezogen wurde: Die Neuerungen sind langbekannte Forderungen der
Arbeitgebervertretungen. Die Interessenvertretungen der
Arbeitnehmer:innen hier auszuschließen ist ein Bruch mit dem
österreichischen Modell der Sozialpartnerschaft“, schließt Anderl.
Für die Arbeiterkammer und ÖGB fehlen wesentliche Punkte zur Reform
der Rot-Weiß-Rot Karte:
+ Arbeitskräftemigration kann die nötigen Investitionen in Aus- und
Weiterbildung durch Unternehmen und öffentliche Hand nicht ersetzen.
In Fällen, in denen ein Fachkräftebedarf nicht aufgrund mangelnder
Ausbildung und schlechten Arbeitsbedingungen hausgemacht ist, kann es
trotzdem sinnvoll sein, Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland nach
Österreich zu holen: Dazu müssen aber zwei Punkte erfüllt sein:
+ Eine Klarstellung, dass eine Fachkraft zumindest über einen
Lehrabschluss verfügen muss.
+ Eine seriöse Bedarfserhebung, die zumindest Lohnentwicklung, Aus-
und Weiterbildungsverhalten des Betriebes, sowie Arbeitsbedingungen
berücksichtigt.
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