- 11.12.2020, 10:03:19
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Zweite COVID-19-Welle verzögert Konjunkturerholung
Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2020 bis 2023
Utl.: Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2020
bis 2023 =
Wien (OTS) - Österreichs Wirtschaft erholte sich vom tiefen
Konjunktureinbruch über die Sommermonate rascher als erwartet. Die
gegenwärtige zweite Infektionswelle führt jedoch zu einem erneuten
Konjunktureinbruch im vierten Quartal. Dieser dürfte aber im
Vergleich zum Frühjahr nur halb so stark ausfallen. Unter der Annahme
eines schrittweisen Auslaufens der gesundheitspolitischen Maßnahmen
im ersten Halbjahr 2021 erwartet die Oesterreichische Nationalbank
(OeNB) einen kräftigen konjunkturellen Aufholprozess. Nach einem
Rückgang des realen BIP im Ausmaß von 7,1 Prozent im Jahr 2020 wird
für die Jahre 2021 bis 2023 mit Wachstumsraten von 3,6 Prozent, 4,0
Prozent bzw. 2,2 Prozent gerechnet. Mitte 2022 sollte das reale BIP
wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Trotz des massiven
Konjunktureinbruchs sinkt die HVPI-Inflationsrate im Jahr 2020 nur
moderat auf 1,3 Prozent. Im weiteren Prognosezeitraum steigt sie auf
1,7 Prozent an. Das gesamtstaatliche Defizit (Maastricht) wächst im
Jahr 2020 auf 9,2 Prozent des BIP, wird sich jedoch bis 2023 wieder
deutlich auf 1,4 Prozent des BIP zurückbilden.
Pandemieverlauf bestimmt weitere Konjunkturentwicklung
Es werden voraussichtlich zwar bereits zu Jahresbeginn 2021
Impfstoffe zur Verfügung stehen, eine effektive globale Umsetzung
wird jedoch Zeit brauchen und erst mit Jahresbeginn 2022
abgeschlossen sein. Es wird daher nur eine schrittweise Lockerung der
Stützungsmaßnahmen angenommen: Im ersten Quartal 2021 sowie in
geringerem Ausmaß auch noch im zweiten Quartal 2021 wird die
wirtschaftliche Aktivität in und außerhalb Österreichs noch durch die
Pandemie belastet.
Wachstumsverluste des zweiten Lockdowns nur halb so groß wie im
Frühjahr
Der zweite Lockdown wird zu einem deutlich geringeren Einbruch der
Wirtschaftsleistung führen als der erste im Frühjahr. Es wird
erwartet, dass das BIP in den Wochen während des zweiten Lockdowns um
13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgehen wird; im
Frühjahr war das Minus mit –25 Prozent fast doppelt so hoch. Zu den
wichtigsten Gründen für die geringeren Auswirkungen zählen geringere
Störungen der globalen Wertschöpfungsketten, keine
Produktionsschließungen, Lerneffekte, die geringere Unsicherheit
sowie größere Zuversicht angesichts einer sich abzeichnenden
medizinischen Lösung.
Aufwärtstrend bei den Güterexporten, aber erneuter Einbruch im
Tourismus
Die zweite Infektionswelle dürfte zu keinem erneuten Einbruch im
Güterhandel führen und dessen Wachstum nur geringfügig dämpfen. Bei
den Tourismusexporten muss hingegen erneut mit hohen Verlusten
gerechnet werden. Insgesamt ist für das Gesamtjahr 2020 mit einem
Rückgang der Exporte von Gütern und Dienstleistungen von knapp 12
Prozent zu rechnen. Im Laufe des Jahres 2021 wird mit einer kräftigen
Konjunkturerholung in allen wichtigen Exportzielländern gerechnet,
von der Österreichs Exporteure profitieren werden.
Zwangs- und Vorsichtssparen führen zu Einbruch des privaten Konsums
Zwangssparen aufgrund der Einschränkungen der Konsummöglichkeiten und
Vorsichtssparen aufgrund der erhöhten Einkommensunsicherheit haben im
Jahr 2020 zu einem starken Anstieg der Sparquote auf 13,7 Prozent
(+5,5 Prozentpunkte) und einem Einbruch der privaten Konsumausgaben
(–8,8 Prozent) geführt. Für das Jahr 2021 wird trotz stagnierender
Realeinkommen ein Konsumwachstum von 3,9 Prozent erwartet, da die
privaten Haushalte ihre Sparquote wieder zurückführen werden.
Kurzarbeit verhindert stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit
Der Wirtschaftseinbruch verringert im Jahr 2020 das Arbeitsvolumen
(Anzahl der Arbeitsstunden) der unselbstständig Beschäftigten um 8,8
Prozent. Der Beschäftigungsabbau fällt dank des massiven Einsatzes
von Kurzarbeit jedoch mit –2,3 Prozent vergleichsweise moderat aus.
Für das Jahr 2021 wird mit einem leichten Anstieg der Beschäftigung
gerechnet. Die Arbeitslosigkeit nach AMS-Definition steigt 2020 um
2,8 Prozentpunkte auf 10,2 Prozent, wird 2021 auf diesem Niveau
verharren und bis zum Jahr 2023 auf 8,9 Prozent zurückgehen.
Inflation sinkt angesichts des massiven Konjunktureinbruchs nur
geringfügig
Die HVPI-Inflationsrate wird im Jahr 2020 auf 1,3 Prozent
zurückgehen. Der COVID-19-bedingte Nachfrageausfall drückt die Preise
von Industriegütern ohne Energie und Dienstleistungen. Zusätzlich
wird die Inflation durch niedrige Energiepreise gedämpft. Im Jahr
2021 steigt die HVPI-Inflationsrate angesichts weiterhin bestehender
freier Produktionskapazitäten nur moderat auf 1,4 Prozent an und
erreicht in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 1,7 Prozent.
Massives Budgetdefizit im Jahr 2020 gefolgt von graduellem Abbau in
den nächsten Jahren
Durch den starken Wirtschaftseinbruch sowie die umfangreichen
fiskalischen Stützungs-maßnahmen verschlechtert sich der Budgetsaldo
2020 auf –9,2 Prozent des BIP (nach +0,7 Prozent des BIP 2019). In
den Folgejahren ermöglichen das Auslaufen vieler diskretionärer
Maßnahmen (insbesondere Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss und
Umsatzersatz) und die konjunkturelle Erholung wieder einen graduellen
Abbau des Defizits, sodass für 2023 ein Budgetsaldo von –1,4 Prozent
des BIP erwartet wird. Die Staatsschuldenquote steigt 2020 und 2021
sehr stark an (auf 83,3 Prozent bzw. 86,4 Prozent des BIP) und geht
danach bis 2023 geringfügig auf 82,5 Prozent des BIP zurück.
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