- 07.03.2022, 16:04:41
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Neues Buch von ÖÄK-Steinhart: „Medizin zwischen Bürokratie und Kommerz“
Ärztekammer-Vizepräsident warnt vor Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem, und wünscht sich ein Versorgungs-Upgrade und sachliche und kollegiale Diskussionen in der Ärzteschaft
„Für mich steht es außer Zweifel, dass durch die Corona-Krise und die damit einhergehenden Herausforderungen die kommenden Jahre für die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und für die Ärztinnen und Ärzte im Besonderen nicht einfach sein werden“, schreibt Johannes Steinhart, Obmann der Wiener Kurie und der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer in seinem neuen Buch „Medizin zwischen Bürokratie und Kommerz - Was wir erreicht haben, was sich ändern muss“. Mit seinen Analysen und Lösungsvorschlägen will Steinhart dazu beitragen, dass anlässlich der Ärztekammerwahlen 2022 „die standes- und gesundheitspolitischen Positionen meines Teams besser beurteilt werden können und sichtbar wird, welche Ziele wir auch weiterhin verfolgen.“
Einige der von ihm benannten Problemzonen:
Die Regierung werde die im Laufe der Pandemie ausgegeben Steuer-Milliarden wieder hereinspielen wollen: „Es muss verhindert werden, dass das auf dem Rücken der Gesundheitsversorgung und von uns Ärztinnen und Ärzten geschieht.“
Außerdem lässt die politisch abhängige Österreichische Gesundheitskasse, die über Geldmangel und Defizite klagt, öffentlich ihren Sparwillen erkennen. Steinhart: „Das lässt einiges befürchten, zum Beispiel, dass die exorbitanten Zusatzkosten der ‚Kassenreform‘ durch Einsparungen ausgeglichen werden sollen. Kassen sind aber keine Sparvereine, sondern für eine gute Gesundheitsversorgung zuständig.“
Es lobbyieren, nennt Steinhart ein weiteres Beispiel, immer mehr nichtärztliche Gesundheitsberufe gegenüber der Politik, um - oft fragwürdige oder ihre Kompetenz überschreitende - Gesundheitsleistungen anbieten zu dürfen. Steinhart: „Da geht es um Qualität und Patientensicherheit, aber auch der Verteilungskampf wird schärfer werden.“
Gefahr durch Polit-Gängelung, Kassen-Kontrollwut und Profitinteressen
Generell sieht Steinhart die ärztliche Freiberuflichkeit in Gefahr: „Gängelung durch die Politik, Kontrollwut der Kassenbürokratie und das Gewinnstreben von Konzernen, die längst an Privatisierungen im Gesundheitssystem arbeiten, wollen unsere Freiheiten und Spielräume einschränken. Es darf nicht sein, dass uns Nichtmedizinern vorschreiben, wie wir wann zu diagnostizieren und zu therapieren haben.“
Oft sei ist die Ärztevertretung die einzige Institution, die den Finger auf Wunden in der Versorgungsrealität legt, sagt Steinhart: „Ein Beispiel dafür ist der Ärztemangel. Inzwischen wurde dieses brisante Thema immerhin von einigen Politikern aufgegriffen.“ Es werde jedenfalls „kein Weg daran vorbeiführen, die Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu attraktivieren und international konkurrenzfähig zu machen, dass Jungärztinnen und -ärzte nicht abwandern.“
Versorgungs-Upgrade soll Gesundheitssystem resilienter für Krisen machen
Überzeugungsarbeit leisten will Steinhart auch bei einer zentralen Lehre aus der Coronakrise: „Wir haben gesehen, dass eine Versorgungsreserve ungemein wichtig ist, damit unser System für künftige Krisen resilienter wird. Das bedeutet mehr Ärzte, mehr Pflegekräfte, mehr Spitalsbetten, etc. Also ein Versorgungs-Upgrading, und eine klare Absage an das Credo mancher Gesundheitsökonomen, dass wir überausgestattet seien.“
Ambivalente Bilanz von Entscheidungen, Strukturen und Stakeholdern
„Leider ist meine Bilanz der Qualität gesundheitspolitischer Entscheidungen, aber auch der dahinterstehenden Strukturen und Stakeholder, mitunter recht ambivalent“, bilanziert Steinhart. „Es gibt also für uns Ärztinnen und Ärzte keinen Mangel an Herausforderungen, und wir müssen dazu beitragen, dass die gesundheitspolitischen Weichen richtig gestellt werden.“
Geschlossenes Auftreten der Ärzteschaft
Dabei helfe auch ein möglichst geschlossenes Auftreten der Ärzteschaft, das Gemeinsames über Trennendes stellt: „Das Bild, dass einige wenige Ärzte während der Corona-Krise geboten haben, war alles andere als optimal und von zum Teil unentschuldbar drastischen Anschuldigen und Vorwürfen geprägt. Es war dazu angetan, das Vertrauen unserer Patientinnen und Patienten zu erschüttern. Mäßigen wir uns also bei Worten und Taten, führen wir sachliche und kollegiale Diskussionen, und zerstören wir nicht unser Gesprächsklima.“
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