Diskriminierender Ethikunterricht: was steht zwischen den Zeilen der Regierungsvorlage?
Eine kurze Entscheidungshilfe für Abgeordnete, die ihr freies Mandat ernst nehmen
Wien (OTS) - Am Freitag soll es soweit sein: ein diskriminierender Pflichtethikunterricht ausschließlich für Religionsverweigerer wird aller Voraussicht nach – und dem Klubzwang sei Dank – erstmals in der österreichischen Rechtsordnung verankert werden.
Anlässlich des bevorstehenden Durchwinkens einer verfassungsrechtlich bedenklichen Regierungsvorlage, die im Zuge des Begutachtungsverfahrens massiv kritisiert und fast ausschließlich von kirchennahen Personen und Organisationen unterstützt wurde, bieten die Organisatoren des Volksbegehrens „Ethik für ALLE“ allen Abgeordneten zum Nationalrat eine kurze Zusammenfassung dessen, was mit einem diskriminierenden Ethikunterricht in der vorgelegten Form einhergehen wird.
„Endlich ein erster wichtiger Schritt“: so lautet die Argumentationslinie der Grünen, die einen diskriminierenden Ethikunterricht ermöglichen werden, bislang aber ausschließlich das Modell „Ethik für ALLE“ befürworteten. Empirisch hat sich in der fast 50-jährigen Geschichte des Ethikunterrichtes im deutschsprachigen Raum allerdings gezeigt, dass die Einführung eines diskriminierenden Ethikunterrichts nie den Weg für einen Ethikunterricht für ALLE bereitet hat. Vielmehr stellte die Einführung eines Ethikunterrichtes im Schatten des Religionsunterrichtes stets eine politisch umkehrbare Weichenstellung dar, gefolgt von einer stiefmütterlichen Behandlung des Ethikunterrichtes seitens der Politik.
Integration und Wertevermittlung: Ein gemeinsamer und staatlich beaufsichtigter Ethikunterricht für ALLE SchülerInnen wird in der Fachwelt als wichtiger Baustein einer konstruktiven Integrationspolitik betrachtet. Das von der Regierung vorgelegte diskriminierende Modell wird hingegen in erster Linie die Katholische Kirche und die Islamische Glaubensgemeinschaft als primärverantwortliche Institutionen für Integration und Wertevermittlung in Österreichs Schulen installieren. Das im Gesetzesentwurf favorisierte Integrationsmodell kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Minimierung des Austausches zwischen den SchülerInnen dank künstlich Homogenisierter Klassen unter Aufsicht einer Religionsgemeinschaft.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt: Insbesondere seit dem Beginn der COVID-19-Pandemie wird die Regierung nicht müde, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu beschwören und das Gemeinsame zu betonen. Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht hingegen das Auseinanderreißen des Klassenverbandes entlang konfessioneller Linien für den Zweck der getrennten Wertevermittlung vor. Größer könnte die Diskrepanz zwischen dem Geforderten und dem Verordneten nicht sein.
Kampf gegen den „Politischen Islam“: Dem Gesetzesentwurf zufolge wird jede/r SchülerIn sich dem ansonsten verpflichtenden Besuch eines Ethikunterrichtes durch den Besuch eines Islamischen Religionsunterrichtes entziehen können. Genauer: wer den islamischen Religionsunterricht besuchen wird, wird keinen Ethikunterricht besuchen dürfen. Dieses Vorhaben ist mit bereits beschlossenen Maßnahmen, die sich angeblich gegen die Verbreitung des „politischen Islams“ richten, nicht in Einklang zu bringen. Es sei denn, man ist einer unsachlichen Symbolpolitik verpflichtet.
Gesellschaftliche Legitimation: Die Regierungsvorlage sieht vor, dass der Religionsunterricht von einem bisher de-facto Freifach zu einem rechtlich verankerten Wahlpflichtfach aufgewertet werden wird. Damit wird eine grundlegende Änderung des Status der Religionsgemeinschaften im österreichischen Staatsgefüge einhergehen. Solch eine Weichenstellung im Windschatten einer Änderung des Schulorganisationsgesetzes ist gesellschaftlich nicht legitimiert – zumal mehr als 70% der österreichischen Bevölkerung nachweislich das Modell eines gemeinsamen Ethikunterrichtes für ALLE bevorzugt.
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