• 10.11.2020, 10:11:57
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  • OTS0066

COVID-19 führt zu außenwirtschaftlichem Schock sowie Vorsicht bei Unternehmen, Anlegern und Banken

Auswirkungen der Pandemie auf Österreichs Außenwirtschaft, das Finanzverhalten von Haushalten und Unternehmen sowie das Kredit- und Einlagengeschäft der Banken

Utl.: Auswirkungen der Pandemie auf Österreichs Außenwirtschaft, das
Finanzverhalten von Haushalten und Unternehmen sowie das
Kredit- und Einlagengeschäft der Banken =

Wien (OTS) - Österreichs international stark vernetzte Wirtschaft
wurde umfassend und hart durch die globale COVID-19-Pandemie
getroffen. Das Wegbrechen internationaler Lieferketten, der Ausfall
der Güternachfrage sowie massive Reisebeschränkungen beeinflussten
Österreichs Außenwirtschaft in Form eines stark reduzierten Güter-
und Dienstleistungshandels sowie hoher Einnahmenverluste im
Tourismus. Österreichs Sparquote stieg im Zuge der Pandemie an und
liegt nun auf dem Niveau des Euroraums. Angesichts großer
Unsicherheit sowie des anhaltend geringen Zinsniveaus suchten private
Haushalte nach finanzieller Flexibilität und veranlagten überwiegend
in täglich fällige Einlagen. Vorsichtig agierten sie auch in Fragen
der Verschuldung und reduzierten Konsumkredite, während
Immobilienfinanzierungen weiterhin gefragt waren. Unternehmen waren
mit einer äußerst angespannten Liquiditätssituation konfrontiert, die
mittels Kreditstundungen bzw. neuen Kreditlinien der österreichischen
Banken sowie durch staatliche Hilfsmaßnahmen vorerst gemildert wurde.

„Die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind in
Österreich deutlich und über alle Sektoren hinweg zu spüren“,
erläuterte Vize-Gouverneur Gottfried Haber im Rahmen einer
Pressekonferenz in der Oesterreichischen Nationalbank. Österreichs
Güter- und Dienstleistungshandel brach im Verlauf der
COVID-19-Pandemie massiv ein. Der Export von Gütern verzeichnete im
zweiten Quartal 2020 – der bisher schwierigsten Wirtschaftsphase –
ein Minus von 19 Prozent (gegenüber Q2/19). Im Dienstleistungsverkehr
ergab sich sogar ein Rückgang von 31 Prozent. Auch die Importe fielen
deutlich schwächer aus: Die Einfuhr von Gütern lag um 21 Prozent,
jene der Dienstleistungen um 29 Prozent unter dem Vorjahresquartal.
Einige Branchen waren durch die Folgen der Pandemie deutlich stärker
betroffen als andere: Während die Ausfuhr der für Österreich
besonders wichtigen Sparte der Maschinen und Fahrzeuge sowie jene der
bearbeiteten Waren herbe Einbußen verzeichnete, nahm die Nachfrage
nach chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen sogar zu.

Ungeachtet der rückläufigen Bruttoströme schloss die Leistungsbilanz
im zweiten Quartal 2020 annähernd ausgeglichen. Im Jahr 2019 verlief
die Handelsentwicklung angesichts geopolitischer Risiken und des
bevorstehenden BREXIT zwar gedämpft, trotzdem konnte mit 11,3 Mrd EUR
(bzw. 2,8 Prozent des BIP) der bislang höchste
Leistungsbilanzüberschuss seit der Finanzkrise 2008 erzielt werden.
Der Tourismus war durch die globale Pandemie besonders
beeinträchtigt. Im zweiten Quartal brachen die Einnahmen auf 0,6 Mrd
EUR (–82 Prozent) ein. Infolge des relativ günstig verlaufenen
Jahresbeginns fiel der Verlust im ersten Halbjahr insgesamt mit rund
einem Drittel weniger deutlich aus. Deutsche Touristen gaben im
zweiten Quartal 2020 um fast 80 Prozent weniger in Österreich aus als
im Vergleichszeitraum des Vorjahrs, andere Herkunftsmärkte wie das
UK, die USA und China brachen fast zur Gänze ein.

„Die Republik Österreich reagierte auf die COVID-19-Pandemie mit dem
raschen Aufbau großer Liquiditätspolster“, erklärte Johannes Turner,
Direktor der Hauptabteilung Statistik. Im ersten Halbjahr wurden 19
Mrd EUR der Staatsemmissionen von Ausländern und 14 Mrd EUR von
Inländern gekauft. Günstige Finanzierungskonditionen erleichterten
die schnelle Schuldenaufnahme und limitieren die zusätzliche
Belastung durch Zinszahlungen.

Die COVID-19 bedingten Eindämmungsmaßnahmen und damit verbundene
Unsicherheiten sowie ein angespannter Arbeitsmarkt führten zu
Konsumverzicht und verstärktem Sicherheitssparen der privaten
Haushalte. Im zweiten Quartal 2020 sind sowohl das verfügbare
Nettoeinkommen wie auch der Konsum - kumuliert über vier Quartale -
historisch eingebrochen (–1,0 Prozent bzw. –3,5 Prozent). In Einklang
mit dem internationalen Trend stieg die Sparquote - kumuliert über
vier Quartale - im Juni 2020 auf 10,4 Prozent an und entsprach damit
etwa dem Durchschnitt im Euroraum (10,3 Prozent). Die Entwicklung
verlief jedoch flacher als in vielen anderen Ländern. Private
Haushalte konnten ihr Geldvermögen im Umfeld der Pandemie ausbauen.
Die Veranlagung fiel im ersten Halbjahr 2020 mit knapp 13,5 Mrd EUR
sogar besonders hoch aus und übertraf jenes Volumen, das in manch
vorangegangenem Jahr insgesamt investiert wurde.

Der seit der Finanzkrise 2008 anhaltende Trend, bevorzugt täglich
fällige Einlagen zulasten gebundener Gelder aufzubauen, hielt
weiterhin an. In den ersten neun Monaten 2020 flossen 11,2 Mrd EUR
(+11,4 Prozent) in diese Anlageform, während gebundene Einlagen auf
Grund des relativ geringen Zinsvorteils im Ausmaß von 5,0 Mrd EUR
abgebaut wurden (–5,7 Prozent). Bemerkenswert war das besonders große
Interesse an Aktien, die im ersten Halbjahr 2020 angesichts günstiger
Einstiegskurse nach dem globalen Börsencrash im Ausmaß von 1,6 Mrd
EUR gekauft wurden.

Vorsichtig agierten Haushalte in Fragen der Verschuldung: In den
ersten neun Monaten 2020 wurden um 18 Prozent weniger neue
Konsumkredite aufgenommen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Vom Immobilienerwerb ließen sich viele Österreicher auch durch die
COVID-19-Pandemie nicht abbringen und nahmen neue Wohnbaukredite im
Ausmaß von 17,2 Mrd EUR auf (+16 Prozent).

Deutlich zugelegt hat mit Ausbruch der COVID-19-Pandemie auch das
Kreditwachstum nichtfinanzieller Unternehmen, das im April 7,2
Prozent erreichte. In den Folgemonaten nahm die Wachstumsdynamik zwar
wieder ab, verblieb mit 5,8 Prozent im September jedoch auf hohem
Niveau.

Unterstützt wurden Unternehmen dabei von österreichischen Banken, die
vor allem durch umfangreiche Kreditstundungen einen wichtigen Beitrag
zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie
leisteten. Im Juni 2020 lag das gegenüber Unternehmen und privaten
Haushalten gestundete Kreditvolumen in Summe bei über 30 Mrd EUR und
reduzierte sich im September 2020 auf 17,3 Mrd EUR. Den Großteil
davon machten mit 10,7 Mrd EUR freiwillige Kreditstundungen aus.
Gleichzeitig stellten österreichische Banken auch neue Kredite bzw.
Kreditlinien zur Verfügung. Insbesondere Unternehmenskredite bis 1
Mio EUR wurden in den Monaten Mai und Juni in ungewöhnlich hohem
Ausmaß neu vergeben.

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