• 11.09.2020, 18:36:37
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  • OTS0211

70 Jahre Charta der Heimatvertriebenen

Das eindrucksvolle Bekenntnis zum Verzicht auf Rache und Vergeltung ist auch Vorbild für das Heute

Utl.: Das eindrucksvolle Bekenntnis zum Verzicht auf Rache und
Vergeltung ist auch Vorbild für das Heute =

Wien (PK) - Anlässlich der Verabschiedung der "Charta der
Heimatvertriebenen" vor 70 Jahren luden heute Nationalratspräsident
Wolfgang Sobotka sowie der Verband der deutschen altösterreichischen
Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) zu einer Veranstaltung in das
Parlament, um zur historischen Einordnung der damaligen Ereignisse
als auch zur Entwicklung von Perspektiven für die Gegenwart
beizutragen. "Die Charta ist beispielgebend für den Geist eines neuen
Europas", hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seiner
Eröffnungsrede hervor, "denn Flucht und Vertreibung sind noch immer
allgegenwärtig". Die Charta habe es geschafft, zurückzusehen und
gleichzeitig nach vorne zu blicken. Nicht zu vergessen sei, so
Sobotka, dass das Verfassen dieser Charta ein mutiger Schritt gewesen
sei.

Moderiert und eröffnet wurde die Veranstaltung von Norbert Kapeller,
dem Präsidenten des Verbandes der altösterreichischen
Landsmannschaften in Österreich (VLÖ). Kapeller bezeichnete die
Charta in seiner Eröffnungsrede als "Friedenserklärung" der
Heimatvertriebenen aus dieser Zeit. Der Verzicht auf Rache und
Vergeltung sei wichtig gewesen und der Schutz des Vereinten Europas
heilig.

Historiker Arnold Suppan nahm die historische Einordnung der Charta
vor und betonte, dass damit auch der Willen bekundet wurde, am
Wiederaufbau Europas tatkräftig mitzuwirken. Wahrscheinlich, so
Suppan, habe die Charta auch einen Aufstand der Heimatvertriebenen
verhindert. Die Aufnahme der Vertriebenen habe sich chaotisch
gestaltet und aufgrund des Nahrungsmittelmangels teilweise zu
abwehrenden Haltungen seitens der ansässigen Bevölkerung geführt. Es
seien jedoch jede Menge Handwerker gebraucht worden und dies habe zu
einer raschen Integration der Heimatvertriebenen in die Berufswelt
geführt. Schon 1947 hätten sie das Wahlrecht erhalten, 1952 folgte
das Gleichstellungsgesetz und 1954 das "Gesetz zum Erwerb von
Staatsbürgerschaft für Volksdeutsche". Die rasche Einbeziehung der
Flüchtlinge in Schule und in die Arbeitswelt habe ein entscheidendes
Element dargestellt. Die Vertreibung sei ein Verstoß gegen die
UN-Menschenrechtscharta gewesen.

Volksgruppenpolitik der Gegenwart

"Die Heimatvertriebenen dürfen nicht auch noch aus der Geschichte
vertrieben werden", sagte die Vertriebenen- bzw.
Volksgruppen-Sprecherin der ÖVP Gudrun Kugler. Nach ihren
Erkenntnissen wüssten die Menschen heute viel zu wenig über das Thema
und es würde sich auch nicht bzw. nicht richtig dargestellt in den
Geschichtsbüchern der Schulen finden. Die Abgeordnete stellte daher
den Wunsch nach Überarbeitung der Lehrpläne in den Raum.

Vonseiten der SPÖ hob Harald Troch (SPÖ) in seiner Rede die
Solidarität der Heimatvertriebenen mit ihren ehemaligen Heimatländern
hervor. Die Charta enthalte, so Troch, ein Bekenntnis zu einem
vereinten Europa, eingebettet in den Kontext der Menschenrechte.

Josef Ofner (FPÖ) führte aus, dass viele der Charta mit Skepsis
gegenüber gestanden seien, und meinte: "erst in der Fremde erfährt
man, was die Heimat wert ist."

Olga Voglauer, Volksgruppensprecherin der Grünen, ist selbst
Angehörige der slowenischen Volksgruppe und erzählte von ihrem
Zuhause als Ort des Einsatzes für Andere und der Empathie. "Unrecht
darf nie gerechtfertigt werden", sagte Voglauer.

Als Reaktion auf die nationalsozialistischen Verbrechen sowie die
Expansionspolitik des Dritten Reichs auf Kosten etlicher europäischer
Staaten wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Angehörige der
deutschsprachigen Volksgruppe aus ihrer angestammten Heimat
vertrieben und ins besetzte Deutschland und Österreich umgesiedelt.
In diesen kriegszerstörten Ländern wurden sie unter teils schwierigen
Bedingungen aufgenommen. Vor diesem Hintergrund unterzeichneten
Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Vertriebenenverbände am 5.
August 1950 die "Charta der deutschen Heimatvertriebenen". (Schluss)
ibe

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Rückschau auf
vergangene Veranstaltungen finden Sie auf der Website des Parlaments.

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