- 10.12.2020, 14:35:39
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EU-Verkehrsfahrplan enthält für Gewerkschaft zu wenig konkrete Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping
vida-Blumthaler: Regierung muss sich anstrengen, damit auch Luftfahrtpersonal oder ReisebuslenkerInnen berufliche Chancen bei klimafreundlichen Bahnen sehen
Zu wenig konkrete und weitreichende Perspektiven für die Beschäftigten im Verkehrssektor kritisiert die Gewerkschaft vida im präsentierten Fahrplan der Europäische Kommission für die Verkehrspolitik der Union in den kommenden Jahren. „Wir begrüßen grundsätzlich die Absicht der Kommission, eine Stärkung des gesetzlichen Rahmens für die Bedingungen der Beschäftigten im Verkehrssektor in Betracht zu ziehen, indem ihre anwendbaren sozialen Rechte geklärt und durchgesetzt werden sollen“, stellt Günter Blumthaler, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida, fest. Scharf zu kritisieren sei dabei allerdings, dass der Aktionsplan der Kommission kaum Einzelheiten darüber enthält, wie Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping konkret umgesetzt werden sollen, fordert der vida-Gewerkschafter etwa Nachschärfungen bei der EU-Entsenderichtlinie. „Diese und andere wenige Regelungen bleiben im Verkehrsbereich oft völlig zahnlos beim Schutz des Personals, weil eine EU-weite Vereinheitlichung der unterschiedlichen Arbeits-, Einsatz- und Entlohnungsbedingungen für die Beschäftigten bei der Konstruktion des Binnenmarktes nie erfolgt ist“, kritisiert Blumthaler.
Obwohl der Verkehr in Europa nun „Klima-fit“ gemacht werden soll und mehr Green Jobs entstehen sollen, werde dieser Sektor immer mehr zum „europäischen Problemfall“, so der Gewerkschafter weiter. Viele Fehlentwicklungen seien aber nicht unmittelbare Folge der Corona-Krise. Vielmehr seien sie Folgen eines jahrelangen ruinösen Preisdumping-Wettbewerbs, bei dem jene Unternehmen bestraft werden, die sich ihren MitarbeiterInnen gegenüber sozial und in ihrem Wirtschaften ökologisch verantwortungsvoll zeigten.
„Auf der Strecke bleiben dabei der Klimaschutz und die Umwelt sowie die SteuerzahlerInnen und die Beschäftigten“, fordert Blumthaler, dass sich die EU-Kommission von diesem Weg in ihrem neuen Verkehrskonzept verabschieden müsse. Auch die österreichische Bundesregierung ist daher gefordert, gerade jetzt in der Krise vermehrt Initiativen für Arbeits- und Ausbildungsplätze bei den klimafreundlichen Bahnen zu setzen. „Die Eisenbahnen suchen mehr Beschäftigte für die Zeit nach der Krise. Damit sie auch welche finden, müssen die Rahmenbedingungen für die Menschen aus anderen Branchen stimmen, damit auch Luftfahrtpersonal, ReisebuslenkerInnen & Co Chancen für einen beruflichen Umstieg zu den Bahnen sehen“, fordert der vida-Gewerkschafter eine Arbeitsstiftung für den Umstieg von Beschäftigten zu den Bahnen und in den Sektor des Öffentlichen Verkehrs.
Sonst werde es mit dem beabsichtigten besseren Schutz für die Beschäftigten und hochqualifizierten Green Jobs bei Bahnen und im Öffentlichen Verkehr in Zukunft wohl nichts werden. Der oft völlig legalen Verlagerung von Fahr- und Flugzeugen als auch von Personal über Briefkastenfirmen in Steuer- und Billiglohnländer mit schlechtem gesetzlichem Arbeitnehmerschutz könne ohne EU-weite Regelungen kein wirksamer Riegel vorgeschoben werden. Derart skrupelloser Geschäftemacherei, wie sie in allen Verkehrsbereichen Einzug gehalten hat, kann nur durch die Sicherstellung des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort und das Vereinfachen und Nachschärfen der Kontrollmöglichkeiten durch die Behörden beigekommen werden“, betont Blumthaler.
Der vida-Gewerkschafter fordert zudem eine Erhöhung des Modal Shift und Kostenwahrheit ein. Die EU-Strategie wiederhole zwar das seit Langem bestehende Ziel der Förderung der Verkehrsverlagerung auf die klimafreundliche Schiene, gehe jedoch nicht auf das Problem der Externalisierung von Arbeits- und Sozialkosten ein. „Das seit Jahren andauernde Verfehlen der Unionsziele liegt einerseits an der zögerlichen Politik im Bereich der Anlastung der umweltbezogenen Auswirkungen des Straßen- und des Luftverkehrs. Andererseits liegt das am ebenso zögerlichen Schieneninfrastrukturausbau. Blumthaler fügt hinzu, dass angesichts der internen Wettbewerbsverzerrungen im Sektor unter den gegebenen EU-Rahmenbedingungen die Bahnen gegenüber der Straße trotz laufender Investitionen in digitale Innovationen weiterhin chancenlos bleiben würden, wenn es etwa um die Verlagerung von mehr Güterverkehr auf die Bahnen geht. Deshalb ist die Bundesregierung gefordert, endlich eine Verladeförderung für den Umstieg von der Straße auf die Güterbahnen umzusetzen, fordert der Gewerkschafter.
„Den Kostendruck auf die Verkehrsbranche durch die schrankenlose europäische Liberalisierungspolitik und den dadurch generierten Wettlauf um immer noch billigere Transportleistungen bekommen ausschließlich die rund 11 Millionen Beschäftigten im Verkehr zu spüren. Die Entlohnung und Einsatzbedingungen der Beschäftigten sind nahezu die letzten Stellschrauben in den Preiskalkulationen der Unternehmen, da andere Kosten wie für Maut, Treibstoffe oder Fahrzeuge für alle Betriebe gleich sind“, betont der vida-Gewerkschafter.
„Die europäische Verkehrspolitik der Zukunft muss ihren Fokus auf einen sicheren, ökologischen und sozial ausgewogenen Verkehr legen. Die Annahme, die Marktmechanismen würden auch im Verkehrssektor automatisch zum volkswirtschaftlichen Optimum führen, ist ein Trugschluss. Denn die Europa- und EU-Meister gerade im Eisenbahnbereich, die Schweiz und Österreich, zeigen seit Jahren ganz klar vor: Der Erfolg des Öffentlichen Verkehrs liegt nicht am Grad der Marktöffnung, sondern an den Direktvergabemöglichkeiten ohne Ausschreibungen und dem klaren politischen Bekenntnis zu starken und leistungsfähigen Bahnen“, bekräftigt Blumthaler abschließend.
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