Innsbruck (OTS) - Dass auch in betont ländlich geprägten Dörfern ein
Bauernhof vornehmlich als Betrieb zu sehen ist, zeigen
Gerichtsurteile nach einer Anrainerklage. Gegenseitiges Verständnis
würde ortsübliches Handeln aber wohl am besten definieren.
Auch der stolze Tiroler Bauernstand ist mittendrin im
gesellschaftlichen Wandel. Änderungen gehen da mit traditionellem
Denken einher. Waren einzelne Bauernhöfe früher oft zentrale Schnitt-
und Einflusszentren in Dörfern, hat sich diese Position in Richtung
landwirtschaftlicher Betrieb verändert. Auch bei Lärmquellen
betrachten Anrainer von Höfen deshalb normale Betriebe heutzutage als
Maßstab und klagen (früher geradezu undenkbar) gegen ungebührlichen
Lärm von Gockel, Kuh, Traktor & Co. Die Wahrnehmung zu diesen
Geräuschquellen hat sich verändert. Was früher in ländlichen
Gemeinden noch generell als ortsüblich galt, wird heute mit Hinweis
auf das Landespolizeigesetz als ungebührlicher Lärm oder im Sinne des
Nachbarschaftsrechts als ortsunübliche Nutzungsbeeinträchtigung des
Grundstücks gesehen.
Ein rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts zeigt nun über zwei
Instanzen, dass sich im Ortskern situierte Landwirte ebenso an die
Grundregeln des Zusammenlebens zu halten haben.
Der jahrelange Streit hatte dabei nicht nur tierische Hintergründe.
Zwar waren es erst die – mittlerweile wieder entfernten – Hähne, die
stundenlanges Bellen der Hunde ausgelöst hatten. Zudem war der
Landwirt jedoch auch mit seinem Traktor bis 22.45 Uhr unterwegs, um
noch Kraftfutter in den Hof zu bringen. Für den
Gerichtssachverständigen für landwirtschaftliche Routinearbeiten
weder notwendig noch ortsüblich. Da half es dem beklagten Landwirt
auch nichts, dass ein anderer Landwirt bei Gericht ebenso Arbeiten
vor sechs Uhr morgens bestätigte – allerdings auf einem einsam
gelegenen Hof ohne jegliche Nachbarschaft. Ist der Hof aber von
zahlreichen Nachbarn flankiert, kann dies zu weitreichenden
Feststellungen durch ein Gericht führen – beispielsweise dass der
gegenständliche Hof aufgrund seiner baulichen Enge und der
einhergehenden Lärmemissionen nicht einmal zur Aufzucht von Hunden
geeignet ist.
Eine Vielzahl von Komponenten ist zu beachten: So kommt es bei Lärm
nicht nur auf die Lautstärke an, sondern wie lange andauernd und zu
welcher Tageszeit eine nachbarschaftliche Beeinträchtigung erfolgt.
Die Nachtruhe und das Recht auf ungestörten Schlaf ziehen hierzu eine
geradezu natürliche Grenze ein. Ein Gockel allein lässt aber einen
Nachbarschaftsstreit meist nicht eskalieren. Respekt und
gegenseitiges Verständnis für die Arbeit unserer Bauern und das
Erholungsbedürfnis sonst Berufstätiger sollten solche Themen
eigentlich vom Gerichtssaal weg zum gemeinsamen Gespräch beim
Dorfwirt verlagern.
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