• 05.10.2021, 08:00:32
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»Jahrhundertentwurf« für Urheberrechtsnovelle hat gravierende Konsequenzen

AAC, Verband österreichischer Kameraleute schockiert über den Entwurf zur Urheberrechtsnovelle

Wien (OTS) - 

Mit ihrem »Jahrhundertentwurf« zur Novellierung des Urheberrechts will die Bundesregierung offenbar eine faire und angemessene Vergütung der Werknutzung im Internet für Urheber_innen und ausübenden Künstler_innen verhindern. Der Gesetzestext zeigt sich dabei weit vom »wahren Leben da draussen« entfernt. Und im Lichte der technologischen Entwicklung bedeutet dieser Entwurf in der Praxis:

  • Keine Beteiligung an den Werbeeinnahmen von Google & Co.
  • Keine kollektive Wahrnehmung unserer Urheberrechte
  • Knebelverträge und Zwang zur Scheinselbstständigkeit
  • Benachteiligung gegenüber deutschen Filmschaffenden
  • Mittelfristiger Ausfall der Tantiemen
    • Schwere Einkommenseinbußen im Alter
    • Ausfall der Förderung von Filmfestivals, Infrastruktur und Filmkultur

Kein direkter Vergütungsanspruch

Geht es nach dem Entwurf, sollen die österreichischen Künstler_innen ihre Ansprüche nicht direkt gegenüber den großen, internationalen Internetplattformen geltend machen dürfen, sondern bei nationalen Produzenten und Verwertern um Almosen betteln.»Wir reden hier nicht über öffentliches Geld. Es geht um die faire Beteiligung an den Werbeeinnahmen, die Facebook und Google erwirtschaften, wenn sie unsere Werke im Internet zugänglich machen. Im Gegensatz zu den internationalen Onlineriesen zahlen die Filmschaffende aber in Österreich Steuern.«, sagt Vorstandsmitglied Fabian Eder und führt aus: »Sie müssen sich das so vorstellen: Zwei Kollegen arbeiten gemeinsam am selben Film - oder derselben Serie. Sagen wir irgendeine SOKO. Eine Koproduktion zwischen Deutschland und Österreich. Einige Folgen werden von deutschen Kolleginnen gedreht, einige von österreichischen. Alle bekommen mehr oder weniger dasselbe Gehalt. Die Deutschen können ihre Urheberrechtsansprüche direkt bei der Plattform geltend machen und bekommen diese auch abgegolten. Sie nehmen ihre Rechte kollektiv wahr, also gemeinsam. Die Österreicher sollen bei der Produktionsfirma darum betteln. Und zwar jeder einzeln und für sich allein. In der österreichischen Filmbranche werden Verträge aber nicht verhandelt, sondern diktiert. In der Regel ist es so, dass die Verträge oft Wochen, in manchen Fällen sogar erst Monate nach Arbeitsbeginn ausgehändigt werden.« Im Allgemeinen und Kameraleute im Speziellen sind Individualisten. Sie streben nach Wahrhaftigkeit, suchen das Bild, das das Universum in einer Nussschale erscheinen lässt. Auf Inhalte, Form, Farbe und Bildausschnitt fokussiert ihr Schaffen, ihre Konzentration, ihre Kraft. Keiner von uns ist Jurist, keiner Verwalter. Selbst wenn wir wollten, wir wären weder ausgebildet noch befähigt, die Nutzung unserer Werke zu erfassen und angemessene Vergütungen im Wandel gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen wahrzunehmen. Dafür schließen wir uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen zusammen, denn nur gemeinsam haben wir auch die wirtschaftliche Grundlage, unsere Rechte von dazu befähigten Juristen wahrnehmen zu lassen - im Arbeitsrecht wie auch im Urheberrecht.«, formuliert AAC Vorsitzende Astrid Heubrandtner in der Stellungnahme des AAC ans BMJ.

Mittelfristig

»Sowohl Kabelweiterleitung als auch Speichermedienvergütung - also jene Quellen, aus denen wir zur Zeit unsere Tantiemen erhalten - werden mittelfristig aufgrund des technologischen Wandels versiegen. Wird der vorliegende Entwurf so umgesetzt, bedeutet das, dass wir in ein paar Jahren gar keine Tantiemen bekommen. Das betrifft dann Ältere, bei denen der altersbedingte Rückgang an Engagements durch den Bezug von Tantiemen zumindest teilweise abgefedert wird. Aber auch Kultureinrichtungen, Festivals und Infrastruktur werden leiden. Denn über unsere Verwertungsgesellschaft VdFS, die von uns Filmschaffenden für uns Filmschaffende gegründet wurde und verwaltet wird, fließen rund die Hälfte aller Tantiemen selbstverwaltet in soziale und kulturelle Einrichtungen. Das werden einige Festivals nicht überleben. Aber auch Einrichtungen wie beispielsweise Filmmuseum und Filmarchiv werden jährlich von uns signifikant gefördert. Noch. Wenn das Geld dann in anderen europäischen Ländern liegt, wird das nicht mehr möglich sein.«, ergänzt Norbert Arnsteiner, der für die Kameraleute auch im Aufsichtsrat der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden sitzt.

Änderungen

Der AAC erwartet sich von Bundesministerin Alma Zadic und dem zuständigen Bundesminister Werner Kogler eine Anpassung des Entwurfs an die in Deutschland bereits geltenden Gesetze. »Ein Fernsehfilm ist Deutschland genauso teuer wie in Österreich. In den meisten Fällen sind ohnehin beide Länder daran beteiligt. In einem gemeinsamen Wirtschafts- und Koproduktionsraum müssen für alle gleiche Regeln gelten. Ohne einen direkten und kollektiven Vergütungsanspruch wird es keine Transparenz über die Nutzung unserer Werke geben.«, sagt Astrid Heubrandtner. »Wir sind dabei ganz auf der Seite der User. Solange wir an den Werbeeinnahmen von YouTube angemessen partizipieren dürfen, freuen wir uns über jeden User, der unsere Werke teilt. Wird uns dieses Recht aber verwehrt, können Sie davon ausgehen, dass Plattformen und Verwerter weiterhin intransparente Filter verwenden werden, wie sie es im übrigen schon seit vielen Jahren tun - weitgehend ohne das Wissen des Users und an uns vorbei. Wenn es die Bundesregierung also mit der Meinungsfreiheit ernst meint, kann sie das bei der Reparatur des Gesetzesentwurfs unter Beweis stellen.«, schließt Eder.

Rückfragen & Kontakt

AAC Verband österreichischer Kameraleute
Mail: office@aacamera.org
Tel. 0664 212 58 56

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