• 15.10.2020, 22:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Freitag, 16. Oktober 2020, von Peter Nindler: "Jetzt wird Corona-Pingpong gespielt"

Innsbruck (OTS) - Statt sich auf eine einheitliche Vorgangsweise zu
einigen, machen Bund und Länder in der Corona-Krise aus Österreich
einen Fleckerlteppich. Politische Eitelkeiten und falsch verstandener
Föderalismus bremsen die Virusbekämpfung.

Das hat gesessen: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte am
Donnerstag die Länder zu schärferen Maßnahmen in der Corona-Krise
auf. Aus seiner Sicht verständlich, schließlich kritisierten vor
allem die Ländervertreter immer wieder, dass wegen abweichender
Infektionszahlen in den Regionen die Bundesländer nicht über einen
Kamm geschert werden dürfen. Selbst bei der auf die Bezirke
ausgerichteten Corona-Ampel wurden noch einmal Unterteilungen
gefordert. Was im August und September bei noch moderat steigenden
Ansteckungen nachvollziehbar war, hat sich in den vergangenen Tagen
aber blitzartig geändert. Wie im März kehrt Corona mit beinahe schon
exponentieller Wucht zurück in unseren Alltag. Und die Hilflosigkeit,
die richtigen Maßnahmen zu setzen.
Dass es wieder Verschärfungen im öffentlichen und Einschränkungen
im privaten Leben benötigt, damit die Kapazitäten in den Spitälern
nicht ausgereizt und kritische Infrastrukturen wie Alten- und
Pflegeheime vor einer Virus-Ausbreitung geschützt werden, leuchtet
ein. Nur Kanzler Kurz lässt sich diese teils notwendigen, aber
unpopulären Schritte nicht mehr umhängen. Die Nachwirkungen vom
Frühjahr haben sich tief in das Bewusstsein eingegraben. Jetzt sind
zweifellos die Regionalpolitiker am Zug, doch gleichzeitig droht das,
was in Deutschland derzeitig heftige Diskussionen hervorruft: ein
bundesweiter Fleckerlteppich mit unterschiedlichen Verschärfungen.
Ein Pingpongspiel von politischen und föderalistischen Eitelkeiten
nützt derzeit jedoch niemandem. Das sollte der Bundeskanzler als
Krisenmanager der Republik doch wissen. Eine gute Abstimmung zwischen
den Behörden ist schließlich eine der Lehren aus dem Expertenbericht
zu Ischgl. Sieben Monate danach fühlt es sich leider wie eine
Zeitreise zurück in die Vergangenheit an. Und das kann es wohl nicht
sein.
Was haben denn die Corona-Ampel und die bundes- sowie landesweiten
Vorbereitungen auf die seit Monaten erwartete zweite Corona-Welle
wirklich gebracht? Wann kommen endlich die Pläne, die
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der Schublade hat,
auf den Tisch? Was bringen die farbenprächtigen Warnhinweise, wenn
die Konsequenzen nicht klar geregelt und durch Verordnungen gedeckt
sind? Von der Sperrstunde über Teststrategien bis zum Heimunterricht:
Viel Vertrauen wurde schon verspielt und Verwirrung gestiftet. Auf so
einen falsch verstandenen Corona-Föderalismus kann sicher verzichtet
werden.

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