• 02.12.2020, 09:55:50
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  • OTS0067

Alleinerzieher*innen: „Wer nicht nach der Norm lebt, wird bestraft“

Diskussion zu Alleinerzieher*innen in der Coronakrise zeigte große Lücken auf

Utl.: Diskussion zu Alleinerzieher*innen in der Coronakrise zeigte
große Lücken auf =

Wien (OTS) - „Wer nicht nach der Norm eines traditionellen
Familienbildes lebt, wird noch immer indirekt bestraft“, sagt Ingrid
Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen, Familie in der AK Wien. Ein
höheres Arbeitslosengeld ist gerade für Alleinerzieherinnen besonders
dringlich, so Moritz anlässlich einer Online-Diskussion zum Thema
„Leben am Limit – Alltag von Alleinerzieher*innen in der Coronakrise“
von AK, ÖGB-Frauen und dem Verein feministische Alleinerzieherinnen
am Dienstag. ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Korinna
Schumann: „Alleinerziehende sind von der Pandemie mit am härtesten
getroffen – sie brauchen jetzt Entlastung, um nicht in die Armut
abzurutschen.“

„Alleinerziehende, über 90 Prozent davon Frauen, fühlen sich von der
Bundesregierung im Stich gelassen. Sie sind verunsichert und wissen
nicht, ob sie ihre Kinder in Schule und Kindergarten bringen können,
um arbeiten gehen zu können, oder ob sie sie lieber zuhause lassen
sollen“, so Schumann weiter. „Schulen und Kindergärten müssen auch in
Krisenzeiten Bildungseinrichtung bleiben und dürfen nicht nur als
Aufbewahrungsstätten für Kinder dienen, deren Eltern arbeiten müssen.
Die Coronapandemie entwickelt sich sonst immer mehr zur sozialen
Krise.“

Andrea Czak, Obfrau von FEM.A (Verein feministische
Alleinerzieherin-nen): "Alleinerzieherinnen sind die großen
Verliererinnen der Krise: kein Job, kein Geld, weniger Unterhalt,
keine Unterstützung. Alleinerziehende werden auch in der Corona-Krise
von der Politik vergessen. Verliert der Kindesvater den Job, kürzt
sich der Unterhalt erheblich, auch dann, wenn er Vermögen hat. Eine
Lösung beim Unterhaltsschuss fehlt nach wie vor. Um Kinderarmut zu
vermeiden, ist ein Mindestunterhalt von 300 Euro erforderlich. Die
Regelbedarfe zur Unterhaltsbemessung basieren aber auf einer
Kinderkostenstudie von 1964. Es braucht dringend eine neue
Kinderkostenstudie. Der Staat bietet Alleinerzieherinnen ohne
Auffangnetz wenig strukturelle Unterstützung bei der Betreuung von
Babys und Kleinkindern. Kinder groß zu ziehen muss endlich als echte
Arbeit anerkannt werden: Unsere Care-Arbeit ist eine Vorableistung
für die Wirtschaft, und wir ziehen die Steuerzahler von morgen groß!“

Manuela Vollmann, Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA sagt: „Viele der
Frauen, die wir bei ABZ*AUSTRIA beraten und während
unterschiedlichster Ausbildungen begleiten, sind Alleinerzieherinnen.
Die Frauen sind sehr zielstrebig und sind sich der Notwendigkeit
einer gut fundierten Ausbildung bewusst. Wir wissen aber auch, mit
welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben: Die Großeltern sind
oft selbst noch berufstätig und fallen für eine stabile
Kinderbetreuung aus, ein Kindergartenplatz in der Nähe des Wohnorts,
damit lange Fahrtzeiten ausfallen, ist schwierig zu bekommen und
Teilzeit Ausbildungen sind vor allem für existenzsichernde Jobs noch
viel zu selten. Es braucht noch einige Verbesserungen auf
struktureller Ebene.“

AK Expertin Moritz‘ Fazit: „Alleinerzieher*innen sind viel zu wenig
im Blick, aber während der Coronakrise wurde völlig auf sie
vergessen. Bestes Beispiel ist der Familienhärteausgleich: Paare, die
zusammenleben, bekommen Unterstützung, wenn es bei einem Elternteil
durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit zu Einkommensverlusten kommt.
Alleinerzieherinnen erhalten nichts, wenn der Vater des Kindes wegen
Arbeitslosigkeit nun weniger Unterhalt zahlt. Wer nicht nach der Norm
eines traditionellen Familienbildes lebt, wird noch immer indirekt
bestraft. Ein eigenständiges und unabhängiges Leben für Frauen ist,
sobald Kinder da sind, noch immer nicht möglich. Die AK fordert ein
höheres Arbeitslosengeld. Das ist für Alleinerzieher*innen ganz
besonders wichtig: Sie sind besonders darauf angewiesen, dass der
Einkommensverlust möglichst gering ausfällt.“

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | AKW

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