Wien (OTS) - Der ORF-Publikumsrat hat in seiner Plenarsitzung am
Donnerstag, dem 7. April 2022, unter dem Vorsitz von Mag. Walter
Marschitz, folgende Empfehlung einhellig angenommen:
Empfehlung des ORF-Publikumsrats zur gemeinsamen Sitzung mit den
Sozialpartnern
Der ORF-Publikumsrat begrüßt das bei der Sitzung vom 3. März 2021 von
den Sozialpartnern abgegebene starke Bekenntnis zur Bedeutung des ORF
für die Demokratie und für die Information möglichst aller
Bevölkerungsgruppen. Sachliche, objektive und ausgewogene Information
ist im Zeitalter von Fake News wichtiger denn je.
Wie die Sozialpartner unterstreicht auch der Publikumsrat die
Notwendigkeit einer raschen Digitalnovelle, damit der ORF auch
künftig seine Zielgruppen bestmöglich erreichen und die vielfältigen
Herausforderungen und Bedürfnisse besser abdecken kann. Insbesondere
geht es dabei um die Möglichkeit, eigene Inhalte für das Internet zu
entwickeln, den ORF-Player auszubauen, die Beschränkungen
hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit von Programmen aufzuheben
und dem ORF die Möglichkeit zu bieten, insbesondere junge Zielgruppen
auf jenen Plattformen zu erreichen, auf denen sie sich bewegen. Im
Interesse des Publikums und des Medienstandorts sind zudem kluge und
faire Kooperationen mit Privaten notwendig.
Wir befinden uns inmitten mehrerer großer Transformationsprozesse bei
der Bevölkerungsentwicklung, am Arbeitsmarkt, bei Digitalisierung und
Innovation, bei der Klimafrage, hinsichtlich des Land-Stadt-Gefälles,
der Medienentwicklung und der geo- und sicherheitspolitischen Lage.
Diese Veränderungsprozesse betreffen die gesamte Gesellschaft und
erfordern aktive Gestaltung. Sie verursachen auch viele
Zielkonflikte, wie sie beispielsweise gerade am Thema
Energieversorgung versus Klimaschutz deutlich werden.
Die Rolle des ORF ist es, diese Veränderungsprozesse zu begleiten,
sowie umfassend und gleichermaßen verständlich zu Hintergründen,
Ursachen, Lösungskonzepten, politischen Entscheidungen sowie
wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen zu informieren. Ein
modernes ORF-Angebot muss gleichzeitig alle benötigten sachlichen
Informationen liefern und emotional berühren. Neben tagesaktuellen
Informationen geht es darum, die Menschen bei ihren Ängsten und
Sorgen über die Zukunft abzuholen. Insbesondere die Jugend
interessiert sich für diese Zukunftsfragen, sie soll daher eine
zentrale Zielgruppe sein.
Der Publikumsrat unterstreicht insbesonders folgende Anregungen der
Sozialpartner und ersucht die Geschäftsführung, diese bei der
Gestaltung des Programmangebotes adäquat zu berücksichtigen:
• Die großen Zukunftsfragen, die mit ihnen verbundenen Herausforderungen und vor allem auch die dafür geeigneten Lösungen sollen stärker im Programm abgebildet werden, darunter Informationen über Bildungsangebote, neue Berufe, Technologien und Innovationen oder Problemlösungen rund um das Thema Klima. • Junge Menschen wollen nicht nur Betroffene der Umbrüche in Arbeitswelt und Gesellschaft sein, sie wollen mitbestimmen und die gesellschaftliche Debatte mitgestalten können. Dies soll auch in den Angeboten des ORF Berücksichtigung finden. • Ein zentraler Punkt für eine erfolgreiche Bewältigung der Zukunft ist die Bildung, die bereits bei der frühkindlichen Bildung beginnt. Schule, Ausbildung und Bildung generell sowie Arbeitswelt sollen prioritäre Themenbereiche bei der Programmgestaltung sein, um insbesondere jüngere Zielgruppen anzusprechen. • Eine stärkere Beachtung sollen dabei Lehrlinge und der Ausbildungsweg der Lehre erfahren. • Der ORF sollte einen Beitrag leisten, um die digitale Kompetenz zu stärken. Gerade für viele - im Besonderen junge – Menschen, die sich nicht mehr über klassische Medien informieren, sondern aus unterschiedlichen Kanälen aus dem Internet ist es wichtig, eine seriöse Quelle von einer nicht seriösen Quelle unterscheiden zu können. • Attraktive Informations- und Beteiligungsangebote müssen unterschiedliche Zielgruppen mitnehmen, auch benachteiligte Gruppen, z.B. mit schlechteren Sprachkenntnissen. Unterrepräsentierte Gruppen sollen dabei auch gezielt ins Rampenlicht gerückt werden. Auch Menschen mit Herkunft außerhalb von Österreich sollen bei der Themenauswahl, bei Beitragsgestaltung und Moderation in allen Formaten stärker berücksichtigt werden. • Information soll mit der Zielsetzung möglichst breite Bevölkerungsgruppen zu erreichen, so gestaltet werden, dass sie für alle annehmbar ist und man kein abgeschlossenes Studium braucht, um sie zu verstehen. • Insbesondere bei der Information über Zukunftsfragen und notwendige Verhaltensänderungen muss man aufpassen, dass man nicht zu „kopfig“ wird, sondern auch die Emotion anspricht. Verhaltensänderungen sind nicht ausschließlich eine Kopfsache. • Das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge soll nicht nur in Sonderformaten gefördert werden. Als Wirtschaft sollen dabei nicht nur Unternehmer und Betriebe, sondern auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstanden werden. Themen wie regionale Wirtschaftskreisläufe, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit sollen dabei mitberücksichtigt werden. • Der ORF soll die Kreativität und die Innovationskraft in Österreich fördern. Dabei soll es auch um die Darstellung der internationalen Herausforderungen in diesem Bereich gehen. Dies soll nicht nur in Spezialformaten, sondern breitenwirksam, leicht verständlich, spannend, interessant und aktivierend passieren • Angebote zur Orientierungshilfe, Service und Lebenshilfe, um den Alltag tatsächlich bewältigen zu können, sollen ausgebaut werden, um vor allem auch Jugendliche anzusprechen, die gerade ins selbständige Leben einsteigen. Dabei soll es beispielsweise auch um den Umgang mit Geld gehen. • Die Verunsicherung darüber, wie man in Zukunft arbeiten wird, wirft auch viele Fragen im Hinblick auf das Arbeitsrecht auf. Der ORF sollte überlegen, welche Ideen es gibt, um gut gestaltete arbeitsrechtliche Informationen vermitteln zu können. • Den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Stadt und Land soll im Programm Rechnung getragen werden. • Bei der Berichterstattung sollen die Sichtweisen der Betroffenen und insbesondere auch deren Interessensvertretungen in der Recherche in angemessener Weise berücksichtigt werden.
Das Angebot der Sozialpartner, bei manchen dieser Dinge ihr Wissen zu
teilen, gemeinsam zu arbeiten und insbesondere in der Bildungsfrage
zu jedem Schulterschluss bereit zu sein, sollte von der
ORF-Geschäftsführung jedenfalls aufgegriffen werden.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRF