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Johannes Rauch zur Pandemiebekämpfung: Es braucht Balance und einen demokratischen Dialog in gegenseitigem Respekt

Der neue Sozial- und Gesundheitsminister stellt sich dem Nationalrat vor

Wien (PK) -  Er wisse um die unterschiedlichen Zugänge in der Pandemiebekämpfung, bitte aber um einen demokratischen Dialog, getragen von gegenseitigem Respekt, so Johannes Rauch, neuer Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz anlässlich seiner heutigen Vorstellung im Nationalrat. Die Pandemie sei nicht vorbei. Sein Credo in der Pandemiebekämpfung sei, so viele Maßnahmen wie nötig, so wenig wie möglich. Er wolle diese Balance halten und einen gesellschaftlichen Dialog führen, wie man mit den Fragen umgehe. Er unterstrich die Bedeutung der parlamentarischen Demokratie und versicherte, gerade auch in dieser Frage den Dialog mit den Parlamentsparteien führen und sie in die weiteren Entscheidungen einbinden zu wollen. Einen besonderen Dank richtete er an die SPÖ und an die NEOS, weil auch sie für die Impfpflicht gestimmt haben.

Rauch war heute am Vormittag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt worden und folgt in dieser Funktion dem zurückgetretenen Wolfgang Mückstein. Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler hoben die große  Erfahrung Rauchs hervor. Beide dankten auch Wolfgang Mückstein für dessen Einsatz und sein Bemühen um pragmatische Lösungen. Dass sich dieser vor allem auch wegen der Bedrohungen ihm und seiner Familie gegenüber aus dem Amt zurückgezogen hat, müsse zu denken geben, war der Tenor in vielen Redebeiträgen.

Die Opposition nützte die Debatte aber auch zu einer umfassenden Kritik an der Regierungspolitik. Der schnelle Wechsel von Kanzlern und MinisterInnen werde zur gefährlichen Normalität, meinte Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Die Koalition sollte sich eingestehen, dass sie nichts mehr zusammenbringt und den großen Aufgaben in Zeiten der Pandemie und eines Krieges in Europa nicht gewachsen ist.

Ein neues Gesicht werde nichts bringen, meinte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Den Ministerwechsel sieht er als einen Versuch, Zeit zu gewinnen. Er forderte Neuwahlen.

Rauch: Negative Folgen der Pandemie abfedern

Rauch betonte, dass er nicht nur Gesundheits- sondern auch Sozialminister sei. Ihm sei es daher auch wichtig, die sozialen Folgen der Pandemie abzufedern. Sie dürfe nicht zu einer Ausbreitung der Armut führen und Ungerechtigkeiten entstehen lassen.

Massiven Handlungsbedarf, und zwar seit Jahren, sieht der Minister vor allem in der Pflege, wobei er einräumte, dass durch die Zuständigkeiten der Bundesländer vieles komplizierter sei. Er wolle jedenfalls die notwendigen Entlastungsmaßnahmen auf den Weg bringen. Was die Unterstützung der Pflegebedürftigen betrifft, so habe sein Vorgänger bereits wesentliche Bausteine ausgearbeitet.

Rauch betonte zudem, dass er weiterhin den Gewaltschutz stärken wolle. Da auch der Tierschutz zu seinen Kompetenzen zählt, äußerte er sich dahingehend, dass er sehr wohl die Schmerzpunkte im Dialog mit der Landwirtschaft kenne.

Nehammer und Kogler betonen große Erfahrung von Minister Rauch

Bundeskanzler Karl Nehammer, der Rauch seit den Koalitionsverhandlungen kennt, attestierte ihm Empathie und fachliche Qualifikation. Er sei ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Sache, aber immer bereit, eine gemeinsame Lösung zu finden, sagte er. Rauch verfüge über Tiefgang und Weitblick und habe die Fähigkeit, Dinge auch zu benennen, würdigte Vizekanzler Werner Kogler den neuen Minister. Rauch kenne sowohl die Gemeinde-, als auch die Landes- und Bundespolitik und sei über die Grenzen hinaus vernetzt. Das sei vor allem im Gesundheitsbereich von großem Vorteil.

Koglers Dank galt auch Werner Mückstein, der vieles auf den Weg gebracht habe. So seien wichtige Bausteine für die Pflegereform gelegt worden. Kogler erinnerte auch an die 50 Mio. € für das neue Ausbildungssystem, an die Einrichtung der Community Nurses und den Ausbau der psychosozialen Betreuung, vor allem für Kinder und Jugendliche. Außerdem habe es für die unteren Einkommen zwei Teuerungsausgleiche gegeben, die Mindestpensionen seien deutlich erhöht worden, es gebe auch eine Dotierung für das Hospizwesen und die Palliativmedizin. Nicht unerwähnt lassen wollte Kogler die Beteiligung des Sozialministeriums an der Kampagne gegen die Gewalt an Frauen.

Besorgt äußerten sich Nehammer und Kogler darüber, dass Minister Mückstein und seine Familie Bedrohungen ausgesetzt waren. Wenn der Gesundheitsminister mit einer kugelsicheren Weste ins Auto steigen muss, dann stimme etwas nicht, sagte Kogler. Darüber dürfe man nicht schweigen, war er sich mit dem Bundeskanzler und Abgeordneten einig.

SPÖ kritisiert Pandemiemanagement scharf und fordert rasche Pflegereform

Rauch übernehme eine schwierige Aufgabe, sagte Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner und wünschte dem neuen Minister Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen. Eine der wichtigsten Aufgaben in der Pandemiepolitik werde eine seriöse Vorbereitung auf den Herbst sein. Rendi-Wagner kritisierte in diesem Zusammenhang die Aufhebung fast aller Maßnahmen trotz hoher Fallzahlen. Die Regierung sei mit dem Krisenmanagement überfordert, meinte auch Philip Kucher. Eva Maria Holzleitner regte darüber hinaus an, die 20.000 Long Covid-Betroffenen ernst zu nehmen und genügend Therapiemöglichkeiten zu schaffen.

Sowohl Rendi-Wagner als auch Kucher und Holzleitner sehen großen Handlungsbedarf im Sozialbereich, insbesondere bei der Pflege, bei den Pensionen und im Kampf gegen die Teuerung, wovon vor allem Frauen betroffen seien. Ihr Fraktionskollege Josef Muchitsch bat den neuen Sozialminister, alle Maßnahmen zu setzen, um die sozialen Auswirkungen der Corona- und der Ukraine-Krise auf die Menschen abzufedern. Verena Nussbaum sprach sich für eine kohärentere Strategie bezüglich der Pflegereform aus, bei der ihrer Meinung nach der übergeordnete Plan fehlt.

In diesem Sinn brachte Philip Kucher seitens seiner Fraktion einen Entschließungsantrag ein. Darin fordern die SozialdemokratInnen die Bundesregierung auf, sofort eine Pflegeoffensive zu starten und dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen zu übermitteln, mit der bundesweit einheitliche Zielsetzungen festgelegt werden, ein Pflegegarantiefonds für kostenfreie Pflegeleistungen geschaffen wird und ausreichend zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden. Ferner drängen sie auf den sofortigen Start einer Ausbildungsoffensive. Die derzeit laufenden Schulprojekte sollen in den Regelbetrieb übernommen werden. Außerdem soll die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe rasch umgesetzt und den Pflegekräften der Zugang zur Schwerarbeitspension eröffnet werden. Der Antrag erhielt jedoch nicht die erforderliche Mehrheit.

FPÖ fordert abermals Ende des Impfzwangs

Auch die Freiheitlichen äußerten sich negativ über die Pandemiepolitik der Regierung, jedoch mit anderen Vorzeichen. So forderte Klubobmann Herbert Kickl einmal mehr, mit dem Impfzwang endgültig Schluss zu machen. Zwei Jahre lang habe die Regierung die Grund- und Freiheitsrechte "zusammengestutzt", die Freiheit durch Zwang ersetzt und die Gesellschaft gespalten, so Kickl. Das alles unter Zuhilfenahme von Milliarden, ohne Effekt auf die Gesundheit.

Österreichs Gesundheitssystem steht in den Augen von Gerhard Kaniak heute deutlich schlechter da als vor der COVID-19-Pandemie, und das seien die Folgen der Maßnahmen der Bundesregierung und nicht des Virus. Daher benötige es einen Kurswechsel, durch den Kapazitäten im Gesundheitssystem wieder aufgebaut würden, verstärkt in die Ausbildung investiert werde und die Gesundheitsbehörden reformiert würden.

NEOS: Regierung stolpert bei großen Aufgaben nur dahin

Auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger sprach von einem "Dahinstolpern" der Bundesregierung bei großen Aufgaben. Sie forderte Leadership ein. Meinl-Reisinger verurteilte aber auch die verbale Gewalt gegenüber PolitikerInnen, die schon längst Grenzen überschritten habe.

Für den NEOS Gesundheitssprecher Gerald Loacker ist die Zusammenlegung von Gesundheits- und Sozialressort nicht fortsetzbar. Er forderte eine grundlegende Reform des Sozialsystems in Richtung zielgerichteter Ausgaben. Seine Fraktionskollegin Fiona Fiedler schlug einen Nationalen Aktionsplan zum Thema Frauengesundheit vor und sprach sich für eine bessere Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt aus.

ÖVP: In den letzten zwei Jahren ist in der Sozialpolitik viel geschehen

Auch Gabriela Schwarz thematisierte seitens der ÖVP das Bedrohungsszenario gegenüber PolitikerInnen. Sie appellierte, mehr Respekt und Toleranz zu wahren und vor allem im Zusammenhang mit COVID nicht die Worte "Zwangsregime" und "Diktatur" in den Mund zu nehmen.

Für Elisabeth Scheucher-Pichler ist vor allem die Sicherstellung der psychosozialen Versorgung erforderlich. Zudem sprach sie die Notwendigkeit der Pflegereform an, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und regte an, dass der neue Gesundheitsminister einen stärkeren Fokus auf die Behindertenpolitik legen sollte. ÖVP-Klubobmann August Wöginger betonte, auf den österreichischen Sozialstaat könne man stolz sein. In Richtung der SPÖ merkte er an, dass in den letzten zwei Jahren mehr für den Sozialbereich getan wurde, als in zehn Jahren sozialdemokratischer Verantwortung.

Grüne: Die großen Herausforderungen warten nicht

Die großen Herausforderungen im Gesundheits- und Sozialbereich warten nicht, umschrieb die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, die Erwartungen an Minister Rauch. Er sei besonnen, erfahren, weitsichtig und habe das Gemeinwohl im Auge, zeigte sie sich überzeugt, dass Rauch diese Aufgaben auch bewältigen wird.

Anlässlich des Frauentages hob Meri Disoski hervor, dass unter Minister Mückstein 700 Mio. € in die Arbeitsmarktstiftung geflossen sind, mit Schwerpunkt Frauen. Auch seien 50% der AMS-Mittel für Frauen vorgesehen. Sie wies zudem darauf hin, dass das Frauenbudget von 10 Mio. € auf 18,6 Mio. € erhöht worden sei und man über 24 Mio. € für das Gewaltschutzpaket zur Verfügung gestellt habe. Bedrana Ribo gab zu bedenken, dass die SPÖ über Jahrzehnte für den Pflegebereich verantwortlich gewesen sei und somit den jetzigen Pflegenotstand zu verantworten hätten. Die bisher von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen würden noch nicht reichen, jedoch sei man auch noch nicht fertig.

Susanne Raab: In der Frauenpolitik gibt es noch viel zu tun

In der Debatte meldete sich auch Frauenministerin Susanne Raab anlässlich des Frauentags zu Wort. Man sei auch in Österreich bei weitem nicht dort, wo man sein sollte, sagte sie. Wo die Gesellschaft steht, das sehe man an der Gleichstellung. Wichtig ist ihr deshalb, echte Wahlfreiheit für Frauen zu schaffen, und dazu gehört der Ausbau der qualitätsvollen Kinderbetreuung. Raab kritisierte auch die noch immer bestehende Gehaltsschere und meinte, man müsse aus der Ungerechtigkeit herauskommen. (Fortsetzung Nationalrat) jan/wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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