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Ukraine-Krieg deckt Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft auf

BirdLife Österreich und Global 2000 fordern: Biodiversität und Umweltschutz dürfen nicht fragwürdiger Panikmache zum Opfer fallen!

Wien (OTS) - Infolge des Ukraine-Kriegs wird die dringend nötige EU-Pestizid-Richtlinie auf die lange Bank geschoben. Zusätzlich wird die Forderung laut, dass die ohnehin in sehr bescheidenem Ausmaß vorhandenen Ökologischen Vorrangflächen zumindest 2022 zur Getreideproduktion genutzt werden dürfen – diese Flächen sind im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) als „Greening“ seit langem eine Voraussetzung für den Erhalt der hohen „Direktzahlungen“.

Neben furchtbaren Folgen für die Zivilbevölkerung hat der Krieg in der Ukraine nicht zuletzt auch erhebliche Konsequenzen für den überregionalen Getreidemarkt und Handel mit Erdgas und Erdöl. EU-weit und auch in Österreich wird angesichts der Versorgungsengpässe die „vorübergehende“ Aussetzung von Regelungen zur Erhaltung und Verbesserung von Biodiversität, Boden, Wasser und Luft angestrebt, und für Pestizide möchten die EU und Österreich Tür und Tor öffnen.

Dabei landen in Österreich – ähnlich in der EU – vier von fünf Kilo Getreide nicht am Teller, sondern im Trog, im Tank und im Müll! Statt das zu ändern, möchte man jetzt auch noch wertvolle Natur in Form von Biodiversitätsflächen opfern. „In den letzten Jahren wurden ohnehin nur zaghafte Reformen hin zu einer ökologischeren Landwirtschaft beschlossen. Selbst diese minimalen Verbesserungen für ein Ernährungssystem mit Zukunft werden nun unter dem durchschaubaren Vorwand des Ukraine-Kriegs eingeackert. An den wirklichen Hebeln – Stichwort Futtermittel – wird nicht angesetzt”, so Brigitte Reisenberger, Landwirtschaftssprecherin der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.

Weiters wird mit Hilfe wissentlicher Fehlinformation suggeriert, dass die vergleichsweise winzigen zur Debatte stehenden Flächen – österreichweit reden wir von höchstens 90 km², weniger als 1 Prozent der Ackerbaufläche – die Bevölkerung vor Lebensmittelknappheit retten könnten. Dabei wird weit über die Hälfte des in der EU erzeugten Getreides an Nutztiere verfüttert, um Milch und Fleisch zu produzieren. Ein hoher Anteil geht in die Erzeugung von „Bio”-Treibstoff, und ein erheblicher Teil geht als vermeidbarer Lebensmittelabfall überhaupt verloren. „Es geht nicht um Natur ODER Ernährungssicherheit”, so Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich, „sondern um Natur UND Ernährungssicherheit. Natur- und Artenschutz sind kein Luxus, sondern bilden die Lebensgrundlage für unsere Zukunft!”

Ein gesunder Boden und eine reich strukturierte Landschaft mit bunten Hecken, Blühwiesen, Feldrainen und vielfältigen Ackerbrachen sind wichtige Voraussetzungen für landwirtschaftliche Produktion. Bestäuber wie Bienen, Hummeln und Schmetterlinge brauchen diese Lebensräume. Unzählige Tiere leben in diesen Flächen und halten die landwirtschaftlichen „Schädlinge” in Schach. Nur durch den Schutz der Biodiversität können wir auch die Ernährungssicherheit garantieren. EU-weit und auch in Österreich gehen besonders seit etwa 2005 die Ackerbrachen und mit ihnen auch Feldvögel wie Rebhuhn, Feldlerche und Grauammer stark zurück. Eine weitere Verringerung dieser ökologisch wichtigen Flächen könnte vielen Tierarten den Todesstoß versetzen – vor allem in jenen Intensivanbauregionen, wo nur wenige LandwirtInnen über das „Greening“ hinaus freiwillig und ÖPUL-gefördert zusätzliche Brachen und Blühstreifen anlegen möchten.

Der Hebel ist daher zweifellos anderswo, v.a. bei der Verringerung des Fleisch- und Milchkonsums, des energieintensiven Düngemitteleinsatzes sowie der Verschwendung von Lebensmitteln, anzusetzen, das fordern aktuell auch 640 WissenschafterInnen in einem offenen Brief. „Der vermeintliche Gewinn für die Lebensmittelerzeugung wäre durch die angepeilten Ausnahmeregelungen nur minimal, der Schaden für unsere eigene Lebensgrundlage und die unserer Mitbewohner jedoch immens“, appelliert Gábor Wichmann von BirdLife Österreich abschließend.

Rückfragen & Kontakt:

BirdLife Österreich
Dr. Susanne Schreiner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
0699 18155565
susanne.schreiner@birdlife.at
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