Innsbruck (OTS) - Corona führte die am Sonntag zu Ende gegangene
Fußball-EM in elf Ländern ad absurdum. Sportlich top, lieferte der
Kontinentalvergleich abseits des Rasens ein Spiegelbild einer von
Macht und Geld getriebenen Elitegesellschaft.
Gewiss: Die Idee, eine Fußball-Europameisterschaft quer über den
Kontinent zu veranstalten, hatte ihren Charme. Aber nur, bevor Corona
kam und sämtliche länderübergreifende Massenphänomene zur „Mission
Hochrisiko“ degradierte. Doch die Oberen der Europäischen Fußball
Union (UEFA), deren Haupterkennungsmerkmale ein elastisches Rückgrat
und wahlweise Euro- und Dollar-Zeichen in den Augen sind, hielten
stur an ihrem finanzoptimierten Konstrukt fest.
Zufall oder nicht. Als die EURO in elf Ländern vor einem Monat in Rom
angepfiffen wurde, begannen mancherorts auch die Corona-Zahlen Fahrt
aufzunehmen. Insbesondere in England, wo die (Delta-)Fallzahlen
binnen eines Monats von 6615 auf vorerst über 30.000 hochschnellten.
Und was passierte? Nichts. Im Gegenteil. Die Zuschauerkapazitäten
gingen Woche für Woche nach oben. Nach den beiden Halbfinalpartien im
Wembley-Stadion drängten sich auch am Sonntag zum großen Endspiel
60.000 Fans – freilich allesamt geimpft, getestet oder genesen – in
die Kathedrale des Fußballs. Ein gleichermaßen herzerwärmender wie
besorgniserregender Anblick. Und immer noch vergleichsweise harmlos
zu dem, was sich in den Nachmittags- und Abendstunden in der Londoner
Innenstadt abspielte. Hoffnungslos überfüllte U-Bahnen, zum Bersten
volle Pubs, Menschenmassen ohne Maske und unvermeidliche
Gewaltausbrüche von promillegeschwängerten Krawallbrüdern. Kurzum:
ein Superspreader-Territorium, bei dem selbst hartgesottenen viralen
Feldforschern angst und bange werden müsste.
Und die UEFA? Hatte im Vorfeld des großen Finales nichts Besseres zu
tun, als eine Aufhebung der Quarantäne für 2500 Super-VIPs zu
fordern. Ganz zu schweigen von den Drohgebärden, das Endspiel im
Falle von Zuschauer-Einschränkungen nach Budapest zu verlegen, um
letztlich die Verantwortung dafür doch den Ausrichtern umzuhängen.
Nicht minder verwerflich: die jeweiligen Kniefälle der diversen
Regierungen vor den vermeintlichen Hütern des europäischen
Fußball-Grals. Nur für die rassistischen Auswüchse Ewiggestriger in
den sozialen Netzwerken konnte die UEFA nichts. Dummheit ist kein
Fußball-Phänomen.
Am Ende steht eine EM, die in sportlicher Hinsicht und auch durch die
rot-weiß-rote Brille betrachtet wenig Wünsche offenließ – und auch
die Sehnsucht nach Emotionen, Drama(tik) und einem Wir-Gefühl
ausreichend stillte. Aus gesundheitspolitischen Aspekten jedoch
bleibt die Sorge, dass es noch zu einer traurigen Verlängerung kommen
könnte. Und die Sorge ist nicht klein ...
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