- 16.12.2020, 09:00:01
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ÖAMTC: Sekundenschlaf – Sorgen erhöhen Gefahr für Übermüdungsunfälle
Derzeit mehr Belastungen durch veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen
Utl.: Derzeit mehr Belastungen durch veränderte Arbeits- und
Lebensbedingungen =
Wien (OTS) - 2019 starben elf Personen bei 451 Unfällen, die laut
Einschätzung der unfallaufnehmenden Exekutive aufgrund von Übermüdung
passierten. Heuer waren es bis 13. Dezember fünf Getötete – alle
außerhalb des Ortsgebietes (Quelle Statistik Austria, BMI).
"Vermutlich geschehen aber mehr Unfälle durch Übermüdung, geschätzt
werden etwa 15 bis 20 Prozent des Unfallgeschehens. So könnten hinter
diversen Unfällen, die von der Exekutive mit der Ursache
Unachtsamkeit / Ablenkung verbucht wurden, durchaus übermüdete Lenker
stecken", erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Insgesamt sind fast 70 Prozent aller Übermüdungsunfälle
Alleinunfälle.
Neben Dunkelheit, Dämmerung und Schlechtwetter wirken sich derzeit
auch die veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen negativ auf
unsere Wachheit und Konzentrationsleistung aus. "Diverse Befragungen
zeigen, dass Menschen aufgrund der Pandemie-Maßnahmen schlechter
schlafen und vermehrt zu schlaf- und beruhigungsfördernden Arzneien
greifen", weiß die Expertin des Mobilitätsclubs. Seidenberger:
"Kinderbetreuung im Home-Schooling neben Haushaltsführung und
Home-Office führen zu einer Mehrfachbelastung und können eine
geringere Erholung im Schlaf bewirken. Zudem fallen gewohnte
entspannungsfördernde Ablenkungen nahezu weg, z. B. Urlaube, die
Teilnahme an Veranstaltungen, sozialer Austausch und körperliche
Betätigungen bei diversen Vereinen." Diese Kombination kann
stressverstärkend wirken und zu erhöhten Anspannungen führen – was
wiederum bis in den Schlaf hineinwirkt und am nächsten Tag spürbar
ist.
Im Straßenverkehr führen Aufmerksamkeits- und Konzentrationseinbußen
zu einer Leistungsminderung, was sich vor allem auf Routinestrecken
mit einer Zunahme an Fehlern zeigt. "Das richtige Einschätzen von
Abständen, die Beachtung geltender Tempolimits, die zeitgerechte
Zeichensetzung beim Richtungs- und Fahrspurwechsel und die Einhaltung
der Fahrspur werden bei zunehmender Müdigkeit ungenauer und
fehlerhafter. Auch die Risikoeinschätzung ist reduziert", warnt die
Psychologin davor, Müdigkeit zu unterschätzen.
Achtung bei Freilandfahrten
Besonders groß ist die Gefahr für Übermüdungsunfälle bei
Freilandfahrten. Auf Autobahnen, Landes- und Bundesstraßen gibt es
kaum Beleuchtung und es sind meist monotonere, längere
Streckenabschnitte. Im niederrangigen Streckennetz außerorts
tolerieren geringere Fahrbahnbreiten, mehr ungesicherte Randbereiche
mit oft schlechteren Markierungen und Fahrbahnzuständen keine Fahr-
oder Lenkfehler. Dazu kommen mehr aufmerksamkeitsfordernde
Kreuzungen, oft Gegenverkehr, lange Strecken hinter Lkw,
landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie Moped- und Radfahrer oder
Fußgänger am Fahrbahnrand. "Dieses 'Mischverkehrsaufkommen' fordert
absolute Aufmerksamkeit, Wachheit und Konzentration.
Müdigkeitsbedingte mangelnde Fahrfitness, gepaart mit fehlendem
Risikobewusstsein sind mögliche Einschlafgründe", weiß die Expertin
des Mobilitätsclubs.
ÖAMTC-Tipps bei Müdigkeit am Steuer
Prinzipiell sollte man nur ausgeschlafen am Straßenverkehr
teilnehmen. Wichtig ist, bereits erste Anzeichen von Müdigkeit ernst
zu nehmen. Gähnen, Blend-Empfindlichkeit, brennende Augenlider,
häufiges Augenzwinkern, Verspannungen der Schulter- und
Rückenmuskulatur und leichte Kopfschmerzen sind Warnsignale des
Körpers. Hier die Tipps der ÖAMTC-Expertin:
* Genügend Zeit einplanen und zu "Wachzeiten" fahren. Das gilt z. B.
bei einem neuen Rhythmus durch Änderungen von Route oder
Verkehrsmittel – wie durch den Umstieg von Öffis aufs Selbstfahren.
"Und wer ein Morgenmuffel ist und trotzdem in der Früh weg muss,
sollte sich eine längere Aufwachphase gönnen, um sicher frisch und
wach zu sein, bevor das Auto in Betrieb genommen wird", so
Seidenberger.
* Powernap. Wer merkt, dass er müde wird, sollte raus aus dem
Fließverkehr und sich auf einem Rastplatz ein kleines Nickerchen
gönnen. 20 bis 30 Minuten Schlaf sind für eine kurze Erholung
ausreichend.
* Vorsicht vor Kaffee und Energydrinks. Sie putschen nur kurzfristig
auf, verbessern aber nicht die Reaktionszeit. "Wer wirklich müde ist,
sollte nicht mehr weiterfahren", betont die
ÖAMTC-Verkehrspsychologin.
* Auch wer einen "Einschlafwarner" am Bord hat, ist nicht immer vor
Unfällen durch Müdigkeit gefeit. "Warnsignale sind gut, werden aber
häufig erst bei hoher Ermüdung des Lenkers abgegeben. Werden sie dann
auch noch ignoriert, sind sie wertlos", sagt Seidenberger.
"Wer regelmäßig an Ein- und Durchschlafstörungen leidet, sollte
dringend Fachleute aufsuchen und sich derzeit keine Mammutaufgaben
aufhalsen lassen – vor allem keine langen Dunkelheitsfahrten”, rät
die ÖAMTC-Expertin abschließend.
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