• 02.01.2022, 11:07:17
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Thomas Stipsits auf Ö3 über Burn-out und Auftritts-Angst: „Was ich am meisten liebe, davor habe ich am meisten Angst.“

Wien (OTS) - Er hatte sich bewusst entschlossen, mit seiner
Geschichte in die Öffentlichkeit zu gehen. Kabarettist Thomas
Stipsits erzählte heute im Ö3-„Frühstück bei mir“ erstmals
ausführlich über psychische Erkrankungen als Hintergrund seiner
viermonatige Bühnen-Pause: „Ein wesentlicher Grund war, Menschen,
denen es ähnlich geht, Mut zu machen, weil das ist der Beginn der
Heilung. Auch etwas zu teilen. Ich habe eine sechswöchige Reha für
psychosomatische Störungen gemacht, da habe ich viele Dinge gelernt,
die man einfach in den Alltag integrieren kann. Es war mir ein
Bedürfnis, das mit Menschen zu teilen. Weil ich es wichtig finde,
dass wir psychische Erkrankungen genauso wertig behandeln wie
physische Erkrankungen.“

Ein Burn-out hatte er als Grund für seinen Rückzug im September in
seinem Facebook-Video genannt, im Ö3-Gespräch ging er ins Detail:
„Burn-out ist ja immer verbunden mit sehr vielen anderen Dingen. Bei
mir ist es die Angst und Panik, die gehen oft über in eine
Depression.“ Im Alter von 25 Jahren hatte er bereits ähnlichen
Zustände: „Deshalb habe ich gewusst, dass es jetzt Zeit ist, die
Reißleine zu ziehen.“ Warum es jetzt, 13 Jahre danach, wieder zu dem
Rückfall gekommen ist, wurde er von Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl
gefragt. Stipsits dazu: „Wenn man mit Angst und Panik zu tun hat, ist
es in den meisten Fällen etwas, das einen ein Leben lang begleitet.
Ich habe zu viel gearbeitet, ein Erschöpfungszustand ist auch ein
guter Humus, auf dem sich die Panikattacke einnisten und wachsen
kann. Und ich habe den Fehler gemacht, mich nicht gut abzugrenzen von
Menschen beruflicher Natur, die mir nicht gut tun und dann hat es so
schleichend begonnen.“ Ein Hörsturz vor einem Jahr war bereits ein
Anzeichen, dann kamen zunehmend Angstzustände. Stipsits weiter auf
Ö3: „Gegipfelt hat es dann im Juli bei einer Vorstellung im ‚Theater
im Park‘. Zuerst ging alles gut. In der zweiten Hälfte der
Vorstellung ist der Boden unter meinen Füßen plötzlich weich geworden
und dann kam eine Panikattacke daher, wie vor 13 Jahren das letzte
Mal. Dann hatte ich kurz den Gedanken es rennen alle Leute auf die
Bühne und trampeln mich tot. Zum Glück hat das niemand gemerkt. Es
war ein furchtbarer Zustand, Gott sei Dank hatte ihn niemand bemerkt.
Ich wurde heimgebracht, hatte dort den vollkommenen Zusammenbruch mit
Weinkrämpfen und war völlig fertig.“ Dann ging Stipsits auf Urlaub in
Griechenland, davon zurückkommend war ihm klar: „Ich muss alle
Vorstellungen absagen. Es ist ja so absurd: Was ich am meisten liebe,
davor habe ich am meisten Angst.“

Ein kompletter Rückzug, sechs Wochen lang im Rehabilitationszentrum
für psychische Gesundheit, hätten ihm besonders geholfen, erzählte
Stipsits auf Ö3. „Das war die Idee meiner Frau. Sie sagte: Geh doch
wohin, wo du dich ganz mit deiner Heilung beschäftigen kannst.“ Was
man dort lernt ist ein sehr strukturierter Tagesablauf, man kommt
drauf wie wichtig das ist. Ich habe dort die unterschiedlichsten
Therapieformen gemacht, auch Psychotherapie in der Gruppe. Davor
hatte ich am Anfang Respekt, weil natürlich kennen mich die Leute.
Aber das ist schnell verschwunden, nach ein paar Tage haben sich alle
beruhigt: ‚Ja, er ist es wirklich.‘ Man zieht ja an einem Strang.
Natur war auch ganz wichtig. Dann habe ich auch getöpfert, das hatte
ich am Anfang belächelt, war aber eines meiner Favoriten. Dieses
konzentrierte Arbeiten an einer Sache hat mir geholfen. Es geht
darum, dass man wieder im Hier und Jetzt ankommt. Dass man sich
selber wieder spürt.“ Seine Frau, Schauspielerin Katharina Strasser
habe ihn im allem „großartig unterstützt. Für die Kinder war es
natürlich schwierig, sechs Wochen war ich nicht da. Emil hat es mit
sieben Jahren schon verstanden: Papa ist im Krankenhaus, dem geht es
nicht gut. Aber wir haben viel geskypt.“

Im neuen Jahr wurden Spieltermine reduziert, Ende Februar erscheint
der neue Stinatz-Krimi „Eierkratz-Komplott“, den der Bestseller-Autor
während seiner Bühnen Pause geschrieben hat. Mit der Auftritts-Angst
könne Thomas Stipsits mittlerweile gut umgehen: „Die Angst hat bei
mir einen Namen, das ist der Herr Huber, und ich sage ihm einfach vor
jedem Auftritt: ‚Huber, du bist jetzt nicht eingeladen.‘“ 2022 blickt
der Bühnen-Star also positiv entgegen: „Weil ich die Dinge, die ich
gelernt habe, mitnehmen werde. Ich werde mich abgrenzen. Ich werde
Nein sagen und ich werde Menschen meiden, die mir nicht guttun. Auf
das freue ich mich. Wenn man etwas umsetzt, das man gelernt hat, sind
das kleine persönliche Erfolgserlebnisse.“

Ö3-„Frühstück bei mir“ – das große Interview der Woche,
Persönlichkeiten ganz persönlich – jeden Sonntag von 9.00 bis 11.00
Uhr im Hitradio Ö3 und zum Nachhören auf https://oe3.ORF.at.

Fotos vom Ö3-„Frühstück bei mir“ (© Hitradio Ö3/Martin Krachler):
https://cloud.orf.at/index.php/s/BQqE8GnfnpFL7iG

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