- 20.10.2020, 06:00:32
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- OTS0004
Gutachten: Österreich verstößt bei Schweinehaltung routinemäßig gegen EU-Recht
Widerrechtliches Schwanzkupieren bei 95 % der Schweine in Österreich - Greenpeace und Wiener Tierschutzombudsstelle fordern rasche Maßnahmen
Utl.: Widerrechtliches Schwanzkupieren bei 95 % der Schweine in
Österreich - Greenpeace und Wiener Tierschutzombudsstelle
fordern rasche Maßnahmen =
Wien (OTS) - 95 Prozent der Schweine in Österreich wird mit einem
schmerzhaften Eingriff routinemäßig der Schwanz gekürzt, obwohl das
europäischem Recht widerspricht. Das zeigt ein Gutachten der
VetMed-Juristin Regina Binder und des ehemaligen Amtstierarztes
Rudolf Winkelmayer, das im Auftrag von Greenpeace und der
Tierschutzombudsstelle Wien erstellt und nun Tierschutzminister
Rudolf Anschober vorgelegt wurde. Besonders pikant: Die EU-Kommission
hatte die Behörden bereits im vergangenen Jahr aufgefordert,
Maßnahmen gegen den systematischen Rechtsbruch zu ergreifen. Sonst
droht ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Doch die dringend
notwendige Reparatur und Überarbeitung der 1. Tierhaltungsverordnung
ist bislang ausgeblieben. Greenpeace und die Tierschutzombudsstelle
Wien kritisieren dieses Versäumnis der zuständigen MinisterInnen
Rudolf Anschober und Elisabeth Köstinger und fordern eine rasche
Umsetzung der Maßnahmen im vorgelegten Gutachten.
“Fünf Millionen Schweinen in Österreich wird jedes Jahr routinemäßig
das Ringelschwänzchen abgeschnitten – das schafft nicht nur unnötiges
Tierleid, sondern ist auch illegal. Österreichs Schweinebranche
präsentiert sich gern als vermeintlich tierfreundlich. Jetzt ist
schwarz auf weiß klar, dass sie sogar unter dem europäischen
Mindeststandard arbeitet. Das muss sofort gestoppt werden, zumal
sonst hohe Strafen für Österreich drohen”, fordern Sebastian
Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich
und Eva Persy, Leiterin der Tierschutzombudsstelle Wien (TOW). Das
von Greenpeace und TOW beauftragte Gutachten der Wiener
VetMed-Juristin Regina Binder und des ehemaligen Amtstierarztes
Rudolf Winkelmayer zeigt: Das routinemäßige und schmerzhafte Kürzen
der Schwänze von 95 Prozent der Ferkel in Österreich ist rechtswidrig
und mit schwerwiegenden Folgen für die Tiere verbunden. Schweinen
wird präventiv der Schwanz gekürzt, damit sich die Tiere in
unzureichenden Haltungsbedingungen nicht aus Stress und Langeweile in
die Schwänze beißen und so verletzen. Bei ausreichend Platz,
eingestreuten Liegeflächen und angemessenem Beschäftigungsmaterial
tritt Schwanzbeißen nur selten auf.
Laut europäischem Recht darf das Kupieren der Schwänze von Schweinen
nur als letzter Ausweg erfolgen, nachdem alle anderen möglichen
Maßnahmen bei der Unterbringung und Haltungsform der Tiere gesetzt
wurden - etwa mehr Platz und Stroheinstreu. Entsprechend der
österreichischen Tierhaltungsverordnung ist es hingegen ausreichend,
wenn der Betrieb selbständig nach dem Eingriff mittels eines
vorgefertigten Formulars dokumentiert, dass die “Notwendigkeit” des
Schwanzkürzens gegeben sei. “In Anbetracht der Verhaltensansprüche
der Schweine ist unschwer zu erkennen, dass unter den derzeit
geltenden tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen für die Haltung
von Schweinen die meisten Grundbedürfnisse dieser Tiere weitgehend
ignoriert werden”, führen Regina Binder und Rudolf Winkelmayer in
ihrem Gutachten aus. Die ExpertInnen schlagen daher einen umfassenden
Maßnahmenkatalog vor - neben der dringend notwendigen Reparatur der
österreichischen ersten Tierhaltungsverordnung müssen etwa auch die
bestehende Tierschutz-Förderungen ausgebaut und verbessert werden
sowie Verstöße gegen Tierschutzrecht endlich konsequent geahndet
werden.
Bereits im April 2019 hatte die EU-Kommission die heimische
Schweinehaltung überprüft. In dem Audit wurde Österreich für seine
mangelnden Maßnahmen zur Vermeidung von Schwanzkupieren ein
vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Seither ist die Bundesregierung
gefordert, zu handeln. Sonst droht eine
EU-Vertragsverletzungsverfahren. Greenpeace und die
Tierschutzombudsstelle Wien fordern Tierschutzminister Rudolf
Anschober und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger
eindringlich dazu auf, die erste Tierhaltungsverordnung umgehend zu
novellieren. Nur so kann das geltende EU-Recht auch in Österreich
erfüllt werden. Weiters kann nur durch eine grundlegende Anhebung der
Mindeststandards in der Schweinebranche Schwanzbeißen verhindert
werden. “Als zuständige MinisterInnen haben Sie die Pflicht, die
österreichischen Schweinbäuerinnen und -bauern aus der Illegalität zu
holen. Und sie haben die Verantwortung, den Schweinen in diesem Land
ein würdiges und schmerzfreies Leben zu ermöglichen”, appellieren
Persy und Theissing-Matei.
- Das vollständige Gutachten finden Sie hier:
https://www.tirup.at/periodical/titleinfo/5452549
- Ein Factsheet finden Sie hier: https://bit.ly/2T7LhoH
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