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Terror - eine besondere Form der Gewalt und ihre Folgen

32. Europäischer Tag der Kriminalitätopfer

  • Verbrechen hinterlassen Spuren. Lassen Sie uns gemeinsam an einer besseren Situation für die Opfer von Kriminalität arbeiten!
    Udo Jesionek, Präsident WEISSER RING
    1/11
  • Wir haben unsere Freiheit und Demokratie verteidigt – und wir werden das auch in der Zukunft tun.
    Gerhard Karner, Innenminister
    2/11
  • Es ist unsere Verantwortung und Aufgabe im Sozialressort, für die Betroffenen und Hinterbliebenen einzutreten und für ihre psychosoziale Betreuung und finanzielle Entschädigung Vorsorge zu treffen.
    Wolfgang Mückstein, Sozialminister
    3/11
  • Denn kein Opfer soll auf sich allein gestellt sein.
    Alma Zadić, Justizministerin
    4/11
  • Allen gemeinsam war die Erkenntnis, dass das Phänomen Terror in seinen Auswirkungen auf Betroffene – sowohl auf jene, die vor Ort zu Opfern werden, als auch auf Hinterbliebene – über das hinausgeht, womit Expert*innen in anderen Bereichen der Kriminalität konfrontiert sind.
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    5/11
  • Uns war von Anfang an wichtig, jene Menschen zu erreichen, die durch den Anschlag zu Opfern geworden sind
    Natascha Smertnig, Geschäftsführerin WEISSER RING
    6/11
  • Der Rechtsstaat ist in Bezug auf Terroropfer in besonderer Weise gefordert die Möglichkeiten zu schaffen, dass diese Hilfe und Unterstützung erhalten und ihre Verfahrensrechte tatsächlich ausüben können.
    Lyane Sautner, JKU Linz
    7/11
  • Terrorism can change victims' lives forever in the blink of an eye.
    Antony Pemberton, Tilburg Law School
    8/11
  • Es ist meine Überzeugung, dass dieser Abend bei jedem von uns Spuren hinterlassen hat.
    Eva Nebesky, Polizeiinspektion 1., Brandstätte
    9/11
  • Dabei zeigt sich deutlich, dass die durch einen Terroranschlag erlebte Belastung eine andere Qualität und auch ein anderes Ausmaß hat als bei den meisten anderen Fällen von situativer Gewalt
    Tobias Körtner, WEISSER RING
    10/11
  • Es bleibt herausfordernd, Kriterien für die Bemessung von Entschädigungen für Opfer von Terror in Österreich herauszuarbeiten und aus den Erkenntnissen dieses Projekts Vorschläge für die Evaluierung bestehender Gesetze wie des Verbrechensopfergesetzes zu erarbeiten.
    Christine Tinzl, WEISSER RING
    11/11

Wien (OTS) - WEISSER RING und Bundesministerium für Inneres organisierten zum mittlerweile zwölften Mal ein gemeinsames Symposium. Ausgehend vom Terroranschlag vom 2.11.2020 beleuchteten die Vortragenden die rechtliche, psychische und finanzielle Situation von Opfern von Terrorismus sowie die Besonderheiten der Opferarbeit nach einem Terroranschlag und zeigten auf, welche Erkenntnisse sich aus den Erfahrungen für die Zukunft ziehen lassen.

Udo Jesionek, Präsident WEISSER RING, thematisierte die Opferdefinition im Zusammenhang mit einem Terroranschlag ebenso wie die Verantwortung des Staates und die gesetzliche Verankerung entsprechender Maßnahmen und Hilfeleistungen. Er schloss mit einer Liste an Verbesserungsvorschlägen sowie dem Appell: „Verbrechen hinterlassen Spuren. Lassen Sie uns gemeinsam an einer besseren Situation für die Opfer von Kriminalität arbeiten!

Innenminister Gerhard Karner verwies in seiner Begrüßung darauf, dass Extremismus, ohne Unterschied ob politisch oder religiös motiviert, zu den aktuellsten Bedrohungen für die Sicherheit der Menschen in Österreich gehöre. Das Ziel von Terror und Hass sei, die Gesellschaft zu spalten, „und dieses Ziel haben wir nach diesem 2. November nicht zugelassen. Wir haben unsere Freiheit und Demokratie verteidigt – und wir werden das auch in der Zukunft tun.“ Karner verwies auf das Anti-Terrorpaket in der Höhe von 500 Millionen Euro sowie auf den inzwischen abgeschlossenen Umbau des Verfassungsschutzes. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst habe mit 1. Dezember 2021 ihre Arbeit aufgenommen.

Sozialminister Wolfgang Mückstein stellte klar, dass keine einzige Maßnahme das Leid und den Verlust der Betroffenen ungeschehen machen könne: „Als verantwortlicher Sozialminister liegt mir jedes einzelne Schicksal von Opfern einer Straftat oder eines Anschlages am Herzen. Es ist unsere Verantwortung und Aufgabe im Sozialressort, für die Betroffenen und Hinterbliebenen einzutreten und für ihre psychosoziale Betreuung und finanzielle Entschädigung Vorsorge zu treffen." Darüber hinaus nahm der Sozialminister in seiner Grußadresse Bezug auf die bereits begonnene Evaluierung des Verbrechensopfergesetzes und dankte dem WEISSEN RING für die Arbeit am Terroropfer-Fonds.

Justizministerin Alma Zadić bekräftigte in ihrer Grußbotschaft: "Wir müssen Opfer von Straftaten stärker bei der Durchsetzung Ihrer Rechte unterstützen. Deswegen werde ich auch weiterhin die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung stärken. Denn kein Opfer soll auf sich allein gestellt sein."

Die radikale Einsamkeit der Opfer

Die Fachveranstaltung spannte den Bogen von den rechtlichen Rahmenbedingungen im europäischen Kontext über die ganz konkrete Arbeit mit Betroffenen bis hin zu internationalen Forschungsergebnissen. Allen gemeinsam war die Erkenntnis, dass das Phänomen Terror in seinen Auswirkungen auf Betroffene – sowohl auf jene, die vor Ort zu Opfern werden, als auch auf Hinterbliebene – über das hinausgeht, womit Expert*innen in anderen Bereichen der Kriminalität konfrontiert sind.

Natascha Smertnig, Geschäftsführerin WEISSER RING, schilderte die Schritte, die der WEISSE RING unmittelbar nach dem Anschlag unternahm, sowie die Entwicklung des Terroropfer-Fonds und präsentierte erste Erkenntnisse aus der hier geleisteten Pionierarbeit. „Uns war von Anfang an wichtig, jene Menschen zu erreichen, die durch den Anschlag zu Opfern geworden sind“, betonte Smertnig. „Sie brauchen eine Anlaufstelle, an die sie sich vertrauensvoll wenden können. Viele leiden bis heute an den Folgen des Erlebten.“

Lyane Sautner, JKU Linz, beleuchtete - ausgehend von der EU-Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie von der EU-Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung - die Stellung von Terroropfern im österreichischen Strafprozess. Sie stellte zusammenfassend fest: „Der Rechtsstaat ist in Bezug auf Terroropfer in besonderer Weise gefordert die Möglichkeiten zu schaffen, dass diese Hilfe und Unterstützung erhalten und ihre Verfahrensrechte tatsächlich ausüben können.

Antony Pemberton, Tilburg Law School, forderte dazu auf, das Erleben der Opfer von Terror ernst zu nehmen: „Terrorism can change victims' lives forever in the blink of an eye. Supporting victims to rebuild their lives is a much longer and difficult process, but it is one to which we all should be committed.” Pemberton führte ausgehend von den von ihm mitverfassten Memoiren “A victimless crime? A narrative on victims of terrorism to build a case for support” von Laura Dolci Kanaan aus, was das Erleben schwerer Gewalt bewirkt. Es führt zu einem Bruch in der Biographie des Opfers und bewirkt in letzter Konsequenz ein Gefühl der radikalen Einsamkeit (“radical lonliness”), lässt Betroffene den Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld verlieren. Unterstützung für Opfer von Terror bedeute, ihnen dabei zu helfen, dem Erlebten Sinn zu geben und den Austausch mit ihrem sozialen Umfeld wieder herzustellen.

Eva Nebesky, Polizeiinspektion 1., die zum Zeitpunkt des Anschlags im Streifendienst mit dem Funkwagen unterwegs und damit unter den ersten Polizist*innen vor Ort war, bot in ihrem Vortrag Einblick in den Ablauf des Abends. Sie schilderte den unglaublichen Zusammenhalt, der an diesem Abend spürbar war und brachte ihre Bewunderung für all jene Betroffenen zum Ausdruck, die ausharrten, bis die Rettung hinzugezogen werden konnte und bis sie schließlich sicher nach Hause durften. Abschließend hielt Nebesky fest: “Es ist meine Überzeugung, dass dieser Abend bei jedem von uns Spuren hinterlassen hat. Bei manchen sind diese Spuren nur oberflächlich und vielleicht schon verblasst, bei anderen haben sie tiefe Abdrücke hinterlassen. Deshalb denke ich, dass alle Menschen, welche davon persönlich betroffen waren, die Art und den Umfang an Betreuung bekommen sollten, den sie für sich benötigen.”

Christine Tinzl und Tobias Körtner, WEISSER RING, vermittelten in ihrem Vortrag einen Eindruck davon, welche Möglichkeiten den Betroffenen nach dem Terroranschlag von Wien zur Verfügung stehen. Die Opferhilfe-Einrichtung war und ist erste Anlaufstelle für die Opfer des Anschlags. Die möglichen Hilfestellungen reichen von den allgemeinen Angeboten der Opferhilfe über die Beratung nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) bis hin zur Betreuung im Rahmen des Terroropfer-Fonds. Dabei zeigt sich deutlich, dass die durch einen Terroranschlag erlebte Belastung eine andere Qualität und auch ein anderes Ausmaß hat als bei den meisten anderen Fällen von situativer Gewalt, wie Körtner ausführte. Darüber hinaus hinterlässt das Geschehen auch Spuren bei den psychosozialen Berater*innen, die mit einer großen Zahl an ähnlichen Schilderungen konfrontiert sind. Dadurch entsteht ein teilweise sehr dichtes, detailliertes Bild der schrecklichen Ereignisse in der Beratung.

Der internationale Vergleich zeigt, dass es – auch innerhalb der EU – sehr große Unterschiede gibt, welche Leistungen Opfer von Terror jeweils erhalten und von wem sie erbracht werden. Damit stellt die Arbeit des Terroropfer-Fonds und des WEISSEN RINGS nicht nur für Österreich Pionierarbeit dar. Christine Tinzl: “Es bleibt herausfordernd, Kriterien für die Bemessung von Entschädigungen für Opfer von Terror in Österreich herauszuarbeiten und aus den Erkenntnissen dieses Projekts Vorschläge für die Evaluierung bestehender Gesetze wie des Verbrechensopfergesetzes zu erarbeiten.

Verbesserungsvorschläge

  • Kommunikation einer zentrale Tel.-Nr. als Anlaufstelle
  • Vollständige Umsetzung der EU-Opferschutz-Richtlinie
  • Verankerung der Opfer-Definition im Zusammenhang mit Terror im Verbrechensopfergesetz (VOG)
  • Evaluierung der Höhe der im VOG vorgegebenen Entschädigungen

Beiträge bis 8. März online verfügbar

Abstracts der Fachvorträge zum Nachlesen

Rückfragen & Kontakt:

WEISSER RING
Mag.a Brigitta Pongratz
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