Wien (OTS) - Der klingende Name Rothschild steht für eine der
mächtigsten Bankiersfamilien des 19. Jahrhunderts. Aufstieg, Erfolg
und Tragödie der einflussreichen Dynastie stehen repräsentativ für
das Schicksal vieler wohlhabender jüdischer Familien in der Zeit vor
dem Zweiten Weltkrieg. „Sie sind eine Familie, die es geschafft hat“,
formuliert der Kulturwissenschafter und Judaist Klaus Davidowicz.
Kaum bekannt sind die wahren Umstände, die zum Reichtum der
Rothschilds führten, wie sich die Familie aus dem Frankfurter Ghetto
emporarbeitete und nach London, Paris, Wien und Neapel expandierte.
Das Bankgeschäft blieb zwar exklusiv den Männern vorbehalten,
trotzdem waren auch weibliche Familienmitglieder erfolgreich,
einflussreich und mächtig. Dementsprechend entfaltet das neue
„Universum History“-Dokudrama die Saga der Dynastie aus der
historischen Perspektive einer Frau: Miriam Rothschild. Sie war eine
bekannte Wissenschafterin des 20. Jahrhunderts. Regisseur Klaus T.
Steindl hat die historische Figur fiktionalisiert (verkörpert von
Alina Fritsch). In „Die Rothschild-Saga – Aufstieg, Glanz,
Verfolgung“ geht Miriam vor dem Hintergrund der Verfolgung durch den
Nationalsozialismus am Dienstag, dem 21. Dezember 2021, um 22.35 Uhr
in ORF 2 den Ursprüngen der Familiengeschichte auf den Grund. „Die
Rothschild-Saga“ – eine Koproduktion von ORF und Metafilm, ZDF-ARTE,
FFW, Fernsehfonds Austria, Land Niederösterreich, Cine Art und VAM –
ist die Geschichte von Aufstieg, Emanzipation und Glanz, aber auch
von Diskriminierung, Isolation und Ausbeutung.
Kaum ein Name wird so sehr mit Reichtum in Verbindung gebracht wie
„Rothschild“. Er steht als Synonym für Erfolg und Luxus. Gleichzeitig
stellt er eine Zielscheibe für Hetzkampagnen dar, ist Anlass für
Verschwörungstheorien und antisemitische Stereotype – bis heute.
Klaus Davidowicz bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Weil sie
Juden sind, sind sie verdächtig.“
Die Geschichte der Rothschilds beginnt im Frankfurter Ghetto. Hier
wächst Mayer Amschel Rothschild auf – Mitte des 18. Jahrhunderts
drängen sich dort fast 3.000 Menschen unter schlimmsten hygienischen
Bedingungen, umgeben von einer Mauer. Wer kann, der geht – doch ein
Entkommen ist fast unmöglich. 1756 bekommt der zwölfjährige Mayer
Amschel seine große Chance. Bei jüdischen Bekannten der Familie soll
er einen der wenigen Berufe erlernen, die Juden erlaubt sind: Händler
mit antiken Münzen. Er arbeitet sich zum Fürstlichen Hoffaktor des
wohlhabenden Fürsten Wilhelm I. von Hessen-Kassel empor. Als er genug
Kapital erwirtschaftet hat, beginnt er mit Bankgeschäften. 1770
heiratet er Gutle Schnapper, Tochter einer vermögenden jüdischen
Familie. Mit dieser Verbindung startet vor rund 250 Jahren der
Aufstieg der Dynastie. Von den 19 Kindern, die Gutle zur Welt bringt,
überleben fünf Mädchen und fünf Buben. Diese Familie wird in Zukunft
eisern zusammenhalten, auch wenn die Mitglieder über ganz Europa
verstreut leben werden. 1811 überweist Mayer Amschel Rothschild eine
erhebliche Summe an das Großherzogtum Frankfurt – im Gegenzug erhält
die jüdische Gemeinde ein „Emanzipationsedikt“. Es gewährt Juden und
Jüdinnen die Bürgerrechte. Mayer Amschel Rothschild hat seinen
Lebenstraum erfüllt: Jüdische Menschen sind nun frei und dürfen das
Ghetto verlassen. Seine Erfolgsgeschichte setzen seine fünf Söhne
nach seinem Tod fort: in Wien, London, Paris, Neapel und Frankfurt.
Ihr Geschäftsmodell ist die Finanzierung von Staaten. Die fünf
Töchter werden in die Bankgeschäfte nicht eingebunden – wie von Mayer
Amschel verfügt – und gründen eigene Familien. Das Bankhaus bleibt
eine Einheit, die Filialen sind auf dem gesamten Kontinent verteilt –
die Grundlage für viele Verschwörungstheorien, die bis heute befeuert
werden. Im März 1938 ist die Rothschild-Dynastie immer noch über ganz
Europa verteilt.
Miriam Rothschild vom englischen Zweig der Familie ist die zentrale
Figur in Klaus T. Steindls Dokudrama über „Aufstieg, Glanz und
Verfolgung“. In Ashton Wold, einem luxuriösen Anwesen nahe London,
hat die junge Biologin eine Insektenforschungsstation eingerichtet.
In den Tagen zuvor sind deutsche Truppen in Österreich einmarschiert,
nun als „Ostmark“ Teil des Deutschen Reichs. Damit gelten auch hier
die rassistischen und antisemitischen Nürnberger Gesetze. Wie allen
Menschen jüdischer Herkunft drohen auch den Wiener Rothschilds
Verfolgung, Vertreibung, Verhaftung, Tod.
Louis Nathaniel Rothschild schafft es nicht rechtzeitig, Österreich
zu verlassen. Über ein Jahr lang sitzt er in Einzelhaft in der
Gestapo-Zentrale am Wiener Morzinplatz. Die Nazis halten ihn so lange
fest, bis sie ihm sein gesamtes Vermögen abgepresst haben. Offiziell
musste die Familie 21 Millionen Reichsmark überweisen. Das gesamte
restliche Vermögen wird unter dem Stichwort „Arisierung“
beschlagnahmt. Es ist das Ende der Wiener Linie der Rothschilds.
Regisseur Klaus T. Steindl lässt Miriam Rothschild die Geschichte
ihrer Familie recherchieren und rekonstruieren – von den Anfängen im
Frankfurter Ghetto bis zur Vertreibung des letzten Wiener Rothschilds
Louis Nathaniel durch die Nazis –, ins Bild gesetzt durch eine
spannende Verwebung von dokumentarischem Material, Interviews mit
Experten und Expertinnen wie dem Kulturwissenschafter Klaus
Davidowicz oder der Philosophin Lisz Hirn sowie stimmig umgesetzten
Spielszenen.
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