- 17.02.2022, 22:00:32
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Analyse "Wissenschaft als Missbrauchsgegenstand" vom 18. Februar 2022 von Karin Leitner
Innsbruck (OTS) - Von Karin Leitner
Es war ein Stilwechsel. Ein bewusster. Ob der Kritik, dass sich
Kanzler Sebastian Kurz als Virologe geriere, betonte sein
ÖVP-Nachnachfolger Karl Nehammer bei jeder Gelegenheit, dass die
Regierung auf den Befund der Expertinnen und Experten hören werde. Es
war eine Beteuerung.
Vergangenen Montag tat ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek kund,
dass Volksschüler auf dem Sitzplatz keine Masken mehr tragen müssen.
Ab 21. Februar gilt das für Kinder und Jugendliche aller Schultypen.
Auf dem Rat von Fachleuten fußte diese Entscheidung nicht, es war
eine politische. Kaum war sie publik, meldeten sich Kundige – nicht
in Polascheks Sinne. Selbst drei der von den Koalitionären bestellten
Mitglieder der Gecko-Kommission – Rotkreuz-Kommandant Gerry Foitik,
der Simulationsexperte Niki Popper und der Virologe Andreas
Bergthaler – monierten diese Lockerung. Das taten auch andere
Fachleute, etwa der Virologe Florian Krammer und der Epidemiologe
Gerald Gartlehner. Vorbehalte kommen auch jetzt, nach dem für 5. März
verkündeten Aus für das Gros der Corona-Schutzmaßnahmen, etwa von
Dorothee von Laer von der Uni Innsbruck. Bergthaler verhehlt seinen
Unmut erneut nicht: Werde Expertise eingeholt, sollte kommuniziert
werden, was empfohlen worden ist. Konstatierten Wissenschafter, es
sei links abzubiegen, die Regierung biege aber rechts ab, sei das
deren Verantwortung; transparent habe das zu sein. Selbst Katharina
Reich, Leiterin der Gecko-Kommission, ist das Unbehagen anzusehen.
Ja, das Sagen haben türkis-grüne Politiker. Diese haben aber auch
andere Motive für ihr Handeln als Bergthaler und Co.: Was kommt gut
an? Wie bieten wir Schwurblern von FPÖ und MFG Paroli, im Vorfeld von
Gemeinderats- und Landtagswahlen? Auch insofern ist kurios, dass
ÖVP-Ministerin Elisabeth Köstinger Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael
Ludwig via TV ausrichtet, „Expertenmeinungen zu folgen“. Sie und die
Ihren tun das nicht. Und so ist zu fragen: Wie lange spielen
Wissenschafter da noch mit?
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