- 22.07.2021, 09:11:46
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ÖAMTC: Kinderbeförderung am Fahrrad – Vor- und Nachteile verschiedener Systeme (+Fotos, +Grafik, +Video)
Fünf Konzepte im Vergleich – auf die Art der Nutzung kommt es an
Utl.: Fünf Konzepte im Vergleich – auf die Art der Nutzung kommt es
an =
Wien (OTS) - Das Fahrrad erfreut sich auch für den Familienausflug
immer größerer Beliebtheit. Die Zeiten, in denen man dafür auf den
klassischen Kindersitz am Gepäckträger angewiesen war, sind
mittlerweile allerdings vorbei. Der Mobilitätsclub und seine Partner
haben daher aktuelle Möglichkeiten untersucht, Kinder am Rad
mitzunehmen.
ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl fasst zusammen: "Das eine,
herausragende System, das in allen Anwendungsfällen vollkommen
überzeugen kann, gibt es nicht. Entsprechend wichtig ist es, dass man
sich bereits vor einem Kauf gut überlegt, wofür und wie oft man es
nutzen will." Beispielsweise macht es einen großen Unterschied, ob
man neben Kindern auch ab und an seinen Einkauf transportieren will,
ob das Rad mit in den Urlaub soll – oder wie viel man überhaupt dafür
ausgeben möchte (die Spanne reicht auch ohne E-Antrieb von 250 bis
2.200 Euro). Untersucht wurden Handhabung, Fahrverhalten und Komfort.
Und auch die Sicherheit wurde überprüft, unter anderem mit einem
Crashtest (Seitenaufprall durch ein 30 km/h schnelles Auto).
Letzterer Test zeigte vor allem eines: Das Tragen eines Helms wird
sowohl für die Eltern als auch für die Kinder dringend empfohlen –
das zeigen auch alle Analysen der ÖAMTC-Unfallforschung.
Die Ergebnisse im Detail – siehe auch www.oeamtc.at/tests
* "Backpacker": Ein Lastenfahrrad mit verlängertem Heck, auf dem bis
zu zwei Kindersitze montiert werden können. Wie beim einfachen
Fahrrad-Kindersitz ist das Fahrverhalten durch den hohen Schwerpunkt
zunächst gewöhnungsbedürftig, wird nach einer Eingewöhnungsphase aber
zusehends besser. Problematisch ist die große Fallhöhe für Kinder,
wenn das Rad aus dem Stand umkippt. Interessanterweise zeigten sich
im Crashtest im Vergleich zu anderen Systemen die geringsten
Belastungen beim Erstkontakt mit dem Auto. Ein weiterer Pluspunkt in
Sachen Sicherheit: Der Kindersitz bietet bei einem Unfall auch nach
dem ersten Aufprall noch Schutz.
* "Long John": Die Transportbox befindet sich bei diesem Modell
zwischen Vorderrad und Lenker, die Kinder sitzen auf einer klappbaren
Bank und werden dort mit den eingebauten Gurten gesichert. Beim
Unfall schützt die Box ihre Insassen zunächst zwar gut – allerdings
wurde beim Crashtest die Bank aus der Box gerissen, die Sicherung mit
dem Gurt war nicht mehr vollständig gegeben. Problematisch war auch,
dass die glatte Transportbox nach dem ersten Aufprall weit über den
Boden schlitterte und gegen die Wand der Crashanlage prallte. In
Sachen Komfort verfügt das System über einen stabilen Stand, ist beim
langsamen Fahren aber instabil. Und: Der Lenker kann beim Fahren die
Köpfe der Insassen treffen.
* Lastenrad zweispurig: Ein Rad hinten, zwei vorn an der großen
Transportbox sorgen für stabilen Stand und hohen Komfort, außerdem
schützt auch hier die Box bei einem Crash. Allerdings neigt das
System bei höherem Tempo in Kurven zum Kippen und zeigt sich auf
holprigen Untergrund (Kopfsteinpflaster) äußerst unkomfortabel. Auch
hier werden Kinder auf einer Bank, die allerdings nicht klappbar ist,
mit Gurten gesichert. Einer davon löste sich beim Crashtest, was
nicht zur Sicherheit beiträgt – ebenso die glatte Box, die nach dem
Aufprall relativ weit schlittert. Generell waren die Belastungen im
simulierten Seitencrash sehr hoch.
* Fahrradanhänger: Wenn jemand einen Allrounder sucht, wird er hier
am ehesten fündig. Das System bietet guten Stand, sehr gutes
Fahrverhalten, sein Metallrahmen schützt beim Crash, die
Rückhaltesysteme erfüllen ihren Zweck, die Insassen sind vor Wind und
Wetter geschützt – und die Flexibilität ist generell sehr hoch. Ein
Nachteil ist die geringe Höhe, wodurch das Gefährt trotz Signalfahne
im Straßenverkehr leicht übersehen werden kann. Die niedrige Lage
sorgt auch für erhöhte Belastungen bei einem Zusammenstoß mit einem
Auto, zumindest rutscht der Anhänger danach aber nicht weit, was die
Gefahr eines sekundären Aufpralls deutlich reduziert. Achtung: Man
sollte unbedingt einen gefederten und damit deutlich komfortableren
Anhänger wählen.
* Nachläufer: Hier wird das Kinderrad mit einer speziellen
Vorrichtung wie bei einem Tandem angeschlossen. Vorsicht: in
Österreich ist diese Art der Kinderbeförderung nicht erlaubt, denn
eine derartige Konstruktion gilt rechtlich als Anhänger und müsste
damit kippsicher, also zweispurig, sein. Grundsätzlich überzeugt das
System im Test zwar durch problemloses Fahrverhalten, allerdings
bietet es bei einem Unfall keinerlei Schutz. Beim ersten
Zusammenprall mit dem Auto waren die Werte beim Crashtest bereits
leicht erhöht, danach erfolgte aber ein Aufprall mit dem Kopf auf dem
Boden sowie relativ langes Dahinschlittern.
ÖAMTC-Tipps für Kauf und Nutzung
Konsumenten rät der Mobilitätsclub, jedenfalls eine Probefahrt mit
dem gewünschten System durchzuführen. "Vor allem Lastenfahrräder
warten mit im Vergleich zu herkömmlichen Rädern mit ungewohnten
Fahreigenschaften auf", sagt Kerbl. Der ÖAMTC-Experten nennt die
Nutzungsprofile:
* Wer hohe Sicherheit für seine Kinder sowie ein gutes Fahrverhalten
und einfache Handhabung möchte, entscheidet sich für den
"Backpacker".
* Wer gute Sicherheit, Flexibilität und hohen Komfort möchte, greift
zum gefederten Fahrradanhänger.
* Wer einen Autoersatz möchte, auch längere Strecken fährt und
Einkäufe transportiert, greift zum einspurigen Lastenrad "Long John".
* Wer einen Autoersatz möchte und eher Kurzstrecken mit vielen
Zwischenstopps fährt und Einkäufe transportiert, greift zum
zweispurigen Lastenrad.
* Wer nur ein Kind transportiert, ist mit einem klassischen
Kindersitz, der in Österreich immer rahmenfest hinter dem Fahrer des
Fahrrades befestigt sein muss, gut bedient.
Bildmaterial, Grafik und Video stehen unter www.oeamtc.at/presse zur
Verfügung. Das Video findet man auch auf der APA-Videoplattform unter
http://videoservice.apa.at im Channel OEAMTC.
Infos zu diesem und anderen Tests des Mobilitätsclubs:
www.oeamtc.at/tests
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