• 04.09.2020, 22:00:02
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  • OTS0163

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 5. September 2020. Von MANFRED MITTERWACHAUER. "Viermal Gelb und alle sehen Rot".

Innsbruck (OTS) - Seit gestern wissen wir, wie die Corona-Ampel des
Bundes tickt. Grünes Licht gibt es für alle – nur für die Städte
Wien, Linz und Graz sowie den Bezirk Kufstein nicht. Die
Landesvertreter heulen auf – den Schwarzen Peter hat der Bund.

Malen nach (Corona-)Zahlen: So oder so ähnlich funktioniert die
gestern in Betrieb gegangene Corona-Ampel des Bundes. Grün war zum
Start die dominierende Farbe, die der grüne Gesundheitsminister
Rudolf Anschober für die Republik verkünden konnte. Das Bummerl haben
vorerst die Städte Wien, Linz und Graz sowie der gesamte Bezirk
Kufstein. Konkrete Konsequenzen gibt’s für die vier „Problembären“ im
Land vorerst aber keine. Weil der Bund erst mit konkreten
Verordnungen die aus der Ampel abzuleitenden Maßnahmen (auch per
Nationalrat) legitimieren muss. Der Ampel-Fehlstart ist damit
perfekt.
Er ist symptomatisch für die gesamte Situation: Dort, wo die Ampel
für diese Woche grün blinkt, sprach sich die Corona-Kommission
einstimmig dafür aus. Für Gelb schaffte man lediglich einen
Mehrheitsbeschluss. Es ist unschwer auszurechnen, wer sich in diesen
Fällen quergelegt haben dürfte: die jeweiligen Landesvertreter in der
Kommission.
Die Akzeptanz der Corona-Ampel gleicht derzeit eher einer Fußgänger-
und Radfahrer-Ampel im Straßenverkehr: Für die Beteiligten sind sie
bestenfalls eine Empfehlung – daran halten tun sich die wenigsten.
Die „Gelben“ sahen gestern nämlich allesamt Rot. Der Linzer
Bürgermeister gibt sich stur, spricht von einem „Murks“ und will
schärfere Corona-Maßnahmen boykottieren. Wien hat’s zwar erwartet,
vermisst aber eine rechtliche Basis und wartet zu. Detto Tirol. LH
Günther Platter will ohne Bundesverordnung keine Verschärfungen
anordnen. Stattdessen keimt auch hier – wenngleich verhalten – Kritik
auf. Es gehe nicht an, dass der Bund einfach gesamte Bezirke über
Nacht umfärbe. Es brauche mehr Differenzierung.
Anschober und Co. wollten mit der Ampel für mehr Klarheit sorgen.
Geschafft haben sie das vorerst nicht. Weil die Konsequenzen daraus,
nämlich konkrete und per Verordnung gesetzlich verankerte Maßnahmen,
dem Farbenspiel hinterherhinken. Das verunsichert und gibt dem
Willkür-Vorwurf neue Nahrung.
Die Ampel wird künftig jeden Freitag neu gestellt. „Geh oder Steh“ –
das muss rascher geklärt sein. Das Prinzip Montagsmaler um die
dazugehörigen Verordnungen und Konsequenzen für Länder und Regionen
muss ein Ende haben. Ansonsten darf sich das Gesundheitsministerium
nicht wundern, wenn ihm die Länder in diesem Match in den kommenden
Monaten ein ums andere Mal den Schwarzen Peter zuschieben.

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