- 14.06.2021, 10:07:53
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Corona: AK und vida fordern mehr Anerkennung für Reinigungskräfte
Neue AK Studie zeigt überdurchschnittlich viele Arbeitsrechts-Probleme in Reinigungsbranche
Utl.: Neue AK Studie zeigt überdurchschnittlich viele
 Arbeitsrechts-Probleme in Reinigungsbranche =
Wien (OTS) - Die Reinigungskräfte wurden zwar in der Corona-Krise als
 Held:innen der Arbeit gefeiert, spürbare Verbesserungen in der
 Branche blieben aber bislang aus. Und die wären dringend notwendig,
 wie eine neue Studie von FORBA im Auftrag der Arbeiterkammer Wien
 zeigt. AK und vida fordern deutliche Verbesserungen für die
 KollegInnen in der Reinigung: 1.700 Euro Mindestlohn im
 Kollektivvertrag, einen Mehrarbeitszuschlag von 50 Prozent auf für
 Teilzeitkräfte und ab der ersten Stunde; einen Corona-Bonus für alle,
 die im Gesundheitswesen gearbeitet haben, Reinigung am Tag, statt zur
 Tagesrandzeit und eine 32-Stunden-Woche für diesen körperlich sehr
 anstrengenden Beruf. Die öffentliche Hand als größter Auftraggeber
 muss mit gutem Beispiel vorangehen und dem Best- statt dem
 Billigstbieterprinzip folgen.
Am 15. Juni findet der „Tag der Reinigung“ statt. 1990 wurden die
 Beschäftigten der Gebäudereinigung in Los Angeles beim Kampf um ihr
 Recht auf gewerkschaftliche Organisierung und für bessere Bezahlung
 von der Polizei angegriffen, viele verletzt oder ins Gefängnis
 gebracht. Der Protest weitete sich in verschiedene Teile des Landes
 aus und schließlich konnte eine gewerkschaftliche Organisierung und
 bessere Bezahlung durchgesetzt werden.
AK Präsidentin Renate Anderl: „Im laufenden Betrieb eines
 Unternehmens wird die Reinigung häufig im doppelten Sinn an den Rand
 geschoben: Die Arbeit findet in den frühen Morgen- und späten
 Abendstunden statt, um die anderen Mitarbeiter:innen nicht zu
 ,stören‘. Die Reinigung wird oft ausgelagert, die Verantwortung für
 die Arbeitnehmer:innen darf damit aber nicht wegfallen! Es muss das
 Bestbieterprinzip gelten, der billigste Anbieter wird entweder an der
 Qualität oder bei den Menschen sparen!“
vida-Gewerkschafterin Monika Rosensteiner: „Für die Arbeit, die
 Kolleginnen und Kollegen in der Reinigung tagtäglich leisten, braucht
 es Fachwissen. Nicht umsonst gibt es einen Lehrberuf dafür. Diese
 sehr wichtige und wertvolle Tätigkeit, die im Zuge der Corona-Krise
 systemrelevant wurde, hat eine ordentliche Bezahlung und auch
 generell mehr Wertschätzung verdient.“
Die wichtigsten Studienergebnisse:
Frauen und Migrant:innen
Insgesamt sind in Österreich laut statistischen Daten aus dem Jahr
 2019 75.900 Personen in der Reinigungsbranche beschäftigt. In der
 Reinigungsbranche ist der Anteil von Frauen besonders hoch und der
 der Männer vergleichsweise niedrig. In der Reinigung arbeiten 67 %
 Frauen und 33 % Männer, in der restlichen Dienstleistung sind dies 58
 % Frauen und 42 % Männer. Viele Beschäftigte in der Reinigungsbranche
 verfügen über Migrationserfahrung. 32 % der Frauen und 51 % der
 Männer wurden in Österreich geboren. Zum Vergleich: In
 Dienstleistungsberufen ohne Reinigung liegt der Anteil der
 Österreicher:innen bei 79%. Das mittlere Alter der Beschäftigten in
 der Reinigung liegt bei 45 Jahren und damit deutlich über jenem von
 Beschäftigten in der restlichen Dienstleistung.
An den Rand geschoben
Die Reinigung an den Tagesrandzeiten macht die Arbeit der
 Reinigungskräfte einerseits „unsichtbar“ und führt zu einer
 geringeren Wertschätzung. Andererseits stellt sie für das
 Familienleben der Betroffenen eine große Belastung dar: Morgens um 6
 oder abends um 18 Uhr gibt es kein Kinderbetreuungsangebot mehr. Der
 Einsatz in der Früh und am Abend, oft auch noch an verschiedenen
 Orten, „zerreißt“ den Tag, führt zu viel Fahrtzeit und
 Organisationsaufwand für ein vergleichsweise geringes Entgelt.
Hohe Teilzeitquote
In der Reinigungsbranche ist der Anteil an Teilzeitbeschäftigten
 besonders hoch. Insgesamt arbeiteten in Österreich 2019 29 % aller
 unselbständig Beschäftigten in Teilzeit, in der Reinigung waren es
 ganze 46 %. Noch höher ist dieser Anteil bei den Frauen mit 62 %. 17
 % der Frauen hätten gerne mehr Arbeitsstunden, das ist ein doppelt so
 hoher Anteil als unter allen unselbständig beschäftigten Frauen.
 Dieses Ergebnis ist auch deshalb auffallend, da teilzeitbeschäftigte
 Frauen aufgrund von Kinderbetreuungspflichten häufig zögern, Wünsche
 nach mehr Arbeitsstunden zu formulieren.
Unberechenbare Dienstpläne, dafür kaum Zuschläge
Tatsächlich werden von Beschäftigten in der Reinigung in vielen
 Wochen auch mehr Stunden als im Dienstvertrag vereinbart gearbeitet.
 Die Bezahlung steigt dadurch aber kaum. In der Praxis führen lange
 Durchrechnungszeiträume von drei Monaten bis zu einem Jahr für
 Teilzeitbeschäftigte dazu, dass die Betriebe eine Verteilung der
 Arbeitsstunden anstreben, die möglichst zu keiner Bezahlung von
 Zuschlägen führt. Obwohl der Kollektivvertrag eine Frist von 14 Tagen
 zur Vorankündigung der Dienstpläne vorschreibt, kommt es in der
 Praxis immer wieder zu kurzfristigen Arbeitseinsätzen.
Niedrige Einkommen mit deutlicher Einkommensschere zwischen Frauen
 und Männern
Entsprechend dem Kollektivvertrag für die Denkmal-, Fassaden- und
 Gebäudereinigung liegen die Brutto-Stundenlöhne bei 11,26 € in der
 Lohngruppe 1 und bei 9,23 € in der Lohngruppe 6. Hinzu kommen
 Zuschläge für besonders gefährliche Arbeiten oder bei
 Infektionsgefahr. Zuschläge für Mehr- und Überstunden und Nachtarbeit
 gibt es nur zwischen 20.00 und 6.00 Uhr sowie für Feiertagsarbeit. Im
 Mittel (Median) verdienen Beschäftigte in der Reinigung monatlich
 netto 1.400 € (inklusive anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Zum
 Vergleich: In der Dienstleistung ohne Reinigung liegt der Median bei
 2.200 Euro, bei Landwirtschaft und Produktion sind es 2.400 Euro. In
 der Einigung gibt es eine deutliche Einkommensschere zwischen Frauen
 und Männern, so verdienen Frauen im Schnitt 1.200 €, Männer 1.800 €.
Coronakrise
Die Reinigung „kritischer Bereiche“ wie etwa in Krankhäusern und
 Supermärkten gewann während der Covid-19-Krise noch mehr an
 Bedeutung. Auf der anderen Seite wurde durch die Verlagerung vieler
 Bürotätigkeiten ins Home-Office die Reinigung von Büroräumen obsolet.
 Manche Auftraggeber:innen haben in dieser Situation Verträge mit
 Reinigungsunternehmen kurzfristig gekündigt. In einigen Fällen
 fristwidrig. Während Auftraggeber und Auftragnehmer vor Gericht
 streiten, wurden die MitarbeiterInnen in solchen Fällen vielfach auf
 die Straße gesetzt und werden von einem Erfolg ihres Auftraggebers
 vor Gericht nichts sehen. Einige Unternehmen nutzten hingegen die
 Kurzarbeit.
Arbeitsrecht unter Druck
2 Prozent aller unselbständig Beschäftigten arbeiten in der
 Reinigung. Aber mehr als 4 Prozent aller Arbeitsrechts-Beratungen
 entfallen auf Reinigungskräfte. Schreiben an die Arbeitgeber werden
 dreieinhalb Mal häufiger nötig als im Durchschnitt der Beschäftigten.
 Der Gang vor Gericht – vom Einbringen einer Klage, über
 Vergleichsverhandlungen bis hin zum Prozess – ist ebenso häufiger
 notwendig.
Die Probleme, mit denen die Menschen zur AK kommen, spiegeln die
 Situation in der Reinigung gut wieder:
1. Es geht um falsche Berechnung der Lohnansprüche bei Kündigung,
 insbesondere fehlen Stunden und Zuschläge. Fahrtkosten werden nicht
 berücksichtigt, Pausen abgezogen, die nie gehalten werden konnten,
 das Umziehen wird nicht als Arbeitszeit gerechnet.
2. Kündigung im Krankenstand, die vordatiert wird, um sich die
 Entgeltfortzahlung zu ersparen.
3. Permanente Änderungen von Lage und Ausmaß der Arbeitszeit, um sich
 Zuschläge zu ersparen und um eine schwankende Auftragslage, also das
 unternehmerische Risiko, an die ArbeitnehmerInnen weiter zu geben.
4. Zu viel Arbeit für die vorgegebene Zeit, was regelmäßig zu
 unbezahlter Mehrarbeit führt.
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